Kapitel 5 Teil 2

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Die nächsten Tage flossen vorbei in einem Gewirr aus Einschmeichelungen und Unterrichtsstunden für die bevorstehende Zeremonie, inzwischen blieb ihm nur noch eine Woche bis zu seiner Krönung.

Er hatte das Gefühl gerade erst die Augen geschlossen zu haben, da wurde er auch schon aus dem Bett gerissen, von allen Seiten strömte wieder der Adel auf ihn zu und wollte diese und jenes. Doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab und er konnte sich kaum auf etwas konzentrieren, also schlich er sich bei der nächsten Gelegenheit fort. Er wusste das sie ihn innerhalb des Schlosses rasch wieder aufspüren würden, deshalb beschloss er einer seiner Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen, die Jagd!

Auf dem Weg zu den Ställen lief er über die Schleichwege der Bediensteten, hier wuselten die Diener nur so durcheinander, Männer und Frauen gingen ihren alltäglichen Beschäftigungen nach, da fiel ihm etwas ein und er stoppte einen Diener und schickte diesen dann mit einer Nachricht los, dann eilte er weiter. Die Ställe waren nach dem Trainingsbereich einer seiner Lieblingsorte, hier war es ruhiger und die Luft war erfüllt vom Rascheln und Schnauben der vielen verschiedenen Pferde. Die Pferdezucht des Königs war im ganzen Land bekannt, die Ställe fassten gut und gern an die dreihundert Tiere, annähernd zweihundert Boxen waren besetzt von Stuten und ihren Fohlen und einigen Hengsten. Im hinteren Teil standen die privaten Pferde darunter auch Saphir, er war sein Lieblingstier, ein fuchsfarbener Hengst von stattlicher Größe und einem gewissen Maß von Wildheit. Er führte ihn hinaus und begann ihn dann zu Satteln und zu Zäumen, so etwas machte er immer selber, plötzlich schlug ihm jemand auf die Schulter. „Also auf die Jagd geht es? Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht!“ er drehte sich um und gewahrte Morragh der ihn grinsend ansah „Ich bin so schnell wie es mir möglich war herbeigeeilt, euer Hoheit.“ sagte er und machte eine spöttische Verbeugung „Dein Bote schien ein wenig genervt.“ Ronan lächelte „Los hole dein Ross, wir wollen aufbrechen bevor die Schmeichelnde Schar mich aufspürt!“ Morragh lief sofort los „Ich eile, ich fliege!“ und schon hörte Ronan nur noch sein Lachen hinter ihm her schallen, er wandte sich wieder seinem eigenen Pferd zu und machte es fertig.

Endlich ritten sie los, auf der Suche nach ihrer Lieblingsbeute hielten sie sich in Richtung der Steppen die zwischen ihnen und der Wüste lagen. Doch heute schien ihnen das Glück nicht hold, keine Raubkatze wagte sich auch nur in Blickweite, es war als hätten sie gewusst das die beiden sie suchten. Der Tag war klar aber eisig kalt, der Atem bildete Wolken vor ihren Mündern und schließlich beschlossen sie zurück zu kehren.

Trotz der missglückten Jagd hatten beide die kostbare Zeit genossen die sie zusammen verbringen konnten, sie sahen sich selten genug und so war jeder Moment eine Freude. Auch am Abend saßen sie noch lange zusammen, wieder mit den Zwillingen und unterhielten sich über dies und jenes, es wurde eine lange Nacht und erschöpft gingen sie dann alle zu Bett.

Sie wachte früh auf, warum wusste sie nicht, alles war still noch nicht einmal die Wachen unterhielten sich. Doch dann merkte sie warum sie aufgewacht war, die Stille war merkwürdig, kein Wind zog in die kleine Zelle...kein Wind, das war es, rasch stand Jade auf und ging zum Fenster, als sie die Decken runter nahm spürte sie die eisige Kälte und so nahm sie diese wieder aus, dann spähte sie aus dem Fenster und musste geblendet die Augen schließen. Über Nacht hatte es endlich geschneit und so ruhte die Welt unter einer weißen Schicht, sie freute sich denn sie liebte Schnee, doch dann fiel ihr ihre Gefangenschaft wieder ein, sie konnte noch nicht einmal raus um den Schnee zu genießen, sondern musste hier in dieser öden Zelle sein.

Vom Fenster aus sah man kaum etwas anderes als die steilen Felsen und das Meer, die Kerker waren so gebaut das sie ganz oben an der Steilwand des Königsberg lagen, sodass auch niemand nur daran dachte auszubrechen, die Wand führte viele Meter in die Tiefe. Wenn man von hier aus Schreien würde könnten das höchstens die Wachen hören.

Sehnsüchtig betrachtete Jade die weiße Welt, das Meer und den weiten Himmel und wie sie so aus dem Fenster sah fiel ihr ein Vogel auf der auf das Schloss zu flog. Er fiel ihr deshalb auf, weil es sich um einen Zugvogel handelte, der schon lange in Richtung Süden hätte fliegen müssen, doch er war hier und kam immer näher. Jetzt setzte er zum Landeanflug an und landete schließlich direkt vor Jades Nase, dann lief er zwischen den Gitterstäben hindurch, die magische Barriere war nur gegen Menschen und andere magische Wesen, nicht gegen Tiere. Verblüfft schaute sie ihn an, dann flüsterte sie leise damit die Wachen es nicht hörten „Was machst du denn hier? Müsstest du nicht schon längst im Süden sein?“ der Vogel schien zu lächeln „Ich gehöre zu dem kleinen Zweibeiner, dem mit dem vielen Haaren im Gesicht, du kennst ihn“ zwitscherte dieser als Antwort, auch Jade lächelte jetzt, natürlich der Vogel kam von Altmeister Eoghan! „Bist du das Zeichen?“ flüsterte sie, der Vogel zuckte mit dem Kopf „Ja, ich soll dir eine Nachricht ausrichten: Wehre dich nicht gegen das, was als nächstes mit dir geschieht. Es wird ein wenig schmerzen, doch dann wirst du frei kommen können, wenn die Schmerzen anfangen rufe die Wachen! Das ist alles.“ damit machte der Vogel kehrt und lief zwischen den Gitterstäben durch zurück nach draußen. „Warte, was soll das bedeuten?“ rief sie so leise wie möglich, er schaute sie noch einmal an „Das wirst du sehen!“ dann startete er und flog hinaus in den klaren Himmel, sehnsüchtig schaute Jade ihm nach und dann wartete sie.

Er hatte alles vorbereitet, heute konnten sie Jade endlich hinaus helfen, er wusste das bis dahin noch niemand ihr etwas angetan hatte, doch spätestens nach der Krönung würde jemand nach ihr sehen und dann konnte er ihr nicht mehr helfen. Also musste er sie jetzt hinaus holen, denn so kurz vor der Zeremonie konnten sie niemanden entbehren um sie zu suchen, die Wachen wurden benötigt um das bis zum bersten gefüllte Schloss zu beaufsichtigen.

Die Illusionen waren bereit, Mariam, Lukes und Beppo auch, sie alle wollten helfen, denn allen lag etwas an Jade, auch hatte keiner von ihnen etwas gegen Götterhände. Er hoffte das alles gut laufen würde und so traf er nun die letzten Vorbereitungen. Er reichte Mariam zwei Säcke, gefüllt mit Nahrung und allem anderen was sie zum überleben benötigen würden, sie sollten direkt von hier weg ziehen wenn Jade frei wäre. Jades Sack hatte er mithilfe eines Suchzaubers in dem Labyrinth gefunden und Jades Mantel hatten sie aus ihrer Truhe geholt, genau wie alle anderen ihrer Habseligkeiten. Und so machten sie sich auf den Weg.

Mariam ging zu einem verabredeten Punkt bei einem der Ausgänge der Dienerschaft, Beppo und Eoghan liefen in die Nähe der Zellen.

Lukes ging um die Mahlzeiten für die Gefangenen zu holen, er brachte diese immer runter zu den Zellen und holte sie wieder dort ab und jede Woche einmal ging er nachdem die Gefangenen fertig waren mit ihrer Mahlzeit, hinein um die Zellen zu säubern, dies musste er Heute wieder tun, doch das war nur wichtig um die Spuren später zu entfernen. Als alle Insassen ihre Mahlzeit hatten ging er wieder nach oben, dabei kam er an Eoghan und Beppo vorbei, die so taten als ob sie sich angeregt unterhielten und nickte ihnen leicht zu, dann lief er pfeifend weiter, hinter einer Ecke setzte er sich auf eine Bank in einer Nische und wartete auf sein Zeichen.

Götterhand - Der Thron von PoeiraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt