Fassungslos riss Beliel die Augen auf und starrte Michael an.
„Lucifer wird was?!"
Der Erzengel nickte scheu, ein Zittern lief durch seinen gesamten Körper und er blickte nicht auf, als er sprach. Obwohl er ja nichts für Lucifers übereilten Angriff auf den Herrn konnte, wirkte er schuldbewusst. Einige blaue Flecken und Schwellungen in seinem Gesicht waren noch zu erkennen. Zwei junge Seraphim hatten ihn auf dem Heimweg überwältigt und ihm einen Denkzettel verpasst, sich nicht mit jemandem aus ihrer Triade abzugeben.
„Doch... der Herr hat es eben verkündet; Er verbannt Lucifer in die Hölle...", wisperte er. Inzwischen hatte das Zittern seine Flügel erreicht, sodass es aussah, als stünde er kurz davor, in Tränen auszubrechen.
„Das kann doch nicht sein...", hauchte Beliel und ließ den Kopf sinken. Sein Verstand arbeitete; Lucifer befand sich in den Katakomben unter dem Tempel, in denen Gefangene eingesperrt wurden, die keinesfalls entkommen durften. Nach seinem Attentat auf den Herrn hatte man Lucifer dort eingekerkert, bis eine angemessene Strafe erdacht worden war, denn ein solcher Fall war im Gesetz nicht vorgesehen.
Azazel, der sich Beliel in letzter Zeit häufiger aufdrängte, knirschte mit den Zähnen. Beliel ging nicht davon aus, dass er sich Sorgen um Lucifer, sondern vielmehr um ihre geplante Revolution machte.
„Natürlich ist der Herr wütend, aber dass Er tatsächlich einen Engel in die Hölle schickt, wo sie ihn grausamer töten werden, als wir uns hier vorstellen können..."
Michael zuckte merklich zusammen und blickte erschrocken zu Azazel, der noch immer vor sich ihn grübelte. Im Blick des Erzengels lag so viel Schuldbewusstsein, dass Beliel aufmerksam wurde, doch solange Azazel mithörte, wollte er Michael keine unangenehmen Fragen stellen.
„So darf es nicht enden!"
Ganz plötzlich wusste Beliel, dass er nicht hierbleiben und darüber trauern durfte, was der Herr angeordnet hatte. Er würde direkt mit Lucifer sprechen, würde ihm versichern und sich versichern lassen, dass dies nicht das Ende war, sondern nur eine weitere Zerreißprobe ihrer Freundschaft.
Nur ein Engel stand Wache vor dem Eingang der Katakomben, denn die Kerker galten als absolut ausbruchssicher, selbst gegen Dämonen. Beliel nickte dem Wachposten, der zwar zur Revolution, nicht aber zum engsten Kreis gehörte, kurz zu, dann eilte er mit halb aufgeklappten Flügeln die Treppe hinunter, sodass er einen halben Meter weit segelte, bevor seine Füße wieder den Grund erreichten. Hinter sich rief die Wache ihm etwas zu, was er nicht verstand.
Mit wild schlagendem Herzen eilte er an den zahlreichen, leeren Gitterzellen vorbei, die in Stein gehauen waren und vollen Ausblick auf die darin eingesperrte Person boten. Ganz am Ende des kühlen, steinernen Ganges wandte er sich nach links und blickte in die halb ausgeleuchtete Zelle, die grade genug Platz für einen Engel mit ausgebreiteten Flügeln ließ.
Im Halbdunkel kauerte auf einer in den Stein gehauenen Bank eine Gestalt mit wildem, weißem Haar, das als einziges unter dem Kokon aus Federn hervorlugte. Lucifer sah nicht auf, als Beliel sein Kommen mit einem Klopfen gegen die Gitterstäbe ankündigte.
Inzwischen hatte der Wachposten sie erreicht, blieb jedoch respektvoll in einigen Metern Abstand stehen, um zumindest die Illusion von Privatsphäre zu vermitteln. Beliel nickte ihm dankbar zu, dann konzentrierte er sich wieder auf den gefangenen Seraphim.
„Lu...", hauchte er leise.
Endlich klappten die Flügel zur Seite und Lucifer hob den Kopf. Tiefe Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab und obwohl er sich unnahbar wie immer gab, merkte man ihm die Angst deutlich an. Er hatte die Beine eng an den Körper gezogen, um sein Zittern zu verbergen.
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LUCIFER - Höllensturz
Fantasy[ABGESCHLOSSEN] Lucifer, der stolzeste aller Engel und Gottes Liebling - dies ist die Geschichte, wie er aus dem Himmel verstoßen wurde und zum König der Hölle aufstieg. (MalexMale, MichaelxLucifer, Gewalt & Blut, Lemon und sexuelle Handlungen)