Die Sonne schien heiß auf den Sand herab und ließ ihn rot erglühen. Nur mühsam schleppte sich die Karawane voran. So schaffen wir das nie, dachte der alte Mann und runzelte die Stirn. Er saß auf einem Lemak, ein pferdeartiges Reittier, dass die Wüsten Rhûns gewohnt war und so nahezu mühelos durch den Sand stapfte. Es war bereits ein Mond vergangen, seit dem der Tross Bar-Kâmad verlassen hatte. Einer der berittenen Krieger schloß zu dem alten Mann auf.
»Wanderer, wir müssen eine Pause einlegen.«
Die Gesichtszüge des Reiters wirkten versteinert. Sein Körper wippte im Takt der Schritte seines Reittiers. Er hatte rabenschwarzes Haar und olivdunkle Haut. Seine Arme waren von Muskeln umspannt. Die Berittenen trugen meist nur ein einfaches Lederhemd, das sie sowohl vor der Hitze als auch vor dem Feind schützen sollte. Eine gewöhnliche Rüstung aus Stahl würde die Beweglichkeit der Reiter stark einschränken und zudem würde man in so einer Rüstung von der Sonne gekocht werden. Ein langer Speer mit einer gezackten Spitze war die übliche Waffe der Berittenen, daneben steckte an jeder Seite der Rhûnari ein gekrümmter Dolch. Der Große Herr hatte dem alten Mann eine einhundert Mann starke Eskorte von Berittenen zur Verfügung gestellt.
»Sie werden Euch sicher an Euer Ziel geleiten, alter Wanderer«,versicherte der Große Herr am Tag ihrer Abreise. Allerdings hatte das Schicksal einen anderen Plan verfolgt . Bereits am ersten Tag ihrer Reise verloren sie drei Männer an die Berglöwen südwestlich von Bar- Kamâd. Nur wenige Tage später tranken einige der Krieger aus den verseuchten Brunnen und so brach eine entsetzliche Seuche im Lager aus. Inzwischen war die Eskorte der Diplomaten, zu denen neben dem alten Mann noch sieben Rhûnari angehörten, auf dreißig Krieger geschrumpft.
»Wir legen eine Pause ein, wenn wir diese verfluchte Wüste hinter uns gelassen haben, Hauptmann. Gibt es Berichte Eurer Vorhut? Die Dagorlad kann nur noch wenige Stunden Wegzeit entfernt sein.« Der Greis strich sich durch den Bart und überlegte.
»Wir hätten einen anderen Weg einschlagen sollen, am besten gen Norden und dann einen Schwung nach Südwesten«,gab der Hauptmann zu Bedenken.
»Und so hätten wir einen Umweg von tausenden Meilen gemacht und hätten frohen Mutes sein können, falls wir im nächsten Sommer die Grenzen Gondors erreicht hätten. Sprecht nicht so töricht daher, Hauptmann. Dieser Weg ist unser einziger Weg. Es gibt keinen direkteren.«
Der alte Wanderer sah den Missmut in dem Gesicht des Hauptmanns. Die Ostlinge waren ein wildes Volk, ehe König Elessar ihr Land nach dem Ringkrieg unterwarf und einen Protektor einsetzte. Sie waren es nicht gewöhnt sich unterzuordnen, allerdings war ihr Überlebenswille stärker. Ohne die Unterstützung Gondors wäre Rhûn nur noch karges Ödland und die Ostlinge längst alle dahin gerafft. Der alte Mann dachte oft zurück an den Tag seiner Ankunft im Osten. Dieser Tag war jedoch schon lange vergangen und so musste er sich auf die gegenwärtige Situation konzentrieren.
Die Kolonne erreichte einige Stunden darauf die Dagorlad, ein großer Landfleck, der an die Reiche Rhûn und Gondor, sowie das zerstörte Mordor grenzte. Dieses Ödland ist durch zahlreiche Kriege gezeichnet, dachte der alte Mann und ließ seinen Blick über die Landschaft schweifen. Das Gras war platt getreten und größtenteils bereits vertrocknet , nicht an einer einzigen Stelle stand ein Baum. Einst fand die größte Schlacht des Zweiten Zeitalters hier statt, als das Letzte Bündnis von Menschen und Elben dem Dunklen Herrscher Sauron entgegentrat. Tausende Männer und Pferde ließen auf diesem Schlachtfeld ihr Leben. Dieses Blutopfer sollte letztlich nicht vergebens sein.
Der alte Mann spannte die Zügel und brachte sein Reittier zum Stehen. »Hier werden wir heute Abend unser Lager aufschlagen. Hauptmann, gebt euren Männern Bescheid und sorgt dafür, dass die Zelte meiner edlen Begleiter aufgebaut werden. Und kümmert Euch um die Sänfte.« Wortlos ritt der Hauptmann davon, um die Befehle auszuführen. Die Sänfte wurde gerade von ihren Trägern abgesetzt und ihre Vorhänge wehten sanft im Wind hin und her.
Die Reiter sammelten Brennholz und so konnte der alte Mann ein Feuer entzünden, das sie in der Nacht vor Kälte und Dunkelheit schützen sollte. Nachdenklich blickte der Mann in die aufkeimende Flamme und dachte über den Plan nach. Es lagen noch zahlreiche Hindernisse vor ihnen und er konnte nicht sehen, ob sie ihr Ziel jemals sicher erreichen würden. Einige der Männer hatten sich bereits um das Lagerfeuer versammelt und aßen die Vorräte des trockenen Pferdefleischs aus Rhûn. Unweit des Lagerfeuers ließ der Hauptmann, dessen Name der alte Mann unglücklicherweise vergessen hatte, rund um das Lager Wachposten aufstellen. Selbst auf der Ebene könnten jederzeit wilde Tiere oder andere Wesen aus dem Schatten heraus angreifen. Dieses Risiko konnte die ohnehin stark dezimierte Kolonne nicht eingehen.
Der Hauptmann trat von hinten an den Wanderer heran und beugte sich zu ihm vor. » Sie möchte Euch in ihrer Sänfte sprechen, alter Mann. Sofort.«
Stirnrunzelnd erhob sich der Mann mit dem langen weißen Bart und begleitete den Hauptmann. » Wenn die Prinzessin es so wünscht«, erwiderte er dem Hauptmann.
Gemeinsam schritten sie zur Mitte des Lagers, wo die Träger die Sänfte abgestellt hatten. Sie stand unweit der Feuerstelle, dennoch kam es dem alten Mann nach dem harten Ritt wie eine lange Wanderung vor. Seine Knie schmerzten und sein linkes Bein fühlte sich taub an. Ich werde alt, dachte der Mann im Stillen.
Rings um die Sänfte hatten sich zehn Krieger postiert und hielten mit dem Schild in der Linken und dem Speer in der rechten Hand Wache. Die beiden Wachen vor dem Eingang der Sänfte traten sofort zur Seite, als sie ihren Hauptmann erblickten. Im Inneren der Sänfte flackerte ein kleines Kerzenlicht , das matt durch die Vorhänge schimmerte . Bereits als der Hauptmann die Vorhänge des Eingangs öffnete, schlug dem alten Mann ein starker Geruch nach Räucherstäbchen und Duftkerzen entgegen. In der Sänfte selbst war es gemütlich warm und behaglich eingerichtet. Große und kleine Polster waren über dem gesamten Boden verteilt. Am linken Ende der Sänfte saß eine junge Dame in zalhlose Decken gehüllt und kaute gerade an einem scheinbar zähen Stück Brot. Sie war klein und recht jung, dennoch sehr hübsch anzusehen. Ihr langes schwarzes Haar hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden, der ihr über die rechte Schulter hing. Als der alte Mann eintrat, mustertete das Mädchen ihn mit ihren kräftig blauen Augen. » Ihr wolltet mich sprechen, meine Prinzessin?«, fragte der Mann und verbeugte sich tief vor dem Mädchen. »Ja , setzt Euch zu mir «. Sie deutete mit der rechten Hand auf ein Kissen , das vor ihr lag und der alte Wanderer folgte der Aufforderung und setzte sich dankbar hin.
Für eine Weile herrschte Stille in der Sänfte, während die Prinzessin das Brot aß. Der alte Mann musterte sie aufmerksam und ertappte sich dabei, wie sein Blick auf ihren kleinen festen Brüsten , die sich unter ihrem prachtvollen Kleid aus golden-grüner Seide abzeichneten, verharrte. Sie ist ein reizvolles Mädchen trotz ihres jungen Alters von siebzehn Jahren, dachte sich der Wanderer.
Nachdem sie den letzten Bissen ihres Brots heruntergewürgt hatte, streckte sie kurz ihre Beine um die Taubheit zu vertreiben und blickte auf.
»Der Hauptmann sagte mir, es würde noch mehrere Wochen dauern bis wir die Weiße Stadt erreicht haben. Stimmt das, Alatar?« Sie sah ihn vorwurfsvoll an. Der alte Mann überlegte, wie er die Situation erklären sollte, ohne den Zorn der Prinzessin auf sich zu ziehen. Schließlich räusperte er sich. » Meine Prinzessin. Wie Ihr sicherlich festgestellt habt, hatten wir einige Schwierigkeit während unserer Reise..«
» Ich bekomme in diesem schwebenden Käfig aus Stoff und Seide überhaupt nichts mit! « , unterbrach das Mädchen ihn barsch. » Ich habe keine Lust mehr hier drin vor mich hin zu vegetieren. Gebt mir ein Reittier und lasst mich an Eurer Seite reiten, Alatar, ich flehe Euch an.« Eine kleine Träne löste sich aus ihrem Auge und kullerte ihr über die Wange.
Alatar schaute sie unerschüttert an. »Ihr kennt die Anweisungen Eures Vaters. Er hat Euch verboten diese Sänfte zu verlassen, ehe wir nicht die Hallen des Königs erreicht haben. Geduldet Euch noch ein wenig. Ihr wollt doch diese Mission nicht durch kindischen Leichtsinn gefährden , oder? « Der alte Mann wusste, dass er damit wohl zu weit gegangen war. Ihre Augen verengten sich und die Röte schoss ihr vor Wut ins Gesicht. » Hütet Eure Zunge, Zauberer, oder ich lasse sie Euch herausreißen!« , schrie die rhûnische Prinzessin dem alten Wanderer ins Gesicht. Wütend und traurig schlug sie sich die Hände vors Gesicht und vergrub es darin.
» Meine Prinzessin..«, stammelte Alatar,» ich wollte euch niemals verletzten, das müsst ihr mir glauben. Denkt doch nur an Euren Gemahl, der bereits sehnsüchtig in der Weißen Stadt auf Euch wartet. Diese Hochzeit ist von sehr großer Bedeutung für Rhûn und eine tote Braut würde den Untergang Rhûns bedeuten.«
Die Prinzessin antwortete nicht darauf und so fuhr Alatar fort. » Prinzessin Shayle, seid Ihr euch der Bedeutung Eurer Vermählung mit dem gondorianischen Prinzen bewusst? Ihr werdet eines Tages Königin sein und zwar die Königin eines mächtigen Territoriums bestehend aus Gondor, Arnor und Rhûn. Stellt Euch nur vor, wie gut es Euch in der Weißen Stadt gehen wird.« Das muss sie besänftigt haben, redete sich Alatar ein. Shayle hob langsam den Kopf und sah den alten Mann mit verheulten Augen an. »Ich..ich dachte es ginge um eine Heirat zwischen mir und einem Fürsten von Gondor. Wieso wurde ich über die wahren Absichten meines Vaters im Dunkeln gehalten ?« Und da ist er wieder, ihr flammender Zorn. Alatar machte eine beschwichtigende Geste mit seiner Hand. » Meine Prinzessin, Fürst Raz-Hizdah wollte Euch lediglich schützen. Umso weniger Personen von dem geheimen Abkommen wussten, desto sicherer würde unsere Reise werden. Ihr werdet das sicher verstehen.« Ihr heißblütiges Temperament hatte sie zweifelsohne von ihrem Vater geerbt und so konnte sie es zunächst nicht verstehen. Sie wandte sich von Alatar ab und zündete weitere Kerzen für die Nacht an.
Plötzlich vernahm der alte Mann Gebrüll, das aus Richtung der Feuerstelle kam. Prinzessin Shayle blickte ebenfalls verdutzt auf. »Nur keine Sorge , Prinzessin. Vermutlich streiten sich die Krieger mal wieder um einen Streifen Pferdefleisch. Ich sollte jetzt am besten gehen, damit ihr ruhen könnt. Zur Dämmerung müssen wir aufbrechen. Ich möchte nicht zu lange auf der Dagorlad verweilen. Gute Nacht, meine Prinzessin.«
» Ruht gut, mein Freund . Falls Ihr überhaupt ruhen könnt bei diesem Lärm da draußen. Weist den Hauptmann an diese Streiterei zu unterbinden. Hinaus jetzt.«
Der alte Wanderer tat wie ihm befohlen und erhob sich. Als er die Vorhänge zum Eingang zurückschlug , spürte er bereits die frische kalte Luft , die seine von Räucherstäbchen und Duftkerzen vernebelten Lungen wieder reinigte. Doch mit dem zweiten Atemzug schlug er die Augen auf und sah das Chaos , welches im Lager ausgebrochen war. Er war mitten in einen Kampf geraten. Was geht hier vor sich ? Die Soldaten um die Sänfte herum schrien wild durcheinander und hielten ihre Speere kampfbereit in senkrechter Position. Alatar ging wie benommen einige Schritte, allerdings peitschten ihm Flammen von den brennenden Zelten entgegen. Wir werden angegriffen , dachte der alte Mann entsetzt. Er war nie ein großer Krieger gewesen. Sein Handwerk war vor allem die Diplomatie und das Verhandeln. Plötzlich stolperte er , nachdem er einige Schritte in Richtung des Feuers hinter sich gebracht hatte und fiel vornüber in den Staub. Als er versuchte sich wieder aufzurichten , sah er weshalb er fiel. Neben ihm lag der Leichnam des Hauptmanns mit weit aufgerissenen Augen und mit zwei Pfeilen gespickt. Einer ragte aus der Brust, der andere aus dem Bauch heraus. Der alte Wanderer betrachtete die Pfeile eingehend. Es konnte unmöglich wahr sein. Vermutlich träumte er nur und würde jeden Moment erwachen . Alatar kam sich um hunderte Jahre gealtert vor. Ich sollte einfach liegen bleiben, dann denken die Angreifer zumindest, dass ich tot bin.
Das Geschrei und das Kampfgetöse um ihn herum schwillte zu einem grausamen Lied in seinen Ohren an und er hielt sich die Hände an den Kopf, um diese entsetzlichen Töne auszusperren. Steh schon auf , du alter Narr , flüsterte eine Stimme in seinem Kopf. Die Prinzessin. Du musst die Prinzessin schützen.Und urplötzlich besann sich Alatar wieder weshalb er zu dieser Zeit an diesem grausamen Ort war. Er erhob sich langsam, streifte sich den grauen Überwurf ab und griff unter seinen leuchtend blauen Mantel. » Sollen die Waldläufer Ithiliens erfahren, wie es sich anfühlt, wenn jemand meine Prinzessin angreift.«, sagte er zu sich selbst und hob seinen Dolch über den Kopf. Mit einem Zauberspruch auf den Lippen stürzte sich der Blaue Zauberer in den Kampf...So, das ist der Auftakt meiner Geschichte. Wenn euch gefallen hat, was ich geschrieben habe , dann hinterlasst mir gerne einen Kommentar! Natürlich auch bei Fragen, Kritik und Anregungen. Falls jemand einen Rechtschreibfehler findet , darf ihn behalten ;D
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Der Neue Schatten- Eine Herr der Ringe Story
Fanfic" Sieg! Wir haben gesiegt!" Frenetisch bejubeln die Freien Völker Mittelerdes die Vernichtung des Dunklen Herrschers. Nachdem unter König Elessar Telcontar auch mit den wilden Völkern Harads Frieden geschlossen wurde, herrschte in Mittelerde für lan...