musiktipp: drifting feat. chris brown & tory lanez - g-eazy
Während ich mich an den Menschen in der Innenstadt vorbeischob, bemerkte ich, dass es eigentlich viel zu früh war, in eine Bar zu gehen. Aber vielleicht hatte ich heute das Glück auf meiner Seite. Es war schließlich Samstag und die Dämmerung hatte schon deutlich eingesetzt. Und die Alkoholiker mussten schließlich auch früh anfangen, um ihren Pegel zu halten.
Schon von weitem erkannte ich das leuchtende Logo der Bierbar, die noch den gleichen Eindruck machte wie gestern Abend. Als ich dann davor stand, atmete ich noch zwei mal tief durch, bevor ich mein Gewicht gegen die schwere Tür stemmte und hineintrat.
Alles sah genauso aus wie gestern Abend. Ein paar Menschen, es waren insgesamt höchstens zehn, hatten sich in verschiedenen Ecken versammelt und genossen einen angenehmen gemeinsamen Abend. Die Tanzfläche war leer, lud aber aufgrund der frühen Uhrzeit auch noch nicht dazu ein, ausgelassen loszulegen.
Mein Blick schweifte zur Bar, hinter der ein mir unbekannter junger Mann stand. Er war ungefähr in meinem Alter und trug einen Vollbart, während er seine etwas längeren Haare unter einer Beanie versteckte. Unsicher und etwas enttäuscht, nicht Pasi hier anzutreffen, ging ich auf ihn zu und setzte mich an die Bar.
"Was kann ich für die hübsche Lady tun?", kam sofort seine Frage, nachdem ich es mir auf dem hohen Barstuhl bequem gemacht hatte und ihn anschaute.
"Einen Ipanema bitte", bestellte ich mit einem Lächeln, das er augenblicklich erwiderte, und sich sofort ans Werk machte.
"So, bittesehr." Das Cocktailglas wurde vor mir platziert und ich nahm mir einen Strohhalm aus einem der Gläser, die auf der Theke verteilt standen.
Bevor ich den lecker duftenden Drink probierte, wandte ich mich erneut an den Barkeeper: "Dürfte ich ihnen eine Frage stellen?"
"Klar", erwiderte dieser und stützte sich von seiner Seite mit seinen Armen auf der Theke ab.
"Sie haben nicht zufällig einen Kollegen hier, der 'Pasi' heisst, oder?", fragte ich fast schon schüchtern und kam mir dabei total bescheuert vor. Ich erkundigte mich hier nach einem Jungen, den ich nicht ausstehen konnte und der mich genauso wenig leiden konnte.
"Zufällig habe ich solch einen Kollegen, allerdings arbeitet er heute erst ab zehn, wenn es hier richtig voll wird und ich seine Hilfe benötige", antwortete der Mann mit dem Bart selbstbewusst.
Ich warf einen schnellen Blick auf mein Smartphone. Gerade mal kurz nach sechs. Ich würde mich also noch vier Stunden gedulden müssen. Und vier Stunden waren echt eine sehr lange Zeit, wenn man diese alleine in einer Bar verbringen musste.
"Ähm, das ist ja noch echt lange hin", meinte ich deswegen, "haben Sie vielleicht zufällig auch seine Handynummer oder wissen, wo er wohnt?"
"Sie kommen mir beinahe vor wie ein Stalker", lachte der Barkeeper nun auf, "aber rein zufällig habe ich auch seine Handynummer."
"Keine Sorge, ich muss ihn nur etwas wichtiges fragen, weiß aber nicht, wie ich ihn sonst erreichen kann", lachte ich mit ihm.
Er zog sein Handy aus seiner Hosentasche und scrollte ein wenig, bis er mir das leuchtende Display hinhielt. Doch bevor ich Zeit hatte, die Nummer abzutippen, entzog er es mir wieder und verkündete mit einem breiten Grinsen: "Nur wenn du mir sagst, was du von ihm willst."
Entgeistert ließ ich meinen Kopf in meine Hand fallen, die ich auf der Theke abgestützt hatte, und betrachtete den immer noch grinsenden Mann vor mir. Dann sagte ich mit ausdrucksloser Stimme, in der aber trotzdem ein Hauch Ironie mitschwang: "Er hat mich gestern beleidigt und ich muss meinem großen Bruder schließlich sagen, wo er ihn finden kann, um ihn dafür zu rächen."
Zuerst schaute mich der Barkeeper total schockiert an, bis er anfing zu lachen und mir dann sein Handy auf die Theke legte. Mit Ironie oder einem guten Witz kam man eben doch oft weiter im Leben als mit der langweiligen - und oft auch verwirrenden oder nicht sinnvollen - Wahrheit.
Ich bedankte mich noch einmal und nahm dann einen Schluck von meinem Drink, während sich der Barkeeper mit neuen Kunden und ich mich mit meinen eigenen Gedanken beschäftigte. Was sollte ich Pasi schreiben? Wie viel wusste er von gestern noch? Erinnerte er sich überhaupt an mich?
Mit zitternden Fingern tippte ich schließlich auf unseren Whatsapp-Chat und schrieb: "Hey, ich würde mich gerne mit dir treffen, habe da ein paar Fragen. Wo steckst du? Teresa."
Direkt nachdem ich die kurze Nachricht abgeschickt hatte, bereute ich sie und nach mehrmaligem Lesen fielen mir hunderttausend bessere Möglichkeiten ein, die ich ihm stattdessen hätte schreiben können. Aber jetzt war's zu spät. Entweder würde er mir antworten oder mich einfach ignorieren.
Doch schon nach einigen Sekunden kam die Antwort herein geflattert: "K, bin zu Hause. Komm vorbei, Babe <3"
Babe? BABE? Und ein Herz? Der Typ war doch der totale Spast! Entweder konnte er sich wirklich null an mich erinnern oder er schrieb jedem weiblichen Wesen in dieser Art und Weise. Ich war mir dabei nicht mal sicher, was ich schlimmer fand.
Nichtsdestotrotz suchte mein Blick den des Barkeepers, der daraufhin sofort zu mir kam und mit einem Augenzwinkern fragte: "Und jetzt brauchst du wahrscheinlich noch seine Adresse, oder?"

DU LIEST GERADE
traumrealität. | palo
FanfictionJeder Mensch hat Träume. Zwar können sich einige am nächsten Morgen nicht mehr an sie erinnern, aber jeder hat dort in dieser kleinen Kammer in seinem Herzen etwas, nach dem er sich sehnt. Manchmal sind es unerreichbare, riesige Illusionen, aber man...