»trust«

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Musik war so machtvoll und sagte mehr als ich jemals in meinem Leben aufschreiben konnte, mehr, als ich jemals denken oder gar sagen konnte. Insgeheim hoffte ich deshalb dass sie es hörten. Dass die ganze Welt es hörte. Dass die ganze Welt meine Stimme hört - wie sie von innen heraus schreit.


langsam machte ich mich wieder auf den weg zurück in die geschmückte Sporthalle.

»Page!« rief Sam auf einmal und kam auf mich zu »sag mal-«

Hannah schnitt sie ab »Deine Stimme ist so wunderschön!« Ich sah sie verwirrt an. Hatte jemand was in die Bowle getan?

»Du verwirrst sie, Dussel« sagte Josh der zusammen mit Beth zu uns kam.

»Ich glaube unser Nerd hat dich im Musiksaal gesehen. ...« Beth schien noch etwas sagen zu wollen.

»Was Beth sagen will« begann Sam.

»Chris hat sich über sein Handy und das Schul-WLAN im Beamer hier in der Sporthalle eingeloggt und hat dann, naja, dich beim singen live übertragen.« erklärte Josh unverblümt - als hätte er das Pflaster einfach abgerissen - ohne Vorwarnung.

Auf einmal sammelten sich immer mehr Augenpaare auf mir. Immer mehr Leute sahen rüber, begannen zu murmeln.

Ich wurde nervös. Die Welt um mich herum wurde dumpf, Stimmen verschmolzen zu einem Meer - bloß noch raunen und rauschen. ich wollte einfach verschwinden... und das tat ich auch.

Verwirrt rannte ich zu meinem Auto, wobei ich fast stolperte und fiel. Wut, Trauer und verzweifelte Fluchtwünsche mischten sich in mir. Bevor ich einfach daraufhin los fuhr riss ich mir die hohen Hacken von den pochenden Füßen. Ich verfluchte mich für meinen eigenen geheimen Wunsch der dann doch ungewollter weise in Erfüllung ging und wollte mir dafür den Kopf einschlagen. Ich verfluchte mich dafür, dass ich nie wusste, was ich wollte und was nicht.

Die Lichter zogen nur so an mir vorbei als ich durch die Nacht raste. Alles verschwamm mit der steigenden Geschwindigkeit und der wachsenden Unsicherheit in mir. Ich bekam fast Panik, als ich die Geschwindigkeitsanzeige betrachtete und ließ vom Gas ab - es zog mich aus meinen Gedanken zurück ins hier und jetzt.

Zuhause stürmte ich die Treppe hinauf, mein Vater schien nicht da zu sein - zumindest war es sein Auto nicht hier - also war es egal, wie laut ich war. Ich riss meine Tür auf und ließ mich auf mein Bett sacken. Jetzt wusste ich nichtmehr so recht, was ich tun sollte. In meinem Kopf wütete es, Gedanken flogen umher, meine Migräne kam zurück. Was ich jetzt brauchte war etwas ruhe - ich legte Musik auf, um mich abzulenken.

Kellin Quinn begann zu singen, als ich mich zurück auf mein Bett legte, nur um eine gefühlte halbe Stunde später zu realisieren, dass ich in diesem unbequemen Kleid auf keinen Fall schlafen konnte.

Ich stand ein letztes mal auf und stellte mich vor meinen Spiegel. Kurz suchte ich nach dem Reisverschluss meines Kleides als ich plötzlich ein Klopfen hörte - ein klopfen auf Fensterglas. Mein Kopf fuhr herum und sah in meinem Fenster "Josh?" ich öffnete ihm "Bist du etwa das Efeu-Gitter hoch geklettert?" fragte ich geschockt aber mit ruhiger Stimme.

"Ja" gerade als ich ihn fragen wollte, warum er nicht klingelte antwortete er, als hätte er meine Gedanken gelesen "Ich wollte nicht klingeln, weil ich angst hatte, dein Dad wäre hier und deshalb hab ich dir geschrieben. Ich hab bestimmt ewig auf eine Antwort gewartet und bin dann einfach hinters Haus... den Rest kennst du ja."

Ich nickte es einfach stumm ab und überlegte, ob es so gut wäre, mich jetzt einfach weiter auszuziehen, als ich bemerkte, wie ich mich an mein halb offenes Kleid klammerte. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte fragte er: "Wieso bist du weggerannt?"

Until I met him - Until Dawn - Chris ; JoshWo Geschichten leben. Entdecke jetzt