"Rette mich"

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Gegen sechs Uhr morgens geht die Sonne auf. Ein paar Omis mit ihren Dackeln watscheln mit ihren Krückstöcken an mir vorbei und strafen mich mit ihren durchdringenden Blicken.

Entgegen jeglicher Vorurteile, habe ich keine Rückenschmerzen. Ich raffe mich also auf und mache mich auf den Weg ins Hotel.

Daniela steht in der Küche und verteilt die Aufgaben für den heutigen Tag.„Herje, Verena du siehst ja aus wie eine Drogensüchtige," ist ihr Kommentar als ich den Raum betrete. Einige der Umstehenden beginnen zu lachen, verstummen jedoch schnell als sie merken, dass ich nicht lache.

Nachdem alle sich an ihre Aufgaben gemacht haben, kommt sie nochmal zu mir herüber: „Frühstücke erst mal und dann mach dich an die Arbeit... Ich habe für dich das Penthouse noch nicht vergeben."Sie zwinkert mir zu. Aber ich sage: „Danke, aber hast du nichts anderes für mich? Bitte." Ihr verwirrter Blick, sagt mir, sie wolle mehr Tratsch von mir hören, aber ich bleibe still. „Na gut,wenn du dich beeilst kannst du dich mit ums Frühstück kümmern."Abrupt will ich aufstehen, aber Daniela hält mich am Arm fest.„Warte noch kurz."

Ich lasse mich zurück auf den Stuhl fallen und gieße mir erst einmal eine Tasse Kaffee ein. Als sie sich mir wieder zu wendet, hält sie freudestrahlend ihr Schminktäschchen in die Höhe.

Erneut versuche ich ab zu hauen aber Daniela hält mich erneut zurück. „Nur damit man die Augenringe nicht so sieht. Denk nur daran was die Chefin sagen würde." Also lasse ich es über mich ergehen.

Als ich mich kurz darauf in einer der Servierplatten spiegele, muss ich Daniela echt bewundern, ich sehe bei weitem nicht mehr so schlimm aus.

Keiner der Zwillinge hat sich zum Frühstück hinunter begeben, da wir auch anbieten das Selbige auf die Zimmer zu bringen, ist ihr Fehlen auch nicht verwunderlich.

Ich beginne bereits mit dem Abräumen, als mich eine starke Hand von hinten fasst.

Erleichterung macht sich jedoch in mir breit als er mich um dreht und gegen das Tischbein presst. Es ist nicht Bill. Es ist Tom.

Allerdings sitze ich in der Falle.

„Kannst du dich noch daran erinnern, was ich dir gesagt habe in Bezug auf meinen Bruder."

Ich nicke.

„Meine Angst du könntest ihn mit in dein zwielichtiges Meliere ziehen war anscheinend völlig unbegründet, dafür ist Bill viel zu schlau."

Ich starre ihn an.

„Was denkst du wie es ihm jetzt geht. Erst macht er sich fertig aus Angst davor, du könntest auf Grund deiner Drogen sterben. Und jetzt muss ich mir sein Geheul, wegen deiner Herum Hurerei anhören."

Er verstärkt den Druck auf seiner Hand.

„Tom?"

Trotz meines eingeschränkten Blickfeldes, sehe ich zum ersten Mal in Georgs und Gustavs Gesichter, als sie sich neben Tom postieren.

„Tom,echt jetzt lass sie los."

ErstaunlicherWeise lässt er mich los.

„Ist das Verena?"

„Ja,"antwortet Tom bissig.

„Sie sieht echt nicht so scheiße aus. Passt irgendwie zu Bill."

„SIE kann euch hören," bringe ich mich jetzt ebenfalls bissig ein.

Alle Blicke ruhen jetzt auf mir.

„Weiß SIE denn auch was für eine Scheiße, sie mit Bill gemacht hat,"meint jetzt Georg.

„Denn,wenn sie es weiß, sollte sie es sofort rückgängig machen, damit wir unseren Leadsänger wieder nutzen können," ergänzt ihn Gustav.

„Lasst uns gehen."

Es wundert mich, dass Tom als erstes nachgibt.

Gustav tut es ihm gleich und verlässt den Raum. Nur Georg bleibt noch kurz.

„Es ist mir echt scheiß egal, mit was du dir in deiner Freizeit die Birne voll knallst. Aber Bill schient sich echt in dich verliebt zuhaben. Und du tust ihm gerade tierisch weh.

Wenn du ihn auch nur ansatzweise liebst, dann lass es ihm zu liebe bleiben."

Damit dreht er sich um und lässt mich alleine zurück.


„Bist du bereit?"

„Ja."

Ich trage ein langes rotes Kleid und bin perfekt darauf abgestimmt geschminkt.

„Daniela,sind die Jungs aus dem Penthouse hier?"

Sie verschwindet nur kurz, um mir meine Frage zu bejahen.

Ich werde nervös und auch Tim macht es nicht besser: „Denktst du wirklich, das mit dem neuen Song ist so eine gute Idee, wir haben kaum geprobt."

„Nein,der Song bleibt."

Mir ist schlecht und nicht nur vor Aufregung, seit heute früh habe ich nichts mehr eingeworfen, ich merke wie mein Körper nach den Drogen lechzt.

Ich greife in meine Jackentasche und bringe meine restlichen Pillen zum Vorschein. Einen Moment lang denke ich: komm schon ein letztes Mal.

Aber dann kommt mir etwas in den Sinn.

„Nach jedem letzten Mal, braucht sie's nochmal, nochmal.
Ein letztes Mal."

Ich will nicht so sein. Georg hat recht. Es ist eine Sache mich mit Drogen hin zu raffen, eine andere Menschen da mit rein zu ziehen. Menschen, die ich liebe. Und Menschen für die ich alles tun würde.

Mein Blick fällt auf Tim, ich nicke ihm leicht zu. Als er die ersten Takte spielt, will ich vor Aufregung sterben, mein Herz schlägt so schnell, dass meine Brust schmerzt und ich schwitze was das Zeug hält.

Von diesem Moment hängt alles ab.

Ich bin völlig fertig, als die letzten Worte gesungen sind. Bill steht unten an der Bühne, auf wackeligen Beinen versuche ich zu ihm zukommen. Alles dreht sich. Vor meinen Augen wird es wie in Zeitlupe schwarz und ich falle.

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