Lyra hatte den unangenehmen Geschmack mit einem großen Schluck Wasser bekämpft und seufzte auf. Irgendwie beschlich sie ein sehr ungutes Gefühl, wenn sie an die kommende Schlacht dachte. Genervt schüttelte sie den Kopf, während sie sich zu dem besprochenen Treffpunkt begab. Ihre Vorahnungen gingen ihr manchmal auf die Nerven, besonders, da sie sich meistens bewahrheiteten.
Als sie nun auf den Tisch zuschritt, an dem sich die alle anderen bereits versammelt hatten, blieb sie kurz stehen und verdrehte die Augen. Dort stand, neben dem König, jemandem in silberner Rüstung und einer Kirchenschwester, Oberverzauberer Uldred. Sie hatten sich noch nie gut verstanden. Vielen Oberverzauberern war sie nicht begegnet, daher kannte sie Wynne auch vorher nicht, aber ihn hatte sie gut in Erinnerung. Er war in ihren Augen ein eingebildeter, aufgeblasener Aufschneider, der seine Macht missbrauchte. Sie konnte es natürlich nicht beweisen, weswegen sie diese Meinung nie laut vertreten hatte, aber das änderte nichts daran dass sie diesen Magier von Anfang an nicht gemocht hatte. Sie trat nun näher heran und stellte sich neben Duncan. Cailan war gerade in eine aufgeregte Debatte mit dem anderen Krieger verwickelt. "Meine Entscheidung steht fest, Loghain. Ich werde in dieser Schlacht an der Seite der grauen Wächter kämpfen." Das war also Loghain. Lyra hatte von ihm gelesen. "Ihr riskiert zu viel Cailan." Argumentierte dieser nun dagegen. "Hört auf den Helden spielen zu wollen, die Horde der dunklen Brut ist zu gefährlich." Lyra betrachtete den älteren Krieger aufmerksam. Dunkle Haare, halblang mit zwei Zöpfen neben den Ohren zeugte von einem gewissen Adelsstand, wenn sie das richtig verstanden hatte. Sein Gesicht war zerfurcht, und seine grauen Augen waren klein und durchdringend. Sie funkelten den König mit unverhohlener Abscheu an. Der jedoch schien das ganze zu ignorieren. "Nun, wenn das so ist, sollten wir wohl besser auf die Verstärkung aus Orlais warten." Wütend schnaubte Loghain auf. "Es ist töricht zu glauben, das wir Orlaisianer brauchen um diese Schlacht zu gewinnen." Lyra ballte die Hand zur Faust. Cailan war ihr sehr sympathisch, ein wenig enthusiastisch und gutgläubig vielleicht, aber er machte auf sie einen durchaus fähigen Eindruck. Loghain hingegen... Er war kalt, hochnäsig, und behandelte den König äußerst herablassend. Sie spürte, wie sich Duncans Hand auf ihre Schulter legte, und sie blickte zu ihm auf und nickte ihm beruhigend zu. Sie hatte ein loses Mundwerk, aber wenn es unbedingt notwendig war, konnte sie sich beherrschen. Und sie hatte wirklich nicht vor, den obersten Militärführer von Ferelden zu verärgern, so unsympathisch er ihr auch war. "Das ist keine Torheit, Loghain." Cailan klang langsam verärgert. "Unsere Differenzen mit Orlais sind Vergangenheit. Und ihr solltet nicht vergessen, wer hier König ist." Loghain fuhr sich genervt mit der Hand über die Stirn. "Zum Glück muss Maric nicht miterleben, wie sein Sohn Ferelden jenen übergibt, die uns ein Jahrhundert lang versklavt hatten." Wütend biss sich Lyra auf die Zunge. Dieser Mann war eindeutig kurzsichtig und lebte in der Vergangenheit. "Nun, dann müssen die vorhandenen Truppen wohl reichen, nicht wahr?" Die Stimme des Königs war etwas weicher und versöhnlicher geworden. "Duncan. Sind eure Männer bereit?" Er hatte sich nun endlich zu dem Kommandanten der Wächter herumgedreht. Der nickte höflich. "Das sind sie, euer Majestät." Cailans Blick wanderte nun zu Lyra. "Und ist das nicht die junge Magierin, der ich eben begegnet bin? So wie es aussieht sind wohl Glückwünsche angebracht." Die Elfin strich sich verlegen eine Haarsträhne hinter die Ohren. Sie war es nicht gewöhnt, dass man ihr gegenüber so freundlich war. Zumindest nicht außerhalb des Zirkels. "Ich... danke euch, euer Majestät. Aber ich bin nichts Besonderes." Ein leises Kichern war die Antwort, und der Blick des blonden Mannes wurde warm. "Oh doch, das seid ihr. In dieser schweren Zeit brauchen wir die Wächter mehr denn je." Loghains Augen blitzten wütend auf. "Eure Faszination für Ruhm und Legenden wird noch einmal euer Untergang sein, Cailan. Wir sollten uns wieder der Realität widmen." Erneut schluckte die Magierin die Worte, die ihr auf der Zunge lagen, hinunter. Was würde sie doch dafür geben, diesen eingebildeten Menschen einmal die Meinung zu sagen. Die ganze Zeit war ihr im Zirkel und auch vorher von ihren Eltern beigebracht worden, was Respekt vor Höhergestellten bedeutete – nicht, dass sie sich immer daran gehalten hatte, aber wenn es sein musste wusste sie worauf es ankam – doch dieser Mann behandelte seinen König wie ein kleines Kind. Dieser jedoch zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. "Also gut, dann reden wir über die Strategie. Die Wächter und ich ziehen die dunkle Brut auf uns und dann?" Er beugte sich nach vorne und betrachtete die Karte, die auf dem Tisch lag. Sein General tat es ihm gleich, obwohl sein Blick weiterhin auf Cailan lag. "Ihr werdet dem Turm signalisieren das Leuchtfeuer anzuzünden, dann greifen meine Männer aus der Deckung an." Der König tippte auf eine Stelle an der Karte. "Sie fallen der dunklen Brut in die Flanke. Ihr sprecht von dem Turm von Ishal in den Ruinen oder? Wer soll das Leuchtfeuer entzünden?" Loghain erhob sich zufrieden. "Ich habe dort einige meiner Männer stationiert. Es ist keine gefährliche Aufgabe, aber sie ist entscheidend." Kurz blieb der blonde Mann stumm, dann lächelte er kurz. "Dann sollten wir sie den Besten überlassen. Schickt Alistair und den neuen grauen Wächter, um sicher zu gehen, dass es erledigt wird." Überrascht blickte Lyra den König an. "Wenn eure Majestät es so wünscht... Werde ich mein Bestes geben." Innerlich fragte sie sich jedoch, warum man für diese Aufgabe direkt zwei Wächter brauchte. Wieder war es Loghain, der versuchte, Zweifel zu sähen. "Ihr verlasst euch zu sehr auf die Wächter. Ist das wirklich klug?" Lyra hustete. "Offensichtlich ist er klüger als ihr..." murmelte sie leise, so dass nur Duncan sie hören konnte. Warnend blickte der sie an, und die Elfin grinste ihn nur schief an. Leise seufzte ihr Kommandant auf und schüttelte den Kopf, doch Cailan versuchte nun erneut ein Machtwort zu sprechen. "Genug von euren Verschwörungstheorien! Die Wächter bekämpfen die dunkle Brut, egal woher sie kommen. Und auch egal, woher die Brut kommt." Jetzt erhob Duncan das Wort, als wolle er den Streit nun endgültig beilegen und wieder auf das Wesentliche kommen. "Euer Majestät, ihr solltet bedenken, dass sich der Erzdämon zeigen könnte." Loghain jedoch sah den König an und ergriff erneut das Wort. "Wir haben in der Wildnis keine Drachenspuren gefunden." Lyra machte ein Geräusch, das einem Abfälligen Grunzen gleichkam. "Das bedeutet nicht, dass der Erzdämon sich NICHT zeigen wird." Duncan versuchte erneut, sie mit Blicken zum Schweigen zu bringen, doch ihr Einwand wurde ohnehin übergangen. Die Magierin seufzte auf, und fragte sich, warum sie hier war, wenn sie doch ohnehin nichts zu der Besprechung beitragen sollte. Cailan blickte Duncan nur lächelnd an. "Sind eure Männer nicht genau deshalb hier, Duncan?" Der senkte nur den Kopf. "Ich... Ja, euer Majestät." Lyra spürte die Sorge, die den erfahrenen Wächter umgab. Sie wusste, das ihr Kommandant den König schätzte, und die offensichtliche Naivität mit der dieser an die Situation heranging konnte nicht gut gehen. Loghains Verschwörungstheorien machten das Ganze jedoch noch komplizierter. Das alles war ziemlich verworren. Überrascht blickte Lyra nun auf, als sie die sonore Stimme von Uldred vernahm. "Euer Majestät, der Turm und das Leuchtfeuer sind nicht notwendig. Der Zirkel der Magi..." Bevor auch nur irgendjemand etwas sagen konnte, fiel die Elfin ihm ins Wort. "Der Zirkel der Magi ist durch mich bereits vertreten, auch wenn ich inzwischen eine Wächterin bin, Uldred." Ihre Stimme war schneidend. Der Ältere Magier blickte abwertend sie an. "Ihr? Eine Schülerin?" Die grünen Augen der Elfenmagierin verengten sich. "Ich habe meine Läuterung bereits bestanden, Uldred. Sonst wäre ich nicht hier." Ein wütender Laut seitens des Militärführers ließ die beiden verstummen. "Genug. Der Plan wird aufgehen. Die Wächter werden das Leuchtfeuer entzünden." Loghain wandte sich um, während der König wieder in seinen kindlichen Enthusiasmus verfiel. "Ich kann diesen glorreichen Moment kaum erwarten. Die Grauen Wächter werfen sich an der Seite des Königs von Ferelden der dunklen Brut entgegen." Die nächsten Worte Loghains jagten Lyra einen kalten Schauer den Rücken hinunter. Im Nachhinein betrachtet war es wie eine dunkle Prophezeiung. "Ja Cailan. Das wird ein glorreicher Moment für uns Alle."
~~~
Es war bereits dunkel geworden, als sie mit Alistair bei Duncan am Feuer stand um den Plan noch einmal durchzugehen. Der blonde Krieger war überhaupt nicht begeistert davon, dass er nicht auf dem Schlachtfeld mitkämpfen sollte. "Also, nur um noch einmal sicher zu gehen. Ihr braucht gleich zwei graue Wächter um eine Fackel zu halten?" Lyra nickte zustimmend. "Ich bin der gleichen Meinung. Wir sollten ebenfalls kämpfen." Duncan jedoch duldete keine Wiederworte. "Das ist nicht eure Entscheidung. Eure Aufgabe ist von entscheidender Wichtigkeit. Der König will es so." Ein theatralisches Seufzen war von Alistair zu hören. "Wenn es denn sein muss. Aber damit eins klar ist: Sollte der König jemals anordnen, dass ich in einem Kleid durch die Reihen der dunklen Brut tanzen soll weigere ich mich." Lyra kicherte angesichts dieser Vorstellung. "Nun das würde ich gerne sehen." Ein schelmisches Glitzern lag in den braunen Augen des Kriegers, als er die Elfin ansah. Mit einer leichten Verbeugung hielt er ihr die Hand hin als wolle er sie zum Tanz auffordern. "Für euch, Mylady, würde ich es sogar machen. Aber dann muss es ein hübsches Kleid sein." Die Magierin nahm die angebotene Hand mit einem Grinsen an und machte einen kleinen Knicks. "Rosa mit Rüschen, ganz wie der Herr wünscht." Alistair hatte sie lachend in seine Arme gezogen und mit ihr eine Pirouette gedreht, ehe Duncan es schaffte, die beiden Spaßvögel wieder zur Ordnung zu rufen. Lachend schnappte Lyra nach Luft. "Okay, also, was machen wir wenn der Erzdämon sich zeigt?" Duncans Blick wurde ernst. "Dann überlasst ihr ihn uns, haben wir uns verstanden? Keine Heldentaten, von keinem von euch! Wenn ihr das Leuchtfeuer entzündet habt, bleibt ihr auf dieser Position." Seufzend nickte Lyra. Auch Alistair war nicht begeistert, doch er fügte sich ebenso. "Duncan? Möge der Erbauer über dich wachen." Lächelnd verneigte sich der Kommandant. "Möge er über uns alle wachen." Schweigend gingen die beiden jungen Wächter zur Brücke, die zum Turm führte. Es würde nicht mehr lange dauern, bis es losging. Nervosität und Umtriebigkeit lagen greifbar in der Luft, und wie als wolle der Himmel Anteil an der Situation nehmen, begann es leicht zu regnen.
****
Juhu, Schokohasen :)
Ich lebe noch :) Viel gibt es zu diesem Kapitel nicht zu sagen. Ich habe mal die ehrwürdige Mutter zum Schweigen verdonnert und Lyra das Wort überlassen. Aber mal im Ernst: gibt es hier jemanden, der Uldred oder Loghain mag?
*Kekse hinterlass*
Cat
DU LIEST GERADE
Ein Lied von Blut und Feuer
FanfictionLyra, elfische Magierin des Zirkels von Ferelden, wird durch eine Verkettung ungünstiger Umstände von Duncan, dem Kommandanten der grauen Wächter rekrutiert. Schnell wird ihr klar, dass es Schicksal gewesen sein muss, denn nachdem Ostagar fällt ist...