The A.M.

The A.M. || Part 01

+Part 01 - Harry+

Rauchschwaden zogen im Raum umher, ich nippte an meinem Drink und ließ mir das viel zu süße Zeug auf der Zunge zergehen, die vom ganzen Alkohol fast taub war. Die Musik pulsierte durch meine Adern, die Scheinwerfer warfen bunte Lichter auf die Menge, die sich im Einklang bewegte, und die Lichter flackerten.

Ich wusste weder, wie spät es war, noch wo genau ich mich befand. Was in meinem Kopf geblieben war, war die Information, dass ich mich vor ein paar Tagen von der Gruppe getrennt hatte, die mich auf ihrer Tour durchs Outback mitgenommen hatten, und dass ich jetzt in einer ziemlich großen Stadt war. Und dass mein Geld langsam zur Neige ging. Ich hätte mir vielleicht doch nicht das große Hotel und das große Zimmer mit Kingsize-Bett gönnen sollen. Das kleine, schäbige Hüttchen in der versteckten Gasse wäre wohl die deutlich bessere Wahl gewesen.

Ich zuckte mit den Schultern. War ja jetzt auch zu spät. Dennoch - für heute Nacht brauchte ich einen neuen Platz zum schlafen. Meine Reisetasche hatte ich in ein Schließfach gesteckt. Wo das war, würde mir hoffentlich morgen wieder einfallen. Alles, was ich bei mir trug, waren mein Handy, mein Portemonnaie und die Jacke über meinem Arm.

Meine Augen glitten durch den Club. Menschen, die sich im Beat bewegten, sich an fremde Körper schmiegten, Arme, die die Luft durchteilten, und Köpfe, die mit weit geöffnetem Mund in den Nacken gelegt wurden. Blasse Gestalten, die ein Hauch von Nichts waren. Leblos. Unecht.

Ich wusste, wie wahres Leben aussah. Ich hatte es in seinen Augen gesehen. Als er einen anderen angesehen und sich in ihn verliebt hatte. Auf den ersten Blick. Pures Leben, das sich in den blauen Irden gespiegelt hatte, von dem ich nachts geträumt hatte. Und auch noch immer träumte. Mittlerweile waren drei Monate vergangen. Weihnachten und Silvester waren vorübergezogen, ohne dass ich großartig Notiz davon genommen hätte. Die Jungs hatten mir Geschenke geschickt, aber ich hatte die Gesten nicht erwidert, hatte nur gesagt, dass ich mein Geld hier nicht aus dem Fenster werfen konnte.

Und doch tat ich genau das in genau diesem Moment. Aber es war egal. Ich konnte jetzt keine Gedanken an meine Heimatinsel gebrauchen, musste abgelenkt bleiben, um dem Schmerz in meiner Brust zu entkommen. Vor wenigen Tagen hatten sie mir ein Bild geschickt. Ein Bild, dass ich ansehen musste, weil ich sie alle vermisste, aber nicht ansehen konnte, weil es viel zu sehr wehtat.

Zayn hatte es aufgenommen. Wahrscheinlich mit der Innenkamera seines Handys, der halbwegs passablen Grafik nach zu urteilen. Seine Augen waren geschlossen, sein Lächeln breit und strahlend, Nialls Lippen auf seiner Wange, der Blonde zwinkerte in die Kamera. Schräg dahinter Liam, der Louis Huckepack trug. Der kleine Chaot hatte den Mund weit aufgerissen, als würde er etwas brüllen, Liams Wangen waren stark gerötet und er konnte sich ein Grinsen nicht verdrücken, musste wahrscheinlich über seinen Freund lachen.

Es tat weh, das zu sehen. Nicht Liam und Louis, aber Niall und Zayn. Die beiden waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht - Niall war so hell wie die Sonne und Zayn war so schimmernd schön wie der volle Mond. Aber strahlen taten sie gemeinsam. So stark, dass ich mich fragte, wie andere Menschen das nicht erkennen konnten, wenn sie das Bild ansahen.

Ich schüttelte den Kopf, sodass kurz alles verschwamm, und nahm den letzten Schluck des süßen Gebräus, stellte das Glas auf der Theke ab und schob mich in die Menge. Ablenkung. Ich brauchte jetzt etwas - jemanden, der mich auf andere Gedanken bringen konnte. Und doch suchte ich den Raum nach bestimmten Merkmalen ab. Blonde Haare, helle, vielleicht sogar blaue Augen.

Ich wurde fündig. Etwas weiter hinten, in einer Gruppe von Studenten, nahm ich an, leuchteten blaue Augen im weißen Licht auf, blonde Haare funkelten. Ich visierte den jungen Kerl an, wahrscheinlich war er in etwa so alt wie ich, plus, minus ein Jahr, und ich spürte, wie sein Blick über mich glitt.