Neue Facetten

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Die letzte Nacht war die schlimmste meines Lebens. Die ganze Nacht habe ich mir Gedanken über Andy gemacht. Wie konnte ich ihm das nur antun? 

Ich habe bis zum Morgengrauen gegrübelt wie ich das wieder gut machen kann, aber irgendwie bin ich nicht auf einen grünen Zweig gekommen. Auch in der Schule sind meine Gedanken nur bei Andy und wie scheisse ich mich gestern benommen habe. Die Szene spielt sich immer und immer in meinem Kopf ab und dadurch werde ich immer wütender. Wie konnte ich nur?

Wie gesagt, dadurch dass ich nur ein paar Stunden geschlafen habe, geht alles in die Hose was nur in die Hose gehen kann. War dieser Satz überhaupt logisch? Genervt schlage ich meine Kästchentür  zu und will nach Hause gehen. Ich habe wirklich die Schnauze voll von der Schule. 

Als ich an der Bushaltestelle mein Handy hervorkrame und auf die Uhr schauen will, trifft mich der Schlag. Fuck, ich muss doch um 11 in der Bibliothek sein um mit Jack die letzten Kleinigkeiten zu besprechen. Verzweifelt schaue ich nochmal auf die Uhr, in der Hoffnung dass sie zurückgeht. Pustekuchen! Sie zeigt immer noch 11:10 an. Na gut, noch ist es nicht zu spät! Ich schultere meine Tasche und laufe in schnellen Schritten in Richtung Bibliothek. 

Angekommen, halte ich ausschaue nach Jack, kann ihn aber nicht finden. Na toll!

Erschöpft lasse ich mich auf einen der freien Stühle fallen. Der ganze Stress umsonst. Kann er denn nicht einmal 10 Minuten warten? 

Ich schliesse meine Augen und geniesse sichtlich die Ruhe. Tja, die hält nicht lange an, denn da knallt mir auch schon jemand Bücher vor die Füsse.

"Ich habe die Zeit sinnvoll genutzt und uns einige Bücher ausgesucht um uns ein bisschen über Fair Traide zu informieren und dazu habe ich noch ein paar Infos im Internet gesammelt."

Jack nimmt mir gegenüber Platz und steckt seine Nase auch schon in eine der Bücher.

"Ich dachte wir besprechen die letzten Kleinigkeiten für unser Bild?", frage ich ihn fassungslos.

"Bevor wir das tun müssen wir überhaupt wissen um was es da wirklich geht."

"Ich weiss was Fair Trade ist okay? Und wir werden nicht ausgefragt, sondern sollen ein Bild darüber zeichnen! Ich bin hier nicht hergerannt wie eine Wilde um zu erfahren was Fair Trade ist!"

Meine Geduld ist wirklich bald am Ende-

"Wenn du das Treffen nicht verpennt hättest, hättest du auch nicht hier hinrennen müssen. Das ist wirklich nicht mein Problem."

Okay, ich korrigiere, meine Geduld IST am Ende.

"Sag mal willst du mich jetzt eigentlich komplett verarschen?" Ich bin aufgestanden und bin seinem Gesicht nun sehr nahe.

"Zuerst kommandierst du mich hier herum wie dein kleines Hündchen und da...", weiter komme ich nicht, denn da werde ich von Miss Tremblin unterbrochen.

"Also das ist doch wohl die Höhe!", höre ich sie sagen. Ich verstumme und drehe mich in ihre Richtung. "Die Bibliothek ist ein Ort der Ruhe und Stille und nicht ein Festival an dem man herumschreit. Raus! Sofort! Und zwar beide!"

Schnell schnappe ich meine Tasche, lasse die Bücher liegen und laufe aus der Bibliothek. Ich steuere auf eine der Bänke, die im Flur stehen, zu und setzte mich. Ich vergrabe mein Gesicht in den Händen und da beginnen die Tränen zu laufen. 

Nein Al, nicht weinen. Nicht an der Schule.

Schnell wische ich die Tränen mit der Hand ab und vergrabe mein Gesicht wieder in den Händen.

Ist doch alles scheisse heute. 

"Was sollte das gerade eben? Sag mal bist du noch bei Trost?" Jack will schon fortfahren, doch als ich aufblicke verstummt er.

Ohne Worte setzt er sich neben mich. Verwundert schaue ich ihn an.

"Hey, so war das alles nicht gemeint. Es tut mir Leid." 

Bitte was? Hat sich Jack etwa gerade entschuldigt?

"Schon gut", sage ich leise.

"Ich wollt eigentlich nicht das es soweit kommt, aber ich hab einfach keine Kraft mehr", sage ich ganz ehrlich. Es tut gut, mal wieder die Wahrheit zu sagen.

Er nickt verständnisvoll und kramt dann in seiner Tasche herum. 

"Ich kenne das, aber sei immer ehrlich, dann wird alles gut.  Hier nimm das Taschentuch."

Dankend nehme ich das Taschentuch an und wir sitzen ein paar Minuten da, ohne etwas zu sagen.Der Flur ist leer und es herrscht eine Stille über uns, aber die Stille ist nicht unangenehm. Ich denke über seine Worte nach, doch da werde ich aus meinen Gedanken gerissen.

"Hey, ich würde wirklich noch bleiben, aber ich muss meine kleine Schwester abholen. Warte, ich schreib dir schnell meine Nummer auf." Er holt ein Schreiber heraus und schreibt dann seine Nummer auf meinen Handrücken. 

"Am Besten du schreibst mir wann du Zeit hast um das alles nochmals in Ruhe anzuschauen." Während er spricht, packt er zusammen.

Ich nicke leicht.

Er steht auf und geht. Ich sehe ihm noch nach, doch dann dreht er sich um. "Ach ja Al, aber nicht in der Bibliothek, da haben wir nämlich für den nächsten Monat Hausverbot."

Er lächelt mich an dreht sich um und verschwindet an der nächsten Ecke. Ich schaue auf meinen Handrücken und fahre die Nummer mit dem Finger nach. 

--

Zu Hause versuche ich Andy anzurufen, denn er hat mir schon den ganzen Tag nicht geantwortet.

Nach kurzem klingeln nimmt er ab.

"Hey Andy, ich bins Al."

"Das weiss ich, es steht auf meinem Handy. Schön von dir zu hören."

"Da du mir den ganzen Tag nicht geantwortet hast, dachte ich, ich rufe dich an."

Keine Antwort.

Shit was soll ich denn sagen?

"Wie gehts dir so?"

Nichts. Keine Antwort.

"Andy?"

"Der Geburtstag deiner Oma hat nicht stattgefunden. Das war gelogen oder?"

Mein Herz  pocht nun wie wild in meiner Brust. Diese Frag kam jetzt aus dem nichts, was soll ich denn dazu sagen?

Am Besten einfach ehrlich sein.

"Ja und ich weiss es war falsch Andy, es tut mir unendlich Leid. Die ganze Nacht hat mich das gequält und ich habe kein Auge zugetan."

"Warum hast du mir nicht gleich die Wahrheit gesagt?"

"Ich weiss auch nicht, die Lüge schien so einfacher."

"Okay."

Stille. Eine sichtlich unangenehme Stille.

"Al? Mach dir nicht einen allzu grossen Kopf darüber. Ich verzeihe dir, denn ich weiss das jeder Mensch eine zweite Chance verdient."

Ihr glaubt nicht wie erleichtert ich war.

"Vielen Dank Andy, du gla.."

Er unterbricht mich.

"Aber dafür musst du mir versprechen dass ich morgen was mit dir unternehme. Und du musst mir vertrauen, denn ich werde dir nicht sagen wohin es geht."

"Einverstanden. Ich vertraue dir."

Als ich diese Nacht in meinem Bett liege, könnte ich vor Glück schreien. Andy hat mir verziehen und ich bin schon gespannt wohin wir morgen gehen. Er hat gesagt es geht gleich nach der Schule los. Und  sogar Jack macht mich glücklich. Ich habe eine völlig neue Seite von ihm kennengelernt und diese gefällt mir. Ich hätte nie gedacht dass er mich einmal versteht.

Diese Nacht konnte ich ohne Sorgen einschlafen. 

Und eins kann ich euch jetzt schon sagen, so gut wie ich heute NACHT habe ich schon lange nicht mehr geschlafen.

Doch auf eine Frage finde ich keine Antwort.

Jack hat mir Mut gemacht, hat mit dunkelgrün geschrieben und da pocht das Glück auch schon an meiner Tür. War das etwa alles nur Zufall?


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