-DREIßIG-

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*Ein paar Monate später*

Louis POV

Ehe ich mich versehe ist es schon Hochsommer. Kinder rasen mit ihren Skateboards an mir vorbei, während ich Barfuss mit einem Waffeleis in der Hand in der Gegend herum laufe. Ich probiere genüsslich am Schokoladen Eis und drehe mich grinsend zu meinem besten Freund Niall herum. Sein Haare sind durch die Sonne um ein paar Nuancen heller geworden, genauso wie bei mir. Meine Haut hat auch etwas Farbe bekommen. In der Schule bin ich überraschend gut geworden und ich lächle um einiges mehr. Ich habe meine Klasse bestanden und genieße meine Ferien. Mein Vater wurde befördert und meine Mutter arbeitet, seit meiner Lebensbesserung, etwas mehr. Das ist aber kein Problem für mich, da ich fast jeden Tag mit meinen Freunden etwas unternehme. Was noch so alles passiert ist? Luke hat sich endlich an seinen Eiern gepackt und ist nun seit wenigen Wochen mit Nina zusammen. Toll, oder? Niall hingegen versucht, bis jetzt ohne Erfolg, sich bei seiner Exfreundin zu entschuldigen, aber er scheint von Tag zu Tag über sie hinweg zu kommen. Oder auch nicht. Calum lebt sein Singleleben und scheint sehr zufrieden zu sein. Was da genau zwischen Michael und Julia abläuft kann ich leider nicht sagen, da ich es selber kaum mitbekomme, nur durch Nialls Erzählungen. Naja, genug von den Beziehungen meiner Freunde. Während alle um mich herum ein schönes Leben führen, verkriecht sich Harry in einem Loch. Seit seinem Zusammenbruch redet er kaum. Seine Freunde und ich haben versucht zu ihm hindurch zu kommen, aber er schließt sich immer mehr ein. Ich sehe ihn kaum, obwohl ich mir große Sorgen mache. Nicht einmal seine Mutter oder Schwester konnten ihm helfen. Wir haben versucht ihm zu einem Therapeuten zu schicken, doch er weigert sich. Er blockt seine Familie und Freunde ab, aber vor allem mich. Es bricht mir das Herz von Tag zu Tag wenn er mich zurückweist. Ich will ihm helfen, so wie er mir geholfen hat, doch er lässt es nicht zu. Einmal bin ich vor seiner Haustüre eingeschlafen, als er mich wieder abwies. Aufgewacht bin ich mit einem Kissen und einer Decke, aber ohne ihn. Ich weiß nicht einmal mehr ob wir noch zusammen sind. Ich habe ihm gesagt wie sehr ich ihn liebe und nicht ohne ihn leben kann.

"Du bedeutest mir genau so viel"

Der letzte Satz den ich von ihm seit zwei Wochen zuhören bekam. Er hat sogar seine Konditorschule aufgegeben und in der Bäckerei ist er auch nicht mehr erschienen. Alles nur weil seine Vergangenheit ihn eingeholt hat. Er versteht einfach nicht, dass er in der Gegenwart leben sollte. Mein Engel. Ein ungutes Gefühl macht sich in meiner Magengegend breit. Ihm geht es so schlecht und ich lasse mich gut fühlen. Ich empfinde Schuld, ich meine ich habe sehr viel an meine Freunde gedacht, anstatt an ihn. Schnell lasse ich entschuldigend einen verwirrten Niall zurück und renne los. Ich renne so schnell, dass meine nackten Füße anfangen zu brennen und mein Eis zu schmelzen beginnt. Ich renne los zu dem Mann den ich liebe und mein Herz geschenkt habe. Ich muss ihn wieder auf die Beine bringen, so wie er es bei mir gemacht hatte. Schwitzend durch die halbe Stadt gerannt, bleibe ich vor dem kleinen Häuschen stehen. Ich habe das Gefühl, dass es hier etwas grauer und düster aussieht als sonst. Die Rollos sind runtergerollt und die kleinen Pflanzen im Vorgarten sind vertrocknet. Der Briefkasten quellt schon über und es sieht so unbewohnt aus. Vorsichtig nähere ich mich und betätige die Klingel. Stille, absolute Stille.

"Harry?" rufe ich laut, doch nichts bewegt sich. Ein kalter Schauer läuft mich über den Rücken. Meine Knie fangen an zu zittern. Er hat doch nicht...? Ich schmeiße die Waffel weg und renne einmal ums Haus herum. Kein Lebenszeichen. Nix. Meine Lippe beginnt zu beben und Tränen bannen sich den Weg über mein Gesicht. Ich haue gegen alle Rollläden. Vielleicht schläft er ja? Hoffnungsvoll beginne ich weiter zu hämmern, bis ich zu Boden sinke. Was habe ich getan? Ich schreie in meine Knie hinein. Ich habe nur an mich gedacht und jetzt liege ich hier und bete zu Gott, dass er nicht tot ist. Er darf nicht tot sein! Schlimme Szenarien spielen sich in meinem Kopf ab, so dass ich nur lauter schreien und schluchzen muss. Mein Engel kann nicht weg sein! Nicht jetzt und auch nicht so. Wir haben eine Liebesgeschichte und die kann nicht mit seinem Tot enden. Ich spüre wie mein Herz in kleine Teile zerbricht. Es fühlt sich an als ob mir die Luft wegbleibt und die ganze Welt zum stillstand gebracht worden ist.

Völlig in Gedanken bemerke ich gar nicht wie sich zwei dünne Arme um mich schließen. Wie ich an einen viel zu dünnen Körper gepresst werde. Doch genau das fühlt sich so vertraut an. Es fühlt sich an wie zu Hause. So geborgen, warm und voller liebe.

"Harry?" frage ich zitternd nach, während ich in ein blasses Gesicht und zwei trübe grüne Augen schaue. Trockene Mundwinkel die sich leicht nach oben heben, als ich meine Lippen schluchzend auf diese pressen. Ist das ein Traum oder Realität?

The Boys Who Cried Suicide (l.s German au) #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt