Kapitel 2 - Mr. Enigma

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Courage ist gut, aber Ausdauer ist besser.
Theodor Fontane


Donnerstag 1. Oktober 2015

Kann es sein, dass mich mein Leben zwischendurch so richtig mobbt? Dass es das Schicksal hartnäckig auf mich abgesehen hat? So langsam kommt es mir nämlich wirklich so vor.

Woher zum Teufel hat dieses testosterongesteuerte Wesen, das ich gestern sitzen gelassen habe, jetzt plötzlich meine Handynummer?! Das kann doch nur ein bescheuerter Scherz sein!

Unbekannte Nummer: Heijo guten Morgen, wie geht es dir?

Stöhnend lasse ich mich auf mein grosses Bett fallen. Wieso muss er mir unbedingt schreiben? Wieso kann er es nicht einfach dabei belassen?

Lange überlege ich, was ich auf seine Nachricht antworten soll. Schlussendlich entscheide ich mich für eine Notlüge.

Ich: Wurde von meinem Freund sitzen gelassen und das nagt etwas an mir.

Ich will nicht, dass er das mit meiner Krankheit erfährt. Er soll das nicht wissen.

Keine Minute später zwitschert mein Handy und eine neue Nachricht blinkt auf.

Unbekannte Nummer: Dieser Idiot!

Trotz allem stiehlt sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht.

Ich: Wieso meinst du?

Unbekannte Nummer: Weil er ein so tolles Mädchen einfach laufen lässt. Ich meine, HALLO?! Geht's noch?!

Irgendwie ist es wirklich ein wenig süss. Okay, ja, es ist sehr süss! Verdammt!

Weil ich nun echt nicht mehr weiss, was ich schreiben soll, speichere ich ihn erst einmal in meinem Handy ein. Kann ja nie schaden. Danach überlege ich bestimmt fünf Minuten, was ich antworten könnte. Ich tippe Sätze ein und lösche sie gleich wieder. Nichts scheint mir passend.

Ich: Keine Ahnung, was ich darauf jetzt antworten soll. Du bist süss.

Geht auch nicht. Ich will die Worte wieder löschen, komme dabei aber aus Versehen auf Senden. Panisch werfe ich mein Handy ans Bettende. Ich will gar nicht wissen, was er jetzt von mir denkt. Mist!

Natürlich lese ich seine Antwort trotzdem, als sie kommt. Wäre ja auch schade.

Zac: Du bist für mich wie eine Enigma Maschine, leider ohne Entschlüsselungscode ;)

Laut pruste ich los. Ist das sein Ernst? Ich lache so laut, dass Mum irgendwann völlig gestresst in meiner Tür steht. Ausser Atem streckt sie den Kopf ins Zimmer. Ich sehe immer noch grinsend von meinem Handy auf und begegne ihrem vorwurfsvollen Blick.

„Du hast mich zu Tode erschreckt, Schatz", stösst sie hervor und fährt sich durch ihre braunen Haare.

„Sorry", entschuldige ich mich bei ihr, wobei ich das Grinsen einfach immer noch nicht von meinem Gesicht bekomme. Es ist wie dort festgetackert. Schmerzhafte Vorstellung, ich gebe es zu.

Mums Blick fällt auf mein Smartphone. Neugierig geworden, betritt sie nun mein Zimmer und kommt zu mir. Sie späht aufs Display meines Handys.

„Zac?", fragt sie verschwörerisch und zwinkert mir vielsagend zu. Ich verdrehe die Augen und sperre mein Handy, damit sie den Chatverlauf nicht komplett lesen kann.

„Ja, kann ich jetzt weiter meinen hoch intellektuellen virtuellen Gesprächen nachgehen?"

Sie lacht und nickt. „Aber klar. Dieser Zac scheint ein echt netter Junge zu sein. Da musst du dran bleiben."

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