Lyra betete, dass sie sich bei Jowan irrte. In ihr wurde das ungute Gefühl immer stärker, je näher sie der Kapelle kam, in der der Schüler und die Geweihte auf sie warteten. Kurz holte sie tief Luft, dann trat sie an die beiden heran. "Ich habe den Stab. Lasst uns schnell machen, bevor irgendeiner der Templer auf eine dumme Idee kommt!" Jowan fuhr herum. "Du hast ihn? Wunderbar. Schnell, in den Keller!" Lyras Griff um den Feuerstab wurde stärker. Seufzend folgte die Elfin den Beiden.
Schnell und ungesehen hatten sie das unterste Stockwerk erreich und durchquert, um dann den Keller zu betreten. Sie blieben vor einer massiven Holztür stehen. An ihrem Rahmen waren magische Runen eingraviert. "Die Kirche nennt diesen Eingang die Opfertür. Er besteht aus 277 Brettern, eines für jeden der ursprünglichen Templer. Sie soll an die Gefahren erinnern, die alle darstellen die den Fluch der Magie tragen." Lyra ballte bei den Worten der Geweihten wütend ihre Faust. Warum wurde Magie immer als schlecht angesehen? Ja, sie war gefährlich, aber kein Makel. Sie war stolz darauf, dieses Mal zu tragen. "Und wie können wir sie öffnen?" Ihre Worte waren kühl, berechnend, und Jowan warf ihr einen unsicheren Blick zu. Lyra zuckte mit den Schultern, als könne sie ihn dadurch beruhigen. "Die Tür kann nur von einem Templer und einem Magier geöffnet werden, die gemeinsam hineingehen. Die Kirche liefert die Parole, die den Mechanismus aktiviert und der Magier das Mana, das ihn dann auslöst." Lyra seufzte frustriert. "Was muss ich tun?" Lilly wandte sich zur Tür um. "Zuerst die Parole. Schwert des Erbauers, Tränen des Nichts." Ein leises Klacken war zu hören. "Was war das?" Jowan blickte irritiert zu der Tür. "Die Parole bereitet die Tür nur vor. Jetzt muss die Berührung mit Mana folgen. Jeder Zauber wirkt, aber rasch!" Lyra sammelte kurz ihre Gedanken, konzentrierte sich und schickte einen kleinen Blitz in Richtung des Holzes. Es klackte, und die Tür öffnete sich.
Schnell waren sie hindurchgetreten und standen vor der nächsten Tür. "Das ist die Tür zur Kammer der Phylakterien." Jowan wandte sich zu seiner Freundin. "Lyra, bitte, schnell." Wohl wissend, dass dieser Plan zum Scheitern verurteilt war, trat die Elfin vor und richtete den Stab auf das Schloss. Ein leises Zischen war zu hören, ein verschmorter Geruch stieg in ihre Nase... Aber nichts geschah. Sie versuchte es erneut, um den Beiden die Sicherheit zu geben, dass sie alles versuchte, aber wieder geschah nichts. "Oh Nein! Da sind Schutzrunen eingraviert." Lilly war näher an die Tür herangetreten. "Vielleicht können wir diesen unsinnigen Plan dann jetzt vergessen?" Lyra hatte irgendwie immer noch die Hoffnung, dass sie zur Vernunft kommen würden, doch Jowan schüttelte den Kopf. "Es muss doch einen Weg geben! Wir sind so weit gekommen, ich werde jetzt nicht aufgeben." Die Elfin schüttelte den Kopf. "Dreimal verkohlte Nug!" fluchte sie leise, doch es wurde ignoriert. Lilly trat an die Tür zu ihrer rechten. "Hier müsste es funktionieren. Vielleicht finden wir weiter drinnen einen Weg in die Kammer." Seufzend ergab sich Lyra. Irving hatte sie gebeten, den beiden zu helfen, also würde sie das auch tun. Sie richtete den Stab gegen das Schloss, und die Tür sprang auf.
Die Tür war jedoch nicht das einzige, was reagierte. Die Rüstungen, die rechts und links an den Seiten standen, begannen sich mit einem scharrenden Geräusch zu bewegen. Zeitgleich materialisierte sich aus der Luft ein Geist, der sie wütend angriff. "Nugdreck! Wächter!" Sie konzentrierte sich und schickte ihnen einen Blitzkegel entgegen. Auch Jowan begann nun einen Zauber zu weben und ließ eine der Wächterrüstungen erstarren. Lilly nutzte die Gelegenheit, riss dieser den Streitkolben aus der Hand und schlug zu. Scheppernd zerfiel der Wächter in seine Einzelteile. Lyra schickte der Zweiten Rüstung einen erneuten Blitz entgegen, und als sie mit einem Arkanen Geschoss nachsetzte zerbrach auch diese. Inzwischen hatte Lilly den Geist ebenfalls mit dem Kolben attackiert, und auch Jowan hatte einen weiteren Eiszauber genutzt. Lyra musste sich beherrschen, nicht laut vor sich hin zu schimpfen. Irving hätte sie wenigstens warnen können. Aber wahrscheinlich wollte er, dass sie nicht aufflog. Also biss sie sich auf die Lippe und blieb stumm, während sie sich weiter in den Gang wagten. Sie durchwühlten sämtliche Räume, auf der Suche nach einem Weg oder etwas Nützlichem, fanden jedoch nichts. Schließlich stießen sie die Tür zu dem Lagerraum auf, den Irving gemeint haben musste. Er war größer als die Anderen und vollgestellt mit allerhand seltsamen Krimskrams. Lyra ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Es waren jede Menge Bücher zu sehen, und im Stillen wünschte sie sich, sie könnte mehr Zeit hier unten verbringen. Sie liebte Bücher, als Kind hatte sie sich immer eigene gewünscht. Allerdings waren da andere Sachen wichtiger gewesen. Neugierig ging sie weiter in den Raum, ihr Blick wanderte über Tische, vollgestellt mit Gerätschaften, deren Sinn und Zweck sich ihr vollends entzog. In der Ecke des Raums stand eine seltsame Statue. Langsam trat sie näher. "Ich grüße euch." Lyra drehte sich um, als hätte sie erwartet das nun gerade Templer die Tür zu diesem Raum durchschreiten würden. Doch dem war nicht so, sie sah lediglich Jowans blasses Gesicht. "Eine Statue aus Tevinter! Sie muss uralt sein." Lilly griff ängstlich nach dem Arm ihres Geliebten. "Sprich nicht mit ihr." Lyra wandte sich um. Das war Zeitverschwendung. Langsam hatte sie dieses Spiel satt, also musste sie versuchen, die ganze Sache zu beschleunigen. "Nun, wir könnten sie ja fragen, wie wir in den Raum mit den Phylakterien kommen." Mit einem schiefen Grinsen sah sie die beiden an, doch die Geweihte schüttelte nur hastig den Kopf und begab sich wieder auf die Suche. Lyra hatte schon längst erspäht, wo es möglich war, doch sie wollte nicht dass es auffiel. "Die Kleine hat nicht nur eine Nase wie eine Nug, sondern auch noch Augen wie ein Maulwurf..." murmelte sie zu sich, als sie versuchte Jowan nun auf das Regal aufmerksam zu machen, das vor einer maroden Steinwand stand. "Hilf mir mal, Jowan." Gemeinsam griffen sie zu und schoben das volle Regal ein Stück zur Seite. "Hey, du und deine Adleraugen, Lyra. Die Wand ist einsturzgefährdet und genau dahinter liegt die Kammer der Phylakterien." Lyra grinste ihn schief an. "Nun, du kannst sie ja einreißen. Auf auf, oh starker Jowan!" Der Schüler lief rot an und wollte schon zu einer Antwort ansetzen, als Lillys Blick ihn zum Schweigen brachte. Er seufzte auf, schließlich kannte er das lose Mundwerk der Elfin – und eigentlich mochte er sie genau deswegen so gern. Sie nahm kein Blatt vor den Mund, selbst vor Templern nicht. Dann sah er es. Ein altes Artefakt, dass Zauber verstärkte, die auf Stäbe gesprochen waren. "Nun... Eventuell..." murmelte er und griff nach Lyras Arm. "Benutz den Feuerstab zusammen mit diesem Artefakt und richte ihn auf die Wand." Lyra betrachtete die Statue, die vor ihr stand. Sie sah aus wie ein Hund, und eigentlich hatte sie keine Ahnung, wie sie diese aktivieren konnte. Dann entdeckte sie in dem steinernem Maul eine kleine Einkerbung. "Hm. So könnte es funktionieren..." Sie stemmte sich gegen den Hund, drehte ihn, bis das Maul auf die Wand zeigte und steckte den Stab in die Einkerbung. Als sie nun die Hand auf den Kopf legte und ein wenig Mana durch ihre Handfläche fließen ließ, löste sich ein Feuerblitz aus der Spitze und traf mit voller Wucht die Wand. Ein Krachen ertönte, und sie wurden zurückgeschleudert.

DU LIEST GERADE
Ein Lied von Blut und Feuer
FanfictionLyra, elfische Magierin des Zirkels von Ferelden, wird durch eine Verkettung ungünstiger Umstände von Duncan, dem Kommandanten der grauen Wächter rekrutiert. Schnell wird ihr klar, dass es Schicksal gewesen sein muss, denn nachdem Ostagar fällt ist...