[Dяедмs] I|I [11]
[Root Manor, vor 7 Jahren.]
"Mike!" meine Mutter schrie, als hätte sie Gespenster gesehen. "Mike Anthony Root, komm sofort aus deinem Zimmer." Ich erstarrte, und zog die Decke näher und näher an mein Kinn. Es gab zwei mögliche Szenarien, in welchen meine Mutter mich beim Zweitnamen nannte. Erstens: Sie war wütend. Unfassbar wütend. Zweitens: Sie hatte Angst. Große Angst. Doch all diese Mutmaßungen waren irrelevant, denn alsbald ich mich nicht augeblicklich im Flur zeigen würde, würde sich ihr Gemüt so oder so in pure Wut wandeln. Also schlich ich geduckt wie ein Soldat unter Beschuss die Reling der Treppe hinab, in die große Vorhalle. Wie so oft wunderte ich mich über die kunstvollen, luxuriösen Wandmalereien und teuren Goldbeschichtungen, welche im Groben nicht auf mein Profil passten. Ich musste schon einen merkwürdigen Eindruck abgeben. So ein kleingewachsener Junge in billigem Sportgewand, welcher sich geschickt durch die Körbe der Putzfrauen manövrierte. Ich passte nicht ins Bild. Obwohl es mein Zuhause war. Dieser Sonderling würde ich auf ewig bleiben, nie ins Bild passen. Doch es kam mir wie eine Ergänzung vor. Ein Andersdenker, umgeben von Hirnlosen Zombies. Heute bin ich schockiert, wie genau diese Aussage, welche mein vierzehnjähriges Ich geschlussvogert hatte, war. Haargenau. Aus dem Speisesaal klangen Geräuche eines Nachrichtensenders, und wilde Diskussionen. Etwas stimmte nicht. Die Tür sprang auf, und mein Vater eilte in meine Richtung, wobei er mich gleich mitnahm. Für den Bruchteil einer Sekunde hätte ich schwören können, hinter der Tür den Fernseher gesehen zu haben. Mit einem Bericht, welcher einen schlanken Körper mit tiefschwarzen Augenhöhlen zeigte. Mein Vater warf mich ungewohnt halbherzig in unseren dunkelblauen Rolls Royce. Minuten später kam Mutter herangeeilt, ein paar Koffer provisorisch hinter sich herziehend. "Also gut. Gehen wir." Ihre Stimme überschlug sich beinahe. Gehen wir JETZT. Ich schwieg. Nach fast endloser Fahrt erreichten wir eine Brücke, welche einen direkten Blick auf die Innenstadt bot. Vater hielt nur einem Moment lang an. Er wechselte einen traurigen Blick mit Mutter. Kurz bevor der Motor ansprang, erkannte ich ein kleines Fahrzeug in einer der Straßen. Es brannte. Sekunden später vernahm ich zwei Lichtquellen am Ende der Straße. Ein Auto. Mein Herzschlag setzte aus, als ich seinen Kurs abschätzte. Die Straße war zu eng für zwei Fahrzeuge. Bei einer solchen Geschwindigkeit... ich konnte kaum zu Ende denken, als der Wagen bereits mit enormer Wucht gegen den unseren prallte, und diesen wie eine Schachtel Streichhölzer durch die Luft wirbelte. Um mich wurde es schwarz.
Ich erwachte vom penetranten Geruch von Öl und Benzin. Ich wollte mich umsehen, doch ein brennender Schmerz durchfuhr meinen Körper, und ich blieb regungslos liegen. Plötzlich registrierte ich etwas an meinem Oberarm. Unter Qualen drehte ich den Kopf, um eine bessere Sicht zu erlangen. Es war eine Hand. Eine Menschliche Hand. Zart und kindlich. Ich blickte nach oben, und sah in zwei Jadegrüne Augen, welche im Schein des Feuers um mich leicht flackerten. "Es wird alles gut."
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[Dяедмs]
AdventureJede Story hat ihr Happy End. Jede Story hat ihre wunderbaren, idyllischen Momente. Nun, meine auch? Worin liegt der Sinn, wenn alles um einen in Schutt und Asche liegt? Wenn das Monument der Menscheit sich sprichwörtlich in Rauch auflöst? Dяедмs...