4. Akt: Wahrheit oder Pflicht?

17 4 0
                                    

Kapitel 1 – Wahrheit?

„Na schön, ich gebe es zu", sagte Judith, als sie es nicht mehr verheimlichen konnte und ihre ursprüngliche Geschichte plötzlich unglaubwürdig, ja sogar widersprüchlich wirkte, „Ich habe Weston Firth gesucht, weil er der Mörder von Andrew war. Ich wollte ihn zur Rede stellen und...", sie stockte.

Sam schaute sie schief an: „Hältst du das nicht für sehr leichtsinnig?"

„Ja, Sam. Aber was sollte ich tun? Er wäre fort gegangen und man der Mord am Cousin meines Mannes wäre ungesühnt geblieben. Er war unser Trauzeuge. Glaubst du, so etwas ließe mich kalt?", Judith schniefte und kämpfte mit den Tränen, „Und die Kommissare sind allesamt ein herzloses Pack. Niemand interessierte sich dafür, was für ein wunderbarer Mensch Andy gewesen war. Niemanden interessiert das, wie mir scheint."

„Du wolltet ihn rächen?", Sam unterdrückte ein Schmunzeln.

„Ich wollte den Mann sehen, der meinen Trauzeugen und guten Freund getötet hatte. Ich wollte ihn sehen und dann der Polizei übergeben und wissen, etwas gerechtes getan zu haben."

Sam und Judith saßen allein ein einer Lesestube der Bibliothek. Sam hatte unverblümt die Frage nach der Verbindung zwischen Firth und Bixby gestellt und es hatte Judith nicht gewundert. Es war als hätte sie damit gerechnet, oder vielleicht als hätte sie es geplant.

„Woher kanntest du Firth' Namen?", fragte Sam, der das Gefühl hatte, eine Frau, die er einmal geküsst hatte duzen zu dürfen.

„Du bist ein anständiger Mann, wenn du den Namen nicht kennst, Sam", erwiderte Judith, „Er war ein billiger Auftragsmörder, wie du zweifellos früher oder später herausgefunden hättest – auch ohne mich. Er hat viele ungeklärte Todesfälle auf den Gewissen und dem Bankkonto."

„Ein Auftragsmörder", wiederholte Sam skeptisch und blickte Judith schief an, „Du hast doch nicht etwa etwas mit einem Mord zu tun?"

„Ich kann mich nur wiederholen, Sam. Ich habe keine Ambitionen Menschen zu töten, die mir nahe stehen."

„Judith, ich weiß nicht, ob dir eigentlich klar ist, in was für einem Schlamassel ich stecke wegen dir! Die Polizei ist hinter mir her und sie wird auch hinter dir her sein, wenn ich ihnen deinen Namen verrate. Wenn wir beide heil aus der Sache raus kommen wollen, solltest du mit mir kooperieren und endlich aufhören in Zweideutigkeiten zu reden."

„Obwohl die meisten Zweideutigkeiten ohnehin eine eindeutige Bedeutung haben...", bemerkte Judith trocken, winkte Sam unausgesprochenen Einwand ab und fuhr fort: „Na schön, was willst du wissen?"

„Ein Auftragsmörder also... Kennst du ihn? Kennst du seine Auftraggeber?"

„Ich kenne ihn persönlich nicht, aber ich kenne jemanden, der sich nach ihm erkundigt hat."

„Ich nehme an, eine junge Dame, mit der er sich in dieser Bibliothek getroffen hat", kombinierte Sam.

„Richtig. Es handelt sich um Jane Bixby, Andys Frau."

„Seine Frau wollte Andrew Bixby ermorden lassen, verstehe ich das richtig?", fragte Sam.

„Es sieht so aus, nach allem was ich weiß."

„Was weißt du denn, verdammt noch mal?"

Sam stand sehr unter Druck und konnte es kaum verbergen. Er schwitzte und fluchte unkontrolliert und hatte sogar Dorothy übersehen, als sie ihm beim Eintreten in die Bibliothek freundlich zugezwinkert hatte.

„Warum bist du damit nicht zur Polizei gegangen?", fragte Sam. Er war sauer, dass Judiths unlogische Entscheidung ihn in einen solchen Fall hatte hineinschlittern lassen.

Le Livre NoirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt