Ich lief in die danebenliegende Gasse und stieg auf einen Container. Dann stieg ich von dem Container auf das tiefliegende Dach und lief zu dem Dachfenster, das nur mit schwarzem Klebeband zugeklebt war. Ich zog mit einem festen Ruck, doch das Fenster ließ sich mühelos öffnen. Ich wurde ein wenig zurückgestoßen, rappelte mich schnell wieder auf und ließ mich durch das Fenster fallen. Ich landete unsanft in dem kleinen Lagerzimmer und musste erstmal Schwämme und sonstiges von mir entfernen. Dann lauschte ich kurz und als nichts zu hören war, drückte ich vorsichtig die Tür zum Laden auf. Es war stockdunkel und meine Schuhe quietschten. Ich wusste, dass dieser altmodische kleine Laden keine Kamera hatte, weil der Ladenbesitzer ein früherer Freund meines Vaters war. Deshalb wusste ich auch von dem Fenster. Ich lief auf Zehenspitzen und suchte nach den Messern. Als ich den Alkoholabteil sah, schnappte ich mir ohne hinzusehen eine Flasche. Ich schaute darauf. Tequila, konnte besser sein, aber ich lief weiter, bis zum Schaufenster. Dort ließ ich mir lange Zeit, um jede Klinge einzeln anzuschauen. Ab und zu fuhr ich mit dem Finger über die Klinge und erfreute mich über die leuchtente Farbe in der Dunkelheit. Ich suchte mir zwei besonders eindrucksvolle Taschenmesser heraus und lief wieder zu dem Lagerzimmer. Ich hörte etwas rascheln und blieb stehen. Ich drehte mich um und wisperte: „Hallo?" Dann schüttelte ich den Kopf und trat durch die Tür. Es hatte etwas herein geregnet und ich rutschte aus. Ich schmiss eine Reihe Eimer um und fluchte. Ich stand auf, trat auf einen Hocker und zog mich aus dem Fenster. Ich atmete tief durch und setzte mich dann zum Wald hin an die Dachkante. Es war nicht das erste Mal, dass ich sowas getan hatte. Ich zog meinen Pulli aus und trug dann nur noch ein Top. Ich lehnte mich zurück und trank einen großen Schluck aus der Flasche. Dann zog ich die beiden Messer heraus. Während ich die halbe Flasche leer trank, schaute ich mir meine zwei Messer ganz genau an. Das eine war rot und das andere braun. Ich redete vor mir hin: „Braun is' ne häschliche Farbe. Warum hab ich'n das genommen?" Ich trank noch einen Schluck, klappte dann das Messer auf und zog eine wunderbar verwackelte Linie. Das Blut quoll heraus und ich lachte. Ich machte quer über die Wunde noch einen Schnitt. Ich verstrich das Blut über meinen Arm und ließ es vom Regen abwaschen. Ich schaute in die Nacht hinaus, während ich das warme Blut auf meinem Arm spürte. Ich schaute meine Pulsader an. Ich strich ein paar Mal über sie, bis sie heraus stand. Ich schloss die Augen und lauschte. Wie schnell alles vorbei sein konnte. Wie einfach es doch war, alles zu vergessen. Wie einfach es war, seinem wertlosen Leben einen wertlosen Tod zu schenken. Ich trank noch einen tiefen Schluck und klappte dann das Messer auf. Ich schaute zum Himmel. Er war rabenschwarz. Kein einziger Lichtschein war zu sehen. Noch nicht einmal der Mond. Ich ließ den Regen über mein Gesicht prasseln. Er kühlte mein erhitztes Gesicht. Ich griff mit einer Hand in die Luft und wollte den Regen ergreifen. Es war ein Unterscheid ob man den Regen fühlte oder nur nass wurde. Ich blinzelte und schaute auf meinen Arm. Die Ader sah so einladend aus. Meine Hand mit dem Messer näherte sich der Ader. Ich lächelte und biss mir auf die Lippe. Plötzlich wurde mir das Messer aus der Hand gerissen. Bevor ich reagieren konnte, warf der Umriss das Messer weit weg. Ich sprang auf und schrie: „Sa' mal was soll'n das?" Der Umriss zog mich vom Rand weg und griff in meine Tasche. Bevor ich begreifen konnte, was er da machen wollte, hatte er schon das zweite Messer über den Rand geworfen. Ich schaute hinterher, dann schaute ich den Umriss an. Ich kniff die Augen zu, wieder auf und blinzelte heftig. Der Tequila zeigte seine Wirkung. Da fing der Umriss an zu sprechen: „Würde es dir was ausmachen, wenn ich auch einen Schluck kriege?" Ich erkannte die Stimme nicht, aber ich drückte die Flasche gegen meine Brust, als ob ich ein Baby halten würde: „Never. Verpiss dich." Der Umriss setzte sich auf das Dach und als ich nach drei Minuten immer noch ziemlich behindert herumstand, setzte ich mich auch. Nach einer Weile ließ ich die Flasche los und streckte sie dem Umriss hin. Er drehte sich zu mir und zog die Kapuze herunter. Ich riss die Augen auf. Trotz meines Alkoholkonsums erkannte ich auf Anhieb die strahlenden unnatürlichen grünen Augen, die in meine blickten. Ich wisperte: „Logan."
Über Votes und Kommentare würde ich mich wahnsinnig freuen (antworte auch gerne!)! Danke! AMY xxx
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Broken Boy meets Broken Girl
Romance~His love roared louder than her demons.~ Die sechszehnjährige Lorena Miles mutiert nach dem Tod ihrer Mutter zum leblosen Etwas, ohne jegliche Gefühle. Sie versteckt sich vor ihrem Leben und vor allem vor sich selbst. In ihrem Leben läuft nichts s...