»No control.

429 48 10
                                    

[Perrie]||Während Niall mir übers Haar strich, ich mich an ihn angekuschelt hatte, nachdem ich ihm vom Feuer erzählt hatte, dachte ich über all das nach. Diese Blicke voller Verachtung und Leid, die mir Zayn zugeworfen hatte, taten mir weh. Mein dummes, naives und verletztes Herz schlug für ihn, nur für Zayn allein. Mir fiel es schwer, einzusehen, dass ich ihn noch immer liebte, dass ich ihn nun hier haben wollte, neben mir. Nie hätte ich gedacht, dass es enden würde. Wir wollten heiraten, ein größeres Haus beziehen und eine Familie gründen. Was war aus den Versprechungen, die er mir gemacht hatte, geworden? Am liebsten würde ich schlafen wollen, um der Realität zu entkommen, aber Niall war da. Bevor ich ihm vom Feuer erzählt hatte, sprachen wir uns das erste Mal seit langem aus. Dass seine Augen glänzten, wenn er von Luana erzählte, gefiel mir. Wie wütend er wurde, als er mir erzählte, dass Zayn bei ihr war, störte mich. Niall hatte es verdient glücklich zu sein.

"Wo ist eigentlich dein anderer Ohrring, Perrie?", fragte Niall und hatte somit wieder meine volle Aufmerksamkeit.

Automatisch griff ich nach meinen Ohrläppchen und spürte nur einen Ohrring.

"Den muss ich verloren haben", gab ich zögerlich zu.

Mir war das nicht aufgefallen, nicht einmal, als ich mir die Haare gemacht hatte. Der Ohrring hatte keine besondere Bedeutung, aber ich verlor nur ungern mein Eigentum. Dieses komische Gefühl, dass irgendwas fehlte, nervte. Wütend schnaubte ich und stand auf, überlegte, wann ich ihn verloren haben könnte.

Niall stand nun ebenfalls auf und kam auf mich zu.

Die Verzweiflung war mir sicherlich ins Gesicht geschrieben.

"Verdammt sei dieser Ohrring", fluchte ich und stieß mir zu allem Überfluss auch noch den Zeh an.

Während weitere Flüche meine Lippen verließen, hielt ich mir den Zeh und stolperte nach hinten. Plötzlich verlor ich das Gleichgewicht und landete auf dem Boden. Mein Hintern tat unheimlich weh. Zischend stand ich mit Nialls Hilfe auf, wobei er mich mit einem gewaltigen Ruck hochzog, sodass mir beinahe schwarz vor Augen wurde. Als ich nun endlich normal stand und es mir einiger Maßen gut ging, schaltete Niall mein Nachtlicht aus, sodass es komplett dunkel wurde. Sobald mich die Dunkelheit umhüllte, zuckte ich vor Schreck zusammen. Wozu das diente, wusste ich nicht, aber er fasste mir an die nackten Oberarme und jagte mir Angst ein.

Er fuhr mit der Hand an meiner Seite entlang, was bei mir eine Gänsehaut hinterließ. Schreien konnte ich nicht und irgendwie kam mir mein schwarzes Kleid mit einem Mal zu kurz vor.

"Halt still", hauchte er und lehnte nun über mir.

Immer schneller atmete ich und hatte Angst vor dem, was er als nächstes vorhatte. Die Augen hielt ich geschlossen, während ich mich an die Wand lehnte und ein wenig Stoff meines Kleides krampfhaft festhielt.

Wie jemand einen Schalter unmittelbar über mir umlegte, konnte ich noch hören, ehe ich spürte, wie Niall sich von mir wegbewegte. Erleichtert atmete ich aus und öffnete die Augen. Grelles Licht schien mir entgegen, was dafür sorgte, dass ich die Augen wieder schloss. An der Wand lehnend lauschte ich dem dumpfen Klang der lauten Musik und versuchte, mich zu beruhigen. Dumm von mir, zu denken, Niall wollte mir an die Wäsche. Ein ironisches Grinsen und ein halbherziges Lachen kamen noch gerade so über meine Lippen, bevor ich die Augen öffnete, um seinen blauen Augen entgegen zu schauen.

"Sag mal, hast du auch wirklich nichts getrunken?"

Grinsend nickte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange:"Danke, dafür, dass du mir zugehört hast."

Manchmal dachte ich, ich sei zu still.

Leicht verwirrt, aber lächelnd nahm er mich an der Hand und wir verließen das Zimmer.

"Du bist rot und deine Haare sind verwüstet. Sicher, dass du dich unten blicken lassen willst?", scherzte er, wofür er spielerisch einen Schlag auf die Schulter von mir bekam.

"Zwar bist du Ire, aber du solltest dein Glück nicht herausfordern", drohte ich ihm, lachte aber danach herzhaft, während wir unseren Weg fortsetzen.

Doch plötzlich blieb er stehen und schluckte. Jade sah bedrohlich zwischen uns beiden hin und her. Nialls Hemd war zerknittert und mein Kleid etwas hochgerutscht. Man könnte das alles falsch verstehen, das tat sie wahrscheinlich sogar, aber zwischen Niall und mir würde nie etwas laufen. Er war einfach immer für mich da. Noch zu genau wusste ich, wie wir uns näher kennenlernten.

Zayn hatte etwas zu erledigen und unser Skype-Gespräch anschließend vergessen. Kurzerhand hatte sich Niall vor den Laptop gesetzt und nervös gelächelt, als er mich plötzlich erblickt hatte. Mir ist aufgefallen, dass ich eigentlich keinen von ihnen wirklich gut gekannt hatte. Irgendwie waren wir ins Gespräch gekommen und hatten den Kontakt aufrecht erhalten, na ja, bis dann Zayn die Band verlassen hatte.

Und paar Monate darauf auch mich.

"Perrie, Jesy ist vollkommen ausgeartet. Vielleicht waren es ein paar Shots zu viel...", sprach sie zu mir und wurde immer leiser, ehe sie vor Scham errötete.

Dass Jesy keine Kontrolle über sich hatte, wenn sie Alkohol trank, war uns schon bekannt. Aber es machte mich wütend, dass Jade sie nicht einmal aufgehalten hatte. So schnell es barfuß und in einem kurzen Kleid ging, rannte ich nach unten zu den Gästen. Eine ziemlich teure Vase flog umher und prallte mit voller Wucht gegen die Wand, sodass ein schepperndes Geräusch entstand. Die Couch lag umgedreht in der Küche und Unterwäsche war überall auf dem Wohnzimmerboden verteilt. Wo hatten sie diese denn her? Das alles lief ziemlich aus dem Ruder. Es war Zeit, einzuschreiten. Schnell lief ich in die Küche.

Auf der Kücheninsel stand ich nun und rief, wie jedes Jahr:"Leute, wir machen eine Bolognese!"

Sofort reihten sich die Meisten tanzend hintereinander auf und Leigh-Anne öffnete die Tür. Nun fehlten nur noch eine Menge der anderen Gäste und Jesy. Wo sie steckte, wusste ich nicht. Sie war nicht, unter den Leuten ausfindig zu machen. Die Lippen fest aufeinander gepresst, suchte ich nach Möglichkeiten, sie zu finden, aber ich kam auf keine Idee.

"Das ist zum Kotzen", murmelte ich leise vor mich hin und stampfte mit dem Fuß auf der Stelle.

Auf einmal verlor ich erneut das Gleichgewicht und fiel wieder schmerzhaft auf den Boden, aber diesmal blieb ich einfach liegen. Noch schlimmer konnte es nicht mehr werden. Die Schmerzen waren unerträglich und meinen Arm, auf den ich gefallen war, konnte ich nicht einmal bewegen. Jede Regung schmerzte.

"Perrie geht es dir gut?", rief Niall und kniete sich vor mich hin.

Mit zusammen gekniffenen Augen schüttelte ich wahrheitsgemäß den Kopf. Nein, es ging mir nicht gut.

Sound Of Silence | ZerrieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt