eins

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musiktipp: feel it feat. naaz - yellow claw 

08:30 Uhr aufstehen, duschen, anziehen, frühstücken, Zähne putzen. Von 9 bis 16 Uhr ein freundliches Lächeln für die Kunden auf der Arbeit aufsetzen. Haushalt machen, Abendessen und ins Bett gehen. Viele fänden diesen alltäglichen Ablauf langweilig, doch ich war gerade so glücklich wie noch nie in meinem Leben. Okay, das war gelogen - bei der Übernachtung im Disneyland und dem Schwimmen mit Delfinen vor einigen Jahren hatte ich mich um einiges glücklicher gefühlt. Aber jetzt gerade war ich mit meinem Leben allgemein, langfristig zufrieden und fühlte mich nicht nur in einem Moment gut.

Trotz dieses strukturierten Tagesablaufes durfte ich mir aber auch ab und zu noch etwas Abwechslung gönnen. Meistens sorgte meine beste Freundin Anna dafür, mich mit ihrer lockeren, spontanen Art abzulenken. Die Gründung unserer gemeinsamen Wohngemeinschaft war wahrscheinlich die beste Idee meines Lebens gewesen. Mit ihr konnte es einfach nicht langweilig werden und dafür hatte ich sie ziemlich doll lieb.

Doch auch diese Liebe hatte ihre Grenzen, wenn Anna mir auf die Nerven ging. Was auch der Fall war, wenn sie - wie vor einigen Sekunden - einfach so ohne Anzuklopfen viel zu früh an einem Sonntagmorgen in mein Zimmer kam und meinte, sich auf mich schmeißen zu müssen.

"Teresa!" Anfangs hatte ich es gehasst, wie sie meinen Namen englisch aussprach. Aber über das letzte Jahr, das wir uns nun schon kannten, habe ich mich einfach daran gewöhnt und es akzeptiert. Ehrlich gesagt blieb mir auch nichts anderes übrig...

"Teresa, du glaubst nicht, was mir gerade passiert ist!", rief sie überglücklich und schlang ihre Arme um meinen Oberkörper.

"Du bist aus dem Bett gefallen?" Mein Humor war morgens noch halbschlafend definitiv vorhanden.

"Was?"

"Was?"

"Nein, man. Ich wurde geküsst und das war einfach der beste Kuss meines Lebens, ich schwör's dir! Seine Lippen sind so weich und oh Gott, dieser Moment als er sich zu mir heruntergebeugt hat... Ist dieses Kribbeln im Bauch eigentlich normal? Ich hoffe schon, denn es hört seitdem einfach nicht mehr auf. Ich glaube, ich bin verliebt. Oh mein Gott, habe ich das gerade wirklich gesagt?"

Bevor Anna hier noch komplett zum liebestollen Schaf wurde, unterbrach ich ihr Geschwafel schnell und stellte verwirrt eine Frage: "Von wem reden wir?"

"Jorge." Und schon wurde ihr Blick träumerisch und sie kuschelte sich noch enger an mich.

"Jorge wer?"

"Jorge. Der, von dem ich dir erzählt habe. Wir hatten heute - also eigentlich ja inzwischen schon gestern - unser zweites Date und es lief einfach perfekt."

"Ach so, der!" Alles klar, nun konnte ich wenigstens verstehen, warum es ihr so gut ging und dieses überglückliche Lächeln nicht aus ihrem Gesicht verschwinden wollte. Ich ließ meinen Blick zu ihren Augen wandern, die diesen bereits erwiderten, und meinte lächelnd: "Aww, ich freu mich für dich! Viel Glück euch beiden!"

"Danke, ich bin so glücklich!" Das brauchte sie mir gar nicht erst erzählen, das sah sogar ein Blinder. Dann fügte sie etwas zerknirscht hinzu: "Sorry, dass ich dich gerade aus dem Schlaf geholt habe."

"Ach, kein Problem", winkte ich ab, "ich weiß doch, wie es sich anfühlt, nicht zu schlafen." Das habe ich schließlich vor einiger Zeit selbst erfahren dürfen - oder wollen, je nachdem wie man das sah.

"Und genau deswegen, ist dein Schlaf wichtiger als jeder andere, Süße", erwiderte Anna, deren glücklicher Ausdruck inzwischen etwas verblasst war und zu einem besorgt-nachdenklichen wechselte. Ich wusste, was jetzt wieder für eine Diskussion kommen würde, aber ich hatte keine Lust, das alles erneut durchzukauen. Deswegen lenkte ich schnell ab und ließ mir die nächsten halbe Stunde noch vorschwärmen, was alles so toll an Jorge war.

***

"Guten Morgen, einen doppelten Espresso, bitte. Und könntest du vielleicht noch ein paar dieser geilen Zimtstreussel reintun?" Die Bestellungen unserer Kunden wurden auch immer kreativer. Vielleicht schaffte ich es in nächster Zeit ja doch, meinen Chef zu überreden, einfach ein Selbstbedienungs-Buffet aus dem Café zu machen, wenn das so weiterging.

"Natürlich", antwortete ich ganz die Professionalität in Person mit einem freundlichen Lächeln und kassierte den jungen Mann. "Wie ist dein Name?"

"Maximilian", antwortete er mit einem Grinsen im Mundwinkel, "aber du darfst auch 'Max' drauf schreiben, oder was auch immer du willst. Gegen deine Handynummer hätte ich auch nichts."

"Ja, bleiben wir doch einfach bei 'Maximilian'", antwortete ich ihm, ohne wirklich auf ihn einzugehen und schrieb seinen Namen auf dem Becher nieder.

Eins liebte ich an meinem Job als Barista: Es wurde einfach nie langweilig. In letzter Zeit namen die Anfragen meiner Handynummer von männlicher Kundschaft allerdings an, was mich etwas nervte. War es so undenkbar, dass ein Mädchen meines Alters einfach keine Lust auf einen Freund hatte? Nicht jeder brauchte einen Partner an seiner Seite und schon gar nicht dieses ständige jede Beziehung begleitende Gefühlschaos.

Nachdem ich meine Schicht beendet hatte und noch mit meinen Kollegen mit einem Kaffee und ein paar Mini-Donuts das Wochenende eingeläutet hatte, machte ich mich auch schon auf den Weg zurück zu meiner Wohngemeinschaft. Endlich war Freitag und meine Arbeit war für diese Woche getan! Das hieß, fast... Anna wollte mir unbedingt Jorge vorstellen, mit dem wir heute gemeinsam den Abend verbringen würden.

Beim Öffnen der Tür empfing mich ein gut riechender Duft, den ich eindeutig in der Kategorie "Pizza" einordnen konnte und obwohl ich gerade erst etwas gegessen hatte, knurrte mein Magen genüsslich. Verfressene Jugend.

Meine Jacke war schnell aufgehangen, meine Schuhe schnell ausgezogen und schon folgte ich dem Duft in unser Gemeinschaftszimmer. Als Wohnzimmer konnte man es nicht wirklich bezeichnen, denn der vordere Teil war eigentlich auch unsere Küche und außerdem stand ein großer Esstisch in dem Zimmer. An diesem fand ich nun auch Anna und einen jungen, gut aussehenden Mann, der Jorge sein musste. Die beiden hatten vor sich drei große Pizzakartons liegen, denen sie aber kaum Beachtung schenkten. Sie starrten sich nur gegenseitig an, als würden sie lieber sich statt der leckeren Pizza fressen wollen.

Augenverdrehend ging ich auf die beiden zu, während meine Gedanken darum kreisten, was für ein perfektes Beispiel diese Situation für ein gefühlsgesteuertes Paar war. So etwas würde mir nie passieren.

a/n: hey, hey, hey. hier der erste auftakt zu dieser neuen story. ja, es ist wieder eine fanfiction - ich hoffe, das ist okay. was haltet ihr davon? erste gedanken zu teresa? versteht ihr ihre einstellung? warum hat sie wohl diese einstellung? wie findet ihr anna und jorge?

lasst doch mal einen kommentar da - konstruktive kritik ist immer willkommen! <3

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