Der König unter dem Berge

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»Schickt Raben in alle Königreiche. Ich traue diesem Waldlandkobold keine Sekunde über den Weg.«
Der Zwergenkönig schritt in seinem Zelt auf und ab. Die goldene Rüstung hatte er abgelegt und stattdessen ein deutlich bequemeres Lederhemd angezogen.
»Mein König, selbst wenn unsere Raben nach einigen Tagen die Ered Luin oder die Ered Mithrin erreichen, so werden die Armeen Wochen, wenn nicht Monate brauchen bis sie hier ankommen. Selbst Eure eigenen Männer vom Erebor samt Kriegsgerät könnten in maximal sieben Tagen zu uns stoßen. Wie gedenkt Ihr das Waldlandreich mit 300 Mann zu erobern?«, wollte sich Gamlin, ein treuer Berater des Königs, erkundigen.

»Gimli wird morgen durch dieses Tor marschieren und ich werde den Vetter meines Vaters endlich begrüßen können. Ich denke nicht, dass der Kobold so töricht ist und es mit uns Zwergen aufnimmt. Seine Späher sollten erkannt haben, wie stark die Heere der Zwerge sind. Das ist unsere Zeit.«, antwortete Thorin Steinhelm gelassen und kraulte sich dabei seinen rostbraunen Bart. »Trotzdem sollen unsere Heere in Alarmbereitschaft versetzt werden. Wenn es hart auf hart kommt, will ich jeden einzelnen Zwergenkrieger an meiner Seite wissen.«  Der Berater verneigte sich und ging aus dem Zelt.

Seufzend ließ sich Thorin auf die Kante seines prachtvollen Bettes nieder und versuchte für einen Moment zu entspannen. Die Reise hatte den alten König erschöpft. Ich brauche alle Herrscher der sieben Zwergenreiche. Nur so erreiche ich eine Zusammenkunft und eine Wahl über den Vorsitz aller Reiche. Den Status eines Kronkönigs oder Imperators. Der alte König Thorin spielte schon lange mit dem Gedanken sich selbst auf den Höhepunkt seiner Macht zu katapultieren. Doch dies gelänge nur dann friedlich, wenn es eine Abstimmung geben wird. Gimli Gloinssohn stimmt mit Sicherheit für meine Sache, dachte Thorin Steinhelm. Einen Krieg mit den Elben zu riskieren, wäre durchaus ein hoher Preis für einen Herrschertitel, aber früher oder später wollte er ohnehin alle sieben Zwergenreiche vereinen und gegen die Elben ziehen. Der Tod Gimlis würde dieses Ziel wohl ebenso erreichen. Dann würde er sich selbst zum Anführer der Zwerge küren und den Rachefeldzug gegen die Feinde der Zwerge leiten. Den einen Weg oder einen anderen - der König unter dem Berge erhält stets, was er begehrt.

Gamlin betrat erneut das Zelt und riss den König aus seinen Gedanken. »Mein Herr, entschuldigt die Störung, aber jemand ist geschickt worden, um mit Euch zu verhandeln. Soll ich ihn passieren lassen?« Der König blickte verdutzt.
Mit einem Unterredungsversuch der Elben hatte er nicht gerechnet. »Von mir aus«, knurrte Thorin, erhob sich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Der Bote trat ein und sein langer grüner Umhang flatterte. Er streifte die Kapuze zurück und zum Vorschein kam dem König unter dem Berge ein allzu vertrautes Gesicht.
»Bei meinem Bart! Mit dir hatte ich am wenigsten gerechnet, Tauriel.« Thorin Steinheim war sichtlich überrascht. Die Elbin hingegen lächelte und verbeugte sich vor dem König.
»Es ist schön Euch wiederzusehen. Diesmal als Hoheit und nicht mehr nur als Thronerbe, der Ihr einst wart. Es ist lange her, mein alter Freund.«
»Viel zu lange. Was verschafft mir die Ehre? Schickt dich dein König?«, erkundigte sich Thron neugierig.
»Nein, ich bin freiwillig gekommen, um Euch vor einer Dummheit zu bewahren. Gimli Gloinssohn ist wohl auf und er ist der Gast des Prinzen Legolas Grünblatt. Es besteht daher keine Notwendigkeit unser Reich anzugreifen. Ich bitte Euch daher eure Männer abzuziehen und zum Erebor zurückzukehren. Um der alten Zeiten willen«. Tauriel blickte entschlossen in das Gesicht des Zwergenkönigs. Dieser zog eine missgelaunte Miene.
»Um der alten Zeiten willen? Tauriel, sage mir, wenn ich mich nicht irre, hast du meinem Volk bereits zweimal den Rücken gekehrt ohne vernünftigen Grund. Wieso sollte ich auf das Wort einer Verräterin hören?«
Der König sah, wie dieser Vorwurf die Elbin empfindlich traf. »Ihr wisst genau, weshalb ich den Erebor vor langer Zeit verlassen habe. Das erste Mal ging ich, um König Thranduil zu bitten eine Armee zu Euerm Vater, Dain Eisenfuß, zu entsenden. Orks aus dem Norden und Ostlinge aus dem Osten Mittelerdes rückten im Zuge des Ringkrieges näher an Euer Reich..«
»...Das ist mir alles bestens bekannt!«, unterbrach Thorin die Elben-Kommandantin abrupt. »Mich interessiert vielmehr wieso du keine richtige Armee mitgebracht hast? Nach dem Begräbnis meines Vaters bist du wortlos erneut verschwunden und bist seither im Erebor nicht mehr gesehen worden. Du schuldest mir eine Erklärung, Tauriel.« Die Elbin war sichtlich angespannt und wollte es vermutlich vermeiden, über dieses schmerzvolle Kapitel ihrer Vergangenheit zu sprechen. Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder, als hätte sie komplett die Sprache verloren. »Ähm, mein König, also zunächst einmal muss ich klar stellen, dass ich nicht ganz aufrichtig zu eurem Vater war. Ich kam mit 200 guten Elben-Kriegern zum Erebor zurück, allerdings schlossen sie sich mir alle freiwillig an. König Thranduil befahl keinem einzigen seiner Krieger mir zu folgen.«
» Ja, weil du berichtet hast, dass das Waldlandreich seinerseits kurz vor einem Angriff durch die Orks aus Dol Guldur stand. Mein Vater hatte zumindest ein wenig Verständnis hierfür, auch wenn er es deinem Kobold von König übel nahm.« Thorin verzog erneut das Gesicht bei der Nennung des Elbenkönigs. Seine Verachtung für die Elben saß sehr tief.
Tauriel rang sichtlich um Fassung. » Mein König wollen wir uns vielleicht ein wenig setzen?«, fragte sie zögerlich.
»Nimm Platz.« Der König unter dem Berge deutete auf einen der Stühle, die rund um einen Tisch mit strategischen Karten und Holzfiguren zur Darstellung von Truppenbewegungen platziert wurden. Er selbst nahm auf dem erhöhten und prachtvoll verzierten Königsstuhl am Kopf des Tisches Platz. »Fahre bitte fort, Tauriel.«

»Mein König, Ihr müsst mir versprechen, Ruhe zu bewahren. Was ich Euch erzählen werde, belastet mich seit dem Tag meines ersten Abschieds vom Erebor. Ich hoffe endlich reinen Tisch machen zu können.« Thorin Steinhelm wusste nicht so Recht, was dieses Verhalten zu bedeuten hatte. Hat sie etwas verschwiegen? Ein Kind von einem anderen Zwerg oder gar von Kili? Thorin konnte sich keinen Reim darauf machen.
»Tauriel, ich werde langsam ungeduldig. Komm bitte auf den Punkt. Ich werde versuchen, gelassen zu bleiben.«
»In Ordnung. Ich sage es gerade heraus: Thranduil schickte eurem Vater keine Truppen, weil er nicht wollte, dass erneut Elben für das Leben von Zwergen starben. Die Orks aus Dol Guldur konnten leicht mit der Hilfe Celeborns, dem Herren Lothloriens, zurückgedrängt werden. Das Waldlandreich verfügte über knapp 4000 einsatzbereite Krieger. Es tut mir leid. Ich habe mich geschämt deswegen und bin deshalb erst so spät mit so wenig Männern zurückgekehrt. Die Schlacht war schwierig, ihr wisst es. Und ein Sieg war ausgeschlossen. Ich hätte damals an der Seite eures Vaters sterben müssen, dann wäre all mein Schmerz, der mich mein Leben lang begleitet auf einen Schlag fort gewesen.«

Es herrschte lange eine gespenstische Stille. Thorin hatte die Augen geschlossen und seinen Kopf gesenkt und schnaufte hörbar laut. Er konnte nicht fassen, was er gerade gehört hatte. Die Elbin war den Tränen nahe, schon während sie die Wahrheit über die Umstände ihres Verschwindens gestand. » Verräterin«, murmelte der König unter dem Berge kaum hörbar.
» Mmmein König?«, stammelte Tauriel verunsichert und beugte sich leicht nach vorne, um den Zwerg besser verstehen zu können.
Thorin Steinhelm hob den Kopf, stand ruhig von seinem Stuhl auf und griff an seinen Gürtel. »Steh auf, Elbin.«, befahl er Tauriel, die sich umgehend erhob. Er erkannte, dass sie unbewaffnet war, allerdings einen Brustpanzer trug. Thorin ging einige Schritte auf Tauriel zu. » Ich sagte, du bist eine VERRÄTERIN!« Das letzte Wort schrie der König Tauriel ins Gesicht. Diese war völlig verwirrt und rang um Worte. »Nein, Thorin, es tut mir leid..«
»Es tut mir leid, Thorin«, äffte der Zwergenkönig die Elbin nach. »Ich bin es leid von Elben betrogen zu werden. Es wird endlich Zeit zurück zu schlagen.« Inzwischen kamen aufgrund der Lautstärke im Zelt einige Wachen des Königs hinein und erkundigten sich nach der Lage. König Thorin ignorierte sie, denn er hatte nur Augen für diese Elbin. »Ich vergebe dir, Tauriel, aber dazu musst du vor mir knien.«
Die Elbin war nach wie vor völlig verdutzt, folgte aber den Anweisungen Thorins und kniete sich vor ihn nieder.
»Sehr gut. Und jetzt erfährst du die Gnade der Zwerge.« Der alte König lachte laut auf, zog blitzschnell seinen Streithammer und holte trotz seiner Erschöpfung zu einem kräftigen Schlag aus. Tauriel bemerkte zu spät, was vor sich ging und befand sich in einer ungünstigen Position, so dass sie zwar versuchte aufzustehen, aber währenddessen traf sie der Streithammer mit voller Wucht auf der Brust. Der Schlag katapultiere sie fast aus dem Zelt hinaus. Thorin Steinhelm schrie und lachte laut, nachdem der Streithammer krachend sein Ziel fand...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 31, 2016 ⏰

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