Kapitel 11

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Seit zwei Wochen wachte Amon Tag und Nacht am Lager des Engels, der sich nur langsam von der Dunkelfolter wieder erholte. Stumm saß er gegenüber des Bettes und beobachtete Lucifer, wie er sich in die Decke einrollte, um sich von der Welt abzuschotten, die Dunkelheit jedoch nicht aushielt und alle Lichter im Raum anzündete.

Sie sprachen fast gar nicht, doch Amon wusste, dass Lucifer sich stets über seine Anwesenheit im Klaren war, jedoch nicht dagegen protestierte. Zwar bot Leona ihm an, sich mit der Wache abzuwechseln, doch Amon lehnte ab. Obwohl er Satans Misshandlungen schon einige Jahrhunderte länger ausgesetzt war als der Engel, merkte er zusehends, wie Satan in seinem Versuch, den Engel zu brechen und zu unterwerfen, über die Stränge schlug.

„Was war dort unten?", erklang eine matte Stimme vom Bett.

Amon hob den Kopf und richtete seinen Blick auf den weißen Haarschopf, der unter der Bettdecke hervorlugte.

„Dort unten war niemand außer dir", antwortete er ruhig. „Dein eigener Verstand hat dir Streiche gespielt, sonst nichts."

„Immerhin sagst du nicht, ich wäre in Sicherheit." Lucifer lachte heiser, dann kam erneut Bewegung in den Deckenberg, als er sich aufsetzte. Seine leuchtenden, violetten Augen wanderten einige Sekunden lang durch den Raum, dann entspannte sich seine Haltung ein wenig und er wandte sich Amon zu.

„Wie lange bin ich dort unten gewesen?"

„Acht Tage." Er konnte den Schock auf Lucifers Gesicht erkennen, die Ungläubigkeit, dass es tatsächlich jemand wagte, ihn dort unten einzukerkern. Wie gerne hätte Amon ihm auf weniger schmerzhafte Weise vermittelt, dass er in der Hölle keinerlei Einfluss mehr besaß, doch Lucifer hatte nicht hören wollen und die Konsequenzen dafür tragen müssen.

„Es ist besser für dich, wenn du den Kopf einziehst, anstatt damit durch die Wand rennen zu wollen", sagte Amon leise, in einer stummen Hoffnung auf Einsicht, doch wie erwartet erntete er eine Trotzreaktion.

„Nicht vor dieser Bestie!", zischte der Engel und schlang die Flügel um den blassen, ausgehungerten Körper. Er sah zunehmend aus wie ein wandelndes Skelett. Nur in seinen Augen brannte der Hass auf Satan und die ganze Welt.

„Du bist ein Krieger", stellte Amon sachlich fest. Er erhob sich; sofort zuckte Lucifer zurück und Amon hätte es nicht gewundert, drohend angeknurrt zu werden, dann erinnerte er sich daran, dass er es mit einem Engel, nicht mit einem anderen Dämon zu tun hatte, obwohl die Rolle eines Dämons sicher gut zu Lucifer gepasst hätte.

„Immer gewesen." Ein kleines Lächeln breitete sich auf den Lippen des Engels aus, als er die Beine anzog und die Arme samt Kopf auf die Knie stützte. Offenbar hatte er die Aussage als Kompliment empfunden, weshalb Amon es wagte, sich zu ihm aufs Bett zu setzen.

„Aber nun hast du es mit einem Gegner zu tun, den du nicht besiegen kannst", gab er zu bedenken.

„Jeder Gegner kann besiegt werden."

„Aber nicht jeder von dir."

Daraufhin schwieg Lucifer, den Blick ins Leere gerichtet, dann ließ er sich seufzend wieder auf den Rücken fallen und zog die Decke über sich, verhedderte sich jedoch darin, sodass seine schmale Brust frei blieb, dann gab er auf und blieb einfach liegen. All die Kraft und Entschlossenheit, mit der er die Hölle betreten hatte, war aus seiner Erscheinung gewichen.

„Und was soll aus mir werden, wenn ich aufgebe und mich von ihm schikanieren lasse?", fragte Lucifer nach endlosen Minuten des Schweigens schließlich. Seine Hand lag nur Zentimeter von Amons entfernt, wie zufällig streiften sie einander und der Dämon spürte, wie ihm bei der kurzen Berührung warm wurde.

„Ein Diener, so wie wir anderen auch", entgegnete er und strich behutsam über Lucifers Handinnenfläche, woraufhin die Finger des Engels sich um Amons schlossen. Eine kleine Geste der Zärtlichkeit inmitten der Hoffnungslosigkeit.

„Dann gebe ich nicht auf!"

Ihre Blicke trafen sich, gleichzeitig verschränkte Amon seine Finger in Lucifers. Er bemerkte, wie eine Gänsehaut die nackten Arme des Engels hinaufkroch, wie er die Augen halb schloss und damit Amons Blick auswich. Eine Spannung hing im Raum, die Amon nicht hatte kommen sehen, und ihn deshalb in ihrer Intensität überraschte.

Er beugte sich zu dem stumm wartenden Engel hinunter, der ihm mit den Augen folgte, bis ihre Lippen sich fast berührten. Amon spürte den warmen Atem auf der Haut, Lucifers Duft. Er registrierte die nun schneller pulsierende Halsschlagader. So verharrte er, bis der Engel unter ihm aus seiner Starre erwachte.

„Küss mich oder lass es bleiben, aber hör nicht mittendrin auf!", beschwerte er sich leise, sein Daumen strich über Amons Handrücken.

Kurzentschlossen legte er seine Lippen auf Lucifers. Sofort erwiderte der Engel den Kuss, seine Zunge fand den Weg in Amons Mund, der ein leises Knurren ausstieß, als er sich über den Engel hockte, der den freien Arm um ihn schlang. Die andere Hand lag noch immer in Amons, der nicht daran dachte, Lucifer loszulassen.

Er kratzte über den entblößten Bauch des Engels, der nur kurz zuckte, dann aber weiterküsste, bis Amon nach Atem rang, das Atmen dann aber einstellte und sich nur noch auf die Stellen seines Körpers konzentrierte, die Lucifer berührten, die seine Wärme spürten, sein leises Stöhnen.

Sein Puls ging in die Höhe, als Lucifer sein Becken anhob und gegen Amons Schritt presste, während er gleichzeitig in dessen Unterlippe biss. Amon grub die Finger in die weißen Federn, fuhr die starken Flügelbögen nach, löste sich dann von diesen süßen Lippen, um die Brust zu erkunden, den sich windenden Engel noch immer unter sich.

Er versenkte seine Zähne unterhalb des Schlüsselbeins und kostete Lucifers Blut, was mit einem von Schmerz und Lust erfüllten Stöhnen des Engels einherging. Amons Feuer war erwacht, er konnte das Verlangen des anderen Mannes spüren, der unablässig seine Lippen suchte. Sowohl sein Geist, als auch sein Körper gaben sich dem Dämon willig hin.

Die Finger auf seiner Schulter gruben sich in Amons Fleisch, als Lucifers Beine spreizte und ihn mit einem Stoß in Besitz nahm. Das Stöhnen verwandelte sich in heiseres Schreien, doch nicht ein einziges Mal machte er Anstalten, Amon von dem abzuhalten, was zu tun er geträumt hatte.

Erst als er keuchend neben ihm aufs Bett sank, fiel Amon auf, dass Lucifer seine Finger noch immer in seine verschränkte.


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LUCIFER - HöllensturzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt