Everyday at 9PM (I want to see you)

♥ 14

»Liebe Kassandra,

ich bin immer noch in Paris. Schon seit mehr als sechs Wochen. Und ich mag die Atmosphäre hier. Es ist anders als Zuhause. Freundlicher. Offener. Internationaler.

Hier vermisse ich Jan nicht so stark.

Dafür ist der Kaffee schlecht. Ich war in endlos vielen Bistros, Cafés und keiner der Kaffees hat mir so gut geschmeckt wie deiner. Hast du eine Geheimzutat? Nun, du würdest sie mir vermutlich nicht verraten. Oder doch?

Ich frage mich, wieso ich dir noch schreibe. Ich werde diese Briefe niemals versenden. Mal davon abgesehen, dass ich deine Adresse gar nicht besitze. Monatelang war ich in deinem Laden und habe mir nie die Adresse gemerkt. Das zeigt doch wieder nur wie egoistisch ich bin.

Vermisst du mich? Unsere Gespräche? Unsere nächtlichen Rituale?

Ehrlich, Kassandra. Das wurmt mich. Ich bin ein schlechter Mensch. Ich vermisse dich mehr als meinen Bruder. Der tot ist. Und nie mehr zurück kommt. Und so sehr das auch schmerzt ... Ich weiß, dass er fort ist. Und ich kann damit umgehen. Mit vielen Bieren und einigen verzweifelten Nächten, aber ich schaffe es.

Jan und ich, wir waren schon immer Überlebenskünstler, weißt du.

Aber mir vorzustellen, dass ich dich nie mehr sehen kann, obwohl es dir gut geht. Das verhindert, dass ich mich auf ein anderes Mädchen einlassen kann. Und das darf so nicht sein. Ich muss Jan mit jeder Zelle vermissen. Nicht irgendeinen ersetzbaren Menschen aus einem Café.«