Was vom Sommer übrig bleibt

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Was vom Sommer übrig bleibt, ist nicht viel in diesem Jahr.

Was vom Sommer übrig bleibt, sind die Erinnerungen. Die Erinnerungen an den Spaß, an das Lachen, an die Freude über ihre sechswöchige Freiheit, an die Sonnenwärme auf ihrer Haut, an das Gefühl des Grases unter ihren nackten Füßen und an den Geschmack seiner Lippen auf ihren. Die Erinnerungen an den großen Streit, an den großen Schmerz und an das große Nichts.

Was vom Sommer übrig bleibt, sind die Narben. Die kleinen Narben und die großen, die äußerlichen und die in ihrem Herzen. Die kleine Narbe an ihrer Ferse, vom großen Streit, als sie voller Wut die Treppe in seinem Haus hinunterstürmte und sich die Hacke an einer Stufe aufschrammte. Die kleine Narbe in ihrem Herzen, vom großen Schmerz, von den zwei Wochen nachdem er ihr sagte, dass es vorbei sei. Die Narben auf ihren Händen, ihren Armen, ihrem Gesicht und ihrem Rücken, vom großen Knall, von dem Moment, als sie erst das Auto auf sich zukommen sah, dann den Schmerz spürte, dann nichts mehr. Die große Narbe in ihremHerzen, die noch am verheilen ist, vom großen Nichts, vom Loch, das in ihrem Inneren gerissen wurde, als man ihr sagte, dass die anderen tot seien, alle drei, und sie als Einzige noch da sei.

Was vom Sommer übrig bleibt, ist nicht viel in diesem Jahr, wirklich nicht.

Was vom Sommer übrig bleibt, sind die Scherben ihres alten Lebens. Doch vielleicht kann sie daraus ein neues zusammensetzen.


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