♥ 24

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Es ist total verrückt, wieder täglich ins MoonHour zu gehen. Und es ist verrückt, was für Menschen mir begegnen, nur weil ich jetzt um 17 Uhr vorbeikomme. Aber es ist schön, dort zu sitzen, die anderen Gäste zu beobachten und Kassandra – oder Zarah – dabei zuzusehen, wie sie putzt und bedient und zum Backen nach hinten verschwindet.

Wir haben viele Dates, anschließend. Wenn sie ihre Schicht beendet hat und sich Zeit für mich nimmt. Ich entführe sie in mein Lieblingsrestaurant, wo die Vorspeisen-Suppe schon 59€ kostet und ich lade sie ein, wie sich das eben gehört. Ich zeige ihr meine Fachhochschule, stelle ihr meine neue Mitbewohnerin Clary vor, die mich aus welchen Gründen auch immer an eine Figur aus einem Harry Potter Film erinnert. Verrückt, aber verantwortungsbewusst. Da die neue Wohnung sein musste, bin ich froh, sie als Mitbewohnerin zu haben. Nicht nur liegt das Wohnhaus nahe an der FH, sodass ich mich nicht einmal verspäte, wenn ich verschlafe, sie ist auch billig.

Kassy zeigt mir im Gegenzug ihren Lieblingsort am Fluss und das Haus, in dem sie früher mit ihrer Mutter und Schwester gelebt hat. Ich weiß jetzt, dass ihre Mutter tot ist und nicht so akzeptabel waren wie meine Eltern.

Und wir reden. Herrje, Jan wäre stolz auf mich, so viel reden wir. Es gibt Diskussionen über Rezepte und Gäste und wir erzählen von unseren Beziehungen und Freunden und was wir getan haben, als wir uns nicht sahen. In diesem langen, langen Jahr. Ich zeige ihr die Briefe. Meine Briefe, die ich ihr schrieb und nie abschicken wollte. Und gemeinsam verbrennen wir sie, denn wir benötigen sie nicht mehr. Wir sind nicht mehr die Menschen, die wir damals waren.


»Wieso hast du immer Pappbecher genommen?«, fragt sie mich heute und sieht hinreißend aus. Ihre braunen Haare trägt sie offen, die Sonnenbrille auf ihrem Kopf dient als Haarreif und ihr Gesicht ... Es strahlt. Auch wenn das dem ganzen Kitsch die Krone aufsetzt.

»Jan«, sage ich nach einer Weile und verziehe die Mundwinkel. Ich pfriemle an der Picknickdecke herum, auf der wir sitzen, obwohl es zu kühl ist, um draußen zu sein. »Früher kam es vor, dass er mich häufig anrief, weil er nicht schlafen konnte. Und ich bin meistens zu ihm gefahren. Das war nach der ersten Chemo. Ich dachte ... Wenn ich Pappbecher benutze, kann ich den Kaffee mitnehmen. Schneller zu ihm. Ach, ich weiß auch nicht.«

»Das war ein sehr süßer Gedanke von dir.« Und dann küsst sie mich. Als wäre es das Normalste der Welt. Und genau das ist es jetzt auch.




[A/N: Danke kletterwoman für Clary ♥]

Everyday at 9PM (I want to see you)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt