#7: Empfang

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Joana und ich stehen nervös im kleinen Büro und warten darauf, dass Julian Heuer uns empfängt. Der Name wurde uns unten an der Information gesagt und ich vermute, er wird sowas wie unser Betreuer. Wenn man das bei einem Praktikum so sagen kann. Ich wippe nervös mit dem Bein, wir haben uns erstmal hingesetzt. Hinter uns geht die Tür auf und ein Mann Mitte 20 kommt auf uns zu. Er schüttelt erst Joanas, dann meine Hand und setzt sich uns gegenüber auf den Stuhl. Seine schwarzen Haare fallen ihm leicht in die Stirn und er fährt sich kurz durch die Strähnen. Seine blauen Augen mustern uns beide und er lächelt die ganze Zeit freundlich. "Ihr müsst Joana Müller und Jette Hansen sein, richtig?" Ich nicke und auch Joana nickt nur schüchtern. Wieder fährt er sich durch die Haare, dann schüttelt er grinsend den Kopf. "Ihr dürft auch reden, ich reiße euch nicht den Kopf ab." "Ich bin Jette," sage ich nur und er nickt zufrieden. "Na also. Ich bin Julian Heuer, aber Julian reicht. Ich bin euer Ansprechpartner für das ganze Jahr und bei Problemen kommt ihr sofort zu mir, damit ich den richtigen Leuten in den Arsch treten kann. Für Liebeskummer stehe ich auch zur Verfügung." Er zwinkert uns zu und erleichtert lehne ich mich im Stuhl ein wenig zurück. Joana wird rot, das Wort Liebe scheint sie magisch zu verfärben. Julian runzelt die Stirn und schaut sie mit leicht schiefgelegtem Kopf an. "Wer ist es?" Sie guckt mich kurz an, dann ihn und schüttelt kaum merklich den Kopf. "Steffen Weinhold," kläre ich ihn auf und sofort schlägt Joana mir gegen den Arm. Ich lache und auch Julian kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Wir verstehen uns ziemlich gut, das ist alles." Julian nickt und wirft mir einen kurzen Blick zu. Ich rolle mit den Augen und er nickt wieder. Man, ist das ein Tick oder sowas? "Immerhin hast du dir einen der Nettesten ausgesucht. Keine Sorge, er ist wieder single und der treuste Mann, den ich kenne. Und er glaubt an Liebe auf den ersten Blick." Er zwinkert Joana zu und sie gleicht ein weiteres Mal heute einer reifen Tomate. Gut, dass ich da fein raus bin. Dieses Gespräch hier geht in eine ganz andere Richtung und ich befürchte, wir fangen noch das quatschen an, wenn wir nicht aufpassen. "Wir sind jetzt zur Anmeldung hier, also, wo ist der Papierkram?" Joana wirft mir einen dankbaren Blick zu und die nächsten 10 Minuten bekommen wor Erklärungen und leisten 5 Unterschriften. Geheimhaltung, Einverständnis für Bilder und so weiter. Dann haben wir es hinter uns und Julian meint abschließend noch: "Dann bis gleich beim Empfang." Wir winken ihm noch zu und dann beschließen wir, nochmal in die Wohnung zu fahren, um das Outfit zu wechseln. Joana hat vor Aufregung geschwitzt und ich fühle mich nach dem Duell gegen Christian auch nicht mehr ganz so frisch. Ich beschließe also eine schnelle Dusche zu nehmen und meine Freundin wäscht sich ausgiebig. Schlussendlich beraten wir uns wegen der Outfits und Joana verpasst mir Wellen in die Haare. Zufrieden steigen wir in den Bus zur Halle, die in der letzten Stunde etwas umgebaut wurde, wie wir von Julian erfahren haben.

- Rune's Sicht -

Gelangweilt stehe ich in der Nähe vom Eingang und sehe dabei zu, wie die Halle sich füllt. Es wurden Teppiche ausgerollt und Tische, sowie ein Bufet aufgestellt. Das hier sieht nicht mehr nach dem Ort aus, wo der THW Kiel seine Spiele ausübt. Christian hat geschrieben, dass er cirka 5 Minuten später kommt und Steffen kommt sowieso immer zu spät. Allerdings sind Jette und Joana auch noch nicht da. Es sind ja auch noch 10 Minuten. Meine innere Stimme hat wie immer Recht und trotzdem langweile ich mich zu Tode. Ein paar Spieler sind zwar schon da, aber die stehen mit irgendwelchen Gästen zusammen und ich bin nicht so der Typ für große Gesprächsgruppen. Fast alle Männer tragen Anzüge oder wenigstens ordentliche Hemden. Ich stehe hier im weißen T-Shirt mit normaler Jeans und in Sneakers. Dass die Frauen alle in Kleidern rumlaufen sei mal außen vor zu lassen. Ich komme mir deplaziert vor. Als ich wieder zum Eingang schaue, erstarrt mein Blick. Zuerst kommt Joana rein, auch sie trägt ein Kleid. Es wirkt eher wie ein normales Sommerkleid, das schwarz hebt ihre Blässe etwas hervor. Sie ist ganz hübsch, aber nichts im Gegensatz zu Jette. Obwohl sie nur ein einfaches, bauchfreies Spitzentop in Weiß trägt und statt einem Rock eine Hotpants - sie ist die schönste Frau des Abends. Ich bin froh, dass sie die selben Schuhe wie vorhin trägt, jetzt sind wir beide deplaziert. Zwei Sportler, die auf einer Veranstaltung eines Sportvereins immer noch sportlich aussehen. Und ich wundere mich glatt, warum ich mich so falsch gefühlt habe. Sie hat mich entdeckt, ihre Augen treffen Meine und kurz bleibt mir die Luft weg. Ich kann immer noch nicht genau sagen, welche Farbe ihre Augen haben. Es ist eine Mischung aus Grau und Blau, aber auch mit einem Grünstich und Hellbraun um die Iris. Besondere Augen von einem besonderen Mädchen. Und erst jetzt wird mir klar, was ich hier denke. Vor meinem inneren Auge taucht ein Bild von Shirin auf und sofort fühle ich mich mies. Wie kann ich nur so denken, wenn ich eine Freundin habe? Sie konnte nicht mitkommen, irgendwas mit ihren Freundinnen, deshalb stehe ich hier jetzt auch so alleine. Ich beschließe das Denken einzustellen und schlendere zu den beiden Mädchen hinüber.

Kieler Zeit || pausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt