Sommernachtstraum

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Mein Handy weckt mich, als es vibriert.

Es ist Bianca. "Sie dir das Kleid an. Man kann meine Knie sehen!!! Voll Krass oder?"

Ich antworte halb verschlafen: "Jaaaa, echt krass."

"Muss nur aufpassen, dass meine Mum es nicht sieht, sonst lässt sie mich nicht so in die Schule."

Ich grinse innerlich, was allerdings nicht lange anhält, denn mein Blick fällt auf die Uhr 6:45.

Scheiße ich muss in die Schule!

Als ich aufstehen will fällt mir auf, dass Bill immer noch neben mir liegt. Besser gesagt unter mir, weil mein Kopf sich auf seiner verdammt muskulösen Brust befindet. Er hat seinen Arm um mich geschlungen, wie als wolle er mich dort festhalten.

Schwermütig schraube ich mich aus seiner Umarmung, wohl wissend wie viele Mädchen dafür töten würden. Und selbst ich fühle mich genau jetzt zu einen Mord fähig, so sehr missfällt es mir von hier verschwinden zu müssen.

Ich decke Bill zu, bevor ich gehe, aber er sieht trotzdem so verlassen aus. Und vielleicht nur um mein Gewissen zu beruhigen, greife ich nach meinem Lippenstift und schreibe. "Sorry Schule" auf den Deckel des Films.

Während ich meine Schuhe wieder anziehe, höre ich wie sich eine Tür hinter mir öffnet.

Mein Herz, welches an Bills Seite unnormal stark zu schlagen schien, bleibt zumindest für die Schrecksekunde stehen.

Ich kann nur eine Silhouette in dem Türrahmen erkennen, aber ich bin mir sicher, dass es Tom ist der jetzt spricht.

"Interessant."

"Was?"

"Du verpisst dich schon?"

"Ja, ich muss zur Schule."

"Was willst du von ihm?"

"Wie bitte?"

Während dieser Gesprächsfetzten war Tom immer näher an mich herangekommen.

Bei seiner letzten Frage steht er direkt vor mir und ich fühle mich wie eine kleine Maus vor einem riesigen Löwen.

"Was willst du von Bill?"

"Nichts...Glaub ich."

Ich drehe mich zur Eingangstür um, doch er hält mich auf.

"Pass auf, was du tust. Wenn du Bill auf irgendeine Weise verletzt oder ihn in deine Spielereien hineinziehst, werde ich alles tun, um dir dein Leben zur Hölle zu machen."

Ich bringe ein kleines, leises und völlig unangebrachtes "okay" heraus und spüre seinen durchdringenden Blick immer noch, als ich die Tür hinter mir schließe.

Ich schlucke alle Pillen auf einmal hinunter. "Veri, was ist los, so nervös warst du doch beim letzten Mal auch nicht."

"Geht schon, Tim"

Er greift nach meiner Hand: "Egal was es ist du kannst es mir anvertrauen."

Ich befreie meine Hand aus seinen Fängen.

"Es ist alles gut."

Er legt einen Arm um mich und zieht mich zur Bühne: "Wir schaffen das. Zusammen."

Mein Blick sucht die sitzenden Gäste ab, aber als meine Blick auf Tom fällt, der alleine ist, wird mir klar, dass er nicht hier ist.

Den ganzen, scheiß langen Tag war Bill mir nicht aus dem Kopf gegangen. Auch meine kleine Chemiestunde in der Pause, hatte mir nicht mal mehr eine halbe Stunde Pause, vor meinen rasenden Gedanken beschert.

Ja, was wollte ich von Bill?

Ich liebe ihn.

Aber ich weiß ganz genau, dass tausende von Mädchen genau in diesem Moment dasselbe über ihn dachten. Und er weiß das auch.

Als Tim besonders intensiv in die Tasten haut, wird mir klar, dass ich gerade meinen Einsatz verpasst habe. Sofort wende ich meinen Blick von Tom ab und beeile mich wenigstens im nächsten Takt ein zu setzten.

Ich versuche vergeblich mich aufs Singen zu konzentrieren, aber es funktioniert nicht.

Warum ist Bill nicht hier?

Okay, das ist leicht, ich bin heute früh einfach abgehauen. Außerdem wer weiß was Tom ihm über mich gesagt hat.

Ich habe es verkackt. Ich hatte eine Chance, nur eine kleine, aber es war eine und ich habe sie verloren. Und als meine Blick auf Tom mit seinem steinharten Blick fällt, wird mir klar: Es gibt keine zweite, ich meine Bill Kaulitz, er hat es nicht nötig auf eine wie mich zu warten.

Und ohne das es mir bewusst wird, fange ich an zu heulen. Ich höre nicht auf zu singen, aber tausende von Tränen rinnen meine Wangen herunter. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Pillen einen großen Anteil an meiner Rührseligkeit haben, was wahrscheinlich mit den traurigen Balladen und Toms Rede von heute früh einfach zu viel war.

Die Gäste im Saal beginnen ab und zu zu tuscheln, einige scheine ich sogar selbst zu Tränen gerührt zu haben. Sie denken anscheinend, dass ich mich zu sehr von dem Lied habe mitreißen lassen.

Doch auf einmal sehe ich ihn, wie er den Raum betritt und sich zu seinem Bruder gesellt. Er erwidert meinen Blick und wirft mir ein leicht verwirrtes Lächeln zu.

Ich muss selbst lachen. Die Situation ist echt verrückt.

Nach diesem Lied steht Tim neben mir auf, wir verbeugen uns und verlassen die Bühne. Wir hätten glaube ich noch ein oder zwei Lieder gehabt, trotzdem bin ich ihm dankbar, dass er mir das erspart hat.

"Schon okay, ich glaub, das hat für heute gereicht. Erhole dich etwas." Er umarmt mich nur kurz, weil ich mich sofort zum Saal umdrehe. Gerade sehe ich noch wie Bill die Terrassentür hinter sich schließt.

Es dauert einige Minuten bis ich zu ihm durchgekommen bin. Viele der Gäste, beglückwünschen mich zu dem tollen Auftritt und sagen solche Sachen wie: "Noch nie hat mich eine musikalische Darbietung so berührt wie Ihre." oder "Ich habe noch nie jemanden gesehen, der mit so viel Gefühl singt."

Tom sitzt an der Bar und wirft mir einen flüchtigen Blick zu, als er sieht wie ich die Terrasse betrete.

Bill drückt gerade seine Zigarette aus, als ich ihm gegenüberstehe. Die Nacht ist sternenklar und somit wird es langsam kalt.

"Hey, Verena. Was war los?"

Ich lache und aus irgendeinem Grund rinnen erneut Tränen meine Wange runter: "Es war nichts. Echt."

Er zieht einfach nur eine Augenbraue hoch.

"Als ich heute früh einfach gegangen bin... Und als du dann nicht da warst...Ich dachte, du wärst sauer."

Ich schnief lache und versuche meine eigentlichen Gefühle zu finden.

"Und dann dachte ich, du würdest mich nicht mehr sehen wollen... Und... Und ich hatte das Gefühl, dass ich alles verloren hätte..."

Verdammte Scheiße, was tue ich gerade?

Bill ist ganz ruhig und sein Blick ruht auf mir. Fast flehend treffen meine Augen auf seine.

Er zieht mich zu sich und der Blickkontakt bricht, als sich unsere Lippen berühren.

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