Kapitel 1

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»Lina! Wo bleibst du? Jonny ist da!« meine Mutter schrie mal wieder durchs ganze Haus. Mein Freund war schon da, um mich ab zu holen und ich war noch nicht einmal fertig.

Ich öffnete meinen Kleiderschrank und schon kam die Frage auf: Was soll ich anziehen?

»Lina?« jetzt schrie auch noch Jonny nach mir. »Komme gleich!« schrie ich zurück.

Im Endeffekt entschied ich mich dann für ein pastellblaues, luftiges Freitzeitkleid, mit einer weißen Schleife um die Taille.

Im Bad versuchte ich noch schnell, mir ein schönes Make-up zu zaubern, wobei das nicht so schnell ging, wie gehofft.

Erst deckte ich alles ab, was mich störte, um dann hinterher weißblauen Liedschatten, Eyeliner und Mascara an und auf die Augen zu klatschen. Am Ende machte ich noch rosanen Lippenstift und rosanen Blush drauf. Mein Look war perfekt gelungen!

»Lina! Wir müssen los!« Ich hörte Schritte auf der Treppe. Ich lief in mein Zimmer, schnappte mir meine Jacke und meine Tasche und rannte los, mitten in Jonnys Arme.

»Sachte, sachte! Morgen, mein Engel.« Jonny küsste mich sanft. »Ich dachte wir müssen los?!« neckte ich ihn, als er sich von mir löste. »Stimmt!« er hob mich hoch und trug mich die Treppe runter.

Vor der Tür stand Jonnys blauer Pickup. Er setzte mich direkt vor diesem ab und öffnete mir die Tür. »Danke, werter Herr.« Wir mussten beide sofort anfangen zu lachen.

»Welche Klausuren schreibst du diese Woche?« ich wollte wissen, ob Jonny auch so eine beschissene Woche vor sich hat, wie ich. Er ist zwar eine Jahrgangsstufe höher als ich, doch wir schreiben unsere Klausuren im gleichen Zeitraum.

Ich kann nicht glauben, dass er dieses Jahr schon abgeht. »Ich werde jedes Wochenende etwas mit dir machen!« sagt er immer, doch ich weiß, dass das nicht klappen wird.

Er wird wahrscheinlich, wie mein Bruder, an der Harvard University studieren, wo ich niemals hin kommen werde. Ich bin viel zu dumm, um da angenommen zu werden.

»Mathe, Biologie und Physik.« damit riss er mich aus meinen Gedanken. »Heute Mathe, morgen Physik und Donnerstag Biologie.« »Angenehmer als meine Woche!« bemerkte ich »Heute Englisch, morgen Deutsch, Donnerstag Musik und Freitag Mathe.«

Unsere Lehrer meinen im Moment, alles in eine Woche quetschen zu müssen. Jonnys Lehrer ziehen alles in die Länge. Mal schreibt er eine Klausur pro Woche, manchmal zwei und selten drei.

•••

»Hey Lina!« Elodie, meine beste Freundin, kam mir entgegen. »Hast du schon für Mathe gelernt?« »Nein« musste ich zugeben. »Ich schon. Ich saß zwei Stunden in meinem Zimmer und habe gelernt, doch ich habe immer noch nicht alles geschafft, was ich mir vorgenommen hatte!« »Ernsthaft?!? Dann sollte ich mich wohl heute mal hinsetzen und lernen!«

•••

Der Chemieunterricht verlief ruhig, bis auf ein paar blöde Witze von unserem Kurs-Clown Jack.

Nach der Stunde kam Mrs.Canabee, meine Photographielehrerin, auf mich zu. »Hallo Lina. Ich habe das Thema für ihre nächste Arbeit. Ich habe mir überlegt, dass die Bilder eine gruselige und mysteriöse Stimmung übermitteln.« »Danke, Mrs. Canabee. Ich werde sofort mit der Arbeit beginnen.«

Als ich auf dem Schulhof trat und mir sicher war, dass Mrs.Canabee mich nicht hören konnte, fing ich an, laut zu lachen. Von wegen sofort, dachte ich, frühstens am Wochenende werde ich anfangen.

Ich lief weiter zum Sportplatz oder besser gesagt, zum Footballfeld. Ich hasste es draußen Sport zu haben, vor allem im März und April.

Im März war es meistens noch total kalt und im April regnete es meist unaufhörlich.

Man würde meinen, dass ich unter solchen Umständen nicht als Cheerleaderin taugen würde, doch ich bin Capt'n der Cheerleader.

Die Geschichte wie ich zum Capt'n geworden bin ist eigentlich ganz lustig:

Ich sollte für das Fach Photographie Fotos zum Thema "Sport: hinter den Kulissen" machen. Also ging ich zum Training der Cheerleader und machte Fotos. Die Wiese war nass und ich Tollpatsch rutschte in einen Spagat. Der damalige Capt'n half mir wieder hoch und fragte mich, ob ich vielleicht eben aushelfen könnte, da sich eines der Mädchen verletzt hatte. Ich half also aus und zwei Wochen später war ich Cheerleaderin. Als der Capt'n dann letztes Jahr ihren Abschluss machte, ernannte sie mich zum Capt'n.

Seit circa einem halben Jahr war ich nun schon Capt'n uund hatte schon die Trainingzeiten geändert und eine neue Uniform besorgt.

Die Uniform war bordeauxrot und außen mit Glitzer besetzt. In schwarz, mit Glitzer umrundet, stand BB, für Boston Blizards. Unser Haar war immer zu zwei französischen Zöpfen geflochten, an deren Ende schwarze Glitzerbänder zu Schleifen gebunden waren.

•••

Ich war total erschrocken, als mir plötzlich jemand von hinten die Augen zu hielt. Ich schrie auf. »Ist gut! Ich bin's doch nur.« Als Jonny vor mir auftauchte war ich beruhigt, doch ich sagte nichts. Sein Anblick raubte mir immer wieder den Atem.

Jonny war circa ein - zwei Köpfe größer als ich. Er war durchtrainiert und muskulös, was daran lag, dass er Footballcapt'n war. Seine braunen Haare waren zerzaust vom Wind.

»Woran denkst du?« fragte er mich und holte mich damit wieder in die Realität zurück. »Ach, nur an das neue Thema in Photographie.« log ich »gruselige und mysteriöse Stimmung, total komisch.« Wir lachten beide los, denn wir dachten beide daran, dass auch Mrs.Canabee komisch war.

•••

»Schneller Lina! Komm du schaffst das!« die Mädchen feuerten mich lautstark an. »Gleich hast du es geschafft!«

Mr.Smiller, mein Sportlehrer, hatte Lust, mal wieder was zum Thema Leichtathletik machen und startete mit uns eine Sprint-Staffel, um uns richtig aus zu powern.

Ich rannte über die Ziellinie und bremste ab. Zwei Sekunden stand ich still, dann fiel ich um. Mitten in den orangefarbenen Sand der Laufstrecke.

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