2. Kapitel

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Sherlock Holmes saß in seinem Sessel und hatte die Augen geschlossen.Die Wirkung der Nikotinpflaster und des Kokains war heftig und wohltuend und die Trance, in die sie ihn versetzte, hielt lange an. So lange bis Mrs. Hudson eintrat und eine Kanne Tee auf seinen Tisch stellte. „Holmes?" Ihre Stimme schien weit entfernt und dumpf. Seine Gedanken wirbelten umher und die Räume verschwammen vor ihm. Er schlug die Augen auf. „Mrs. Hudson, stören Sie mich nicht, wenn Sie keine wichtigen Informationen für mich haben! Haben Sie Watson gesehen?" Seine Stimme bebte und seine Gesichtszüge verhärteten sich. Mrs. Hudson sah ziemlich schockiert drein und bemerkte dann wohl die Nikotinpflaster auf Holmes' Arm. „Sherlock, Sie sollten doch damit aufhören. Der gute Dr. Watson hat Ihnen ausdrücklich untersagt, zu rauchen, Nikotinpflaster oder sonst irgendwelche Drogen zu nehmen. Vertrauen Sie ihm! Und nein, ich habe ihn nicht gesehen. Hier ist Ihr Tee!" Damit rauschte sie aus der Wohnung und Sherlock stand mitten im Raum, stumm. Sein Blick war leer und sein Gedanken verschwommen. Der Anfall der Wut kam so plötzlich, dass er sich ruckartig die Nikotinpflaster vom Arm riss, sie durch die Wohnung schleuderte und schließlich den Schädel vom Kaminsims stieß und ihn mit einem kräftigen Fußtritt in den Flur beförderte.Doch so plötzlich und unvermittelt der Anfall gekommen war, so blitzartig verschwand er wieder. Sherlock war die Ruhe in Person, sein Blick wurde kalt und ausdruckslos und er bückte sich, den Schädel aufzuheben und ihn wieder auf das Kaminsims zu stellen. Schließlich räumte er seinen gesamten Drogenvorrat aus und schmiss ihn aus dem Fenster. Die vernünftigste Tat seines Lebens –meiner Meinung nach. Er griff nach seinem Mobiltelefon und tippte: „Wo sind Sie, Watson? SH" Lange erhielt er keine Antwort. Er nahm seine Geige und begann, eine Melodie zu spielen, die ihm in den Sinn kam. Er war so vertieft in sein Spiel, dass er von seinem eigenen Klingelton aufgeschreckt wurde. „Finden Sie mich, Holmes! JW", stand auf dem Display und Sherlock las die Nachricht zweimal. Ausrufezeichen, Rätsel. Nicht Watson. „Wer sind Sie?SH", schickte er nun ab und erhoffte sich Hinweise auf meine Position. „Sie kennen mich. Suchen Sie mich dort wo Watsons Vergangenheit begraben liegt"Diese Nachricht war die letzte, die Holmes erhielt und er musste mich finden. Watsons Vergangenheit: Armee, Militär.Militärstation? Schlachtfeld? Afghanistan? Begraben: Todesdrohung. Er würde nicht viel Zeit haben. Afghanistan schloss er aus – zu weit weg. Schlachtfelder gab es selten in der Umgebung Londons, zumindest keine freien mehr. Meist standen dort Fabriken oder es wurden Wohngebiete errichtet.Militärkrankenhaus erschien ihm zunächst logisch, davon gab es drei in London. Er sprang auf. „Watson arbeitete im St. Regis Hospital und im Maryland Hospital, eines von beiden muss es sein!", murmelte er und zog seinen Mantel an. „Ich suche Dr. Watson!", rief er, als er die Treppe hinunter hastete und Mrs. Hudson beinahe herunter gestoßen hätte. „Gut, gut!", sagte sie und schüttelte den Kopf. „Was Sie doch alles für ihn tun, Sherlock." Sie blickte ihm nach. Holmes nahm sich ein Taxi und fuhr Richtung Downtown zum St. Regis Hospital. Dort stand er und blickte sich um. Wo sollte man einen entführten Doctor verstecken und festhalten? Abstellkammer?Zu viel Betrieb. Keller? Zu wenig Platz. Büro? Zu offen, zu viele Fluchtmöglichkeiten. Leichenschauhaus? Wenig Betrieb, kalt, dunkel, keine Fenster. Perfekt. Er ging hinein und wollte gerade die Tür zum Leichenschauhaus öffnen, als eine Stimme ihn unterbrach. „Entschuldigen Sie,Sir? Das Schauhaus wird restauriert, hier ist kein Zutritt." Eine freundliche junge Dame stand hinter ihm und lächelte ihn an. „Was wollen Sie überhaupt dort?" Hilfsärztin, etwa 30 Jahre,Ehering also verheiratet, schmales Becken also keine Kinder, leichte O-Beine,gerader Rücken... Reiterin. „Mein Freund ist vom Pferd gestürzt, ich sollte ihn identifizieren. Offenbar wurde er verlegt. Vielen Dank für Ihre Hilfe!",entgegnete er und versuchte, traurig auszusehen. „Vom Pferd? Oh, das ist ja furchtbar. Ich reite auch, wissen Sie?" Sherlock hatte erwartet, dass sie darauf eingehen würde und so konnte er sie ablenken um heimlich einen Blick durch das Fenster in der Tür zu werfen. Tatsächlich war dort alles leer und auch keine Anzeichen von einem entführten Dr. John Watson.

Neuer alter Feind // johnlockWo Geschichten leben. Entdecke jetzt