The A.M. || Part 04

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+Part 04 - Luke+

Seit dreieinhalb Monaten wohnte Harry nun bei uns. Und jeden Morgen, wenn ich aufstand und in die Küche ging, um mir meinen Wachkick in Form eines Kaffees zu holen, stand dieser schon dampfend auf der Küchentheke, gleich deneben Ashtons Lieblingstasse, randvoll gefüllt mit schwarzem Kaffee. Zu meinem war ein Schuss Milch und ein wenig Zucker hinzugefügt worden, ganz genau so, wie ich es mochte.

Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, woher Harry (denn Ashton war dafür ganz sicher nicht verantwortlich, der schlummerte noch in seinem Bett) wusste, wie wir unseren Kaffee tranken. Ich nahm mal an, er hatte es während eines gemeinsamen Frühstücks aufgeschnappt. Und noch weniger wusste ich, wieso er das tat. Immerhin trank er keinen Kaffee, sondern Tee zum Frühstück - typisch Engländer halt.

Dass Harry nicht aus Australien kam, hatten wir noch am selben Tag festgestellt, wie er hier eingezogen war. Sein Akzent stach einfach zu sehr heraus. Und er sprach langsam, dehnte die Wörter beim sprechen, wie es ein Aussie nie machen würde. Doch trotzdem empfand ich seine Art zu sprechen mehr als nur angenehm. Ashton sprach schnell und undeutlich, wovon ich häufig genervt war - Harry hingegen ... nun, ich hatte festgestellt, dass ich ihm stundenlang beim reden zuhören konnte.

Er hatte uns grob erzählt, was ihn hierher gebracht hatte. Und ich war überrascht, dass er es uns, zwei eigentlich vollkommen Fremden, widerstandslos anvertraut hatte. Wahrscheinlich hatte er es einfach loswerden müssen, mit jemandem darüber reden müssen, der nicht direkt in die Sache involviert war. Es war mir eigentlich egal, welchen Grund er hatte, wichtig war nur, dass er uns vertraute. Das war es, was mich unglaublich freute. Ich wusste selbst nicht warum, aber ich strahlte vor lauter Glück.

Und vielleicht wusste ich jetzt auch, was am Tag nach unserem One-Night-Stand das mulmige Gefühl in meinem Bauch hervorgerufen hatte. Ich erinnerte mich wieder, dass ich im Club damals nicht nur das Verlangen nach Ablenkung und Sex gesehen zu haben, sondern auch die Trauer und die Angst, als er nach meinem Körper gegriffen hatte. Die Verzweiflung, kurz bevor er mich wegstoßen wollte. Jetzt war ich froh, dass ich ihn mit einem Kuss davon abgehalten hatte.

Er hatte uns erzählt, dass er in seinen besten Freund, den Blonden auf dem Bild, verliebt gewesen war. Über Jahre. Und dass er es über diese ganzen Jahre hinweg immer tiefer in sich hineingefressen hatte und mit niemandem darüber geredet hatte. Er hatte uns von dem Brief erzählt, den er Niall, wie der Kerl wohl hieß, geschrieben hatte, bevor er abgehauen war. Hatte uns von den Geschehnissen am Flughafen erzählt und mir meine Fragen zu dem Schwarzhaarigen beantwortet. Dass er die Welt mit anderen Augen sah und dass Niall in seinen Augen die schönste Person der Welt war. Ich kam nicht hinter den Sinn dieser Worte, aber ich konnte auch nicht abstreiten, dass Harry mit seiner Aussage, dass die beiden auf dem Bild strahlten, absolut recht hatte. Es war mir damals nicht ins Auge gefallen, weil ich mich nur auf das Aussehen der beiden konzentriert hatte. Und genau das würde, laut Harry, der Schwarzhaarige, Zayn, niemals tun.

Dennoch war da noch immer etwas, was ich mir nicht erklären konnte. Und dabei ging es nicht um Harrys Freunde in England, sondern einzig und allein um Harry selbst und ... mich. Ich wusste nicht warum, aber als er uns erzählt hatte, dass er hergekommen war, um über seine Liebe hinwegzukommen, hatte sich ein ekelhaftes, kleines, schleimig grünes Monster in meinem Inneren geregt. Eifersucht. Gott, ich hatte das Verlangen, aufzuspringen, in einen Flieger zu steigen und dem kleinen Blonden den Hals umzudrehen, weil er Harry wehgetan hatte, ganz ohne davon Notiz zu nehmen, so tief verankert in meinem Inneren vorgefunden, dass ich über mich selbst erschrocken zusammengezuckt war.

Ich hatte keinen blassen Schimmer, woher das Gefühl gekommen war, aber seitdem ergriff es mich immer, wenn ich Harry dabei erwischte, wie er wieder auf das Bild starrte, das mittlerweile eingerahmt einen Platz auf seinem Schreibtisch gefunden hatte. Ich hatte mich sogar schon einmal dabei ertappt, wie ich heimlich in sein Zimmer gegangen war, während er Spätschicht in seinem Café hatte, und kurz davor gewesen war, das Bild samt Rahmen einfach aus dem Fenster zu pfeffern. Zum Glück hatte ich mich davon abhalten können, war blindlings aus dem Raum gestürmt und durch Sydneys Straßen gelaufen, bis ich schließlich an einem ruhigen Strandabschnitt gelandet war, wo ich mich im Sand niedergelassen hatte.

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