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Während der Fahrt habe ich aus dem Fenster gestarrt und gehofft, dass der Doc nicht allzu weit weg ist. Mittlerweile ist meine Hand dick geworden und bei der kleinsten Bewegung muss ich aufseufzen.

„Wir sind da, hältst du es noch aus?", „Ja, danke fürs Fahren". Als ich gerade aussteigen will, greift er nach meiner Hand. Seine warmen Finger umfassen mein Handgelenk und mir wird ganz schummerig. „Vergiss nicht, ruf mich nachher an, um dich abzuholen. Das ist unser Deal". Ich kann sein Gesicht nicht sehen, aber ich weiß, als ich „Jaja" sage, das er lächelt. Ich stehe noch kurz da und schaue seinem Ford nach. Dann gehe ich rein. Das Gebäude ist nicht sehr groß und ich hätte es auf den ersten Blick für ein einfaches Haus gehalten. Nach fast eineinhalb Stunden Wartezeit , komme ich endlich dran. Außer, dass die Bänder leicht überdehnt sind ist es nichts Ernstes und ich kann nach fünfzehn Minuten wieder raus. Als ich auf dem Parkplatz vor dem Haus ankomme, merke ich, dass ich die Nummer von Eric gar nicht besitze. Noch nicht einmal von Cat. Klasse, jetzt kann ich laufen und ich weiß nicht wo lang. Ich irre mindestens eine halbe Stunde herum, bis mir jemand eine ordentliche Wegbeschreibung zum Campus gibt. Also marschiere ich los. Was mache ich, wenn Eric jetzt an der Praxis auftaucht und auf mich wartet? Ich bin hin und hergerissen, ob ich umkehren soll oder nicht. Schließlich gehe ich weiter und erreiche nach ca. zehn Minuten den Campus. Als ich in mein Zimmer komme, überfällt mich eine Erkenntnis. Lavendel. Eric. Er riecht nach Lavendel. Sein ganzes Auto wird von diesem Geruch erfüllt.

Doch meine Tagträume halten nicht lange an, da mein Handy vibriert. Hey, kann ich deine Nummer Eric geben? Er wollte sie unbedingt? LG Cat. Woher hat Cat meine Nummer? Da muss ich sie gleich mal fragen, aber bevor ich das tue, muss ich Eric das ganze erklären. Also texte ich so schnell ich kann Ja, danke!

Wofür das „Danke" war weiß ich selbst nicht, aber in mir löst sich ein Stein vom Herzen. Keine zwei Minuten vergehen und auf meinem Display erscheint eine fremde Nummer. Das muss er sein! Hallo Alexandra! Das mit den Nummern hatte ich nicht bedacht. Wo bist du? Ich suche überall nach dir, nachdem du nicht mehr an der Praxis warst? LG Eric. Mein Herz macht einen Sprung und ich kann es nicht erwarten, ihm zu antworten. Hi, mir tut es leid, dass ich gegangen bin. Ich bin mittlerweile wieder am Campus. LG Alexa. Ich lege das Handy zur Seite und fange an, meine Bücher für morgen einzupacken. Da es jetzt eh schon Mittag ist, sehe ich keinen Sinn darin, noch in ein Seminar zu gehen. Leider kann ich die Bücher nicht lange halten und mir fällt eins nach dem anderen wieder runter, bevor es überhaupt in der Tasche verschwunden ist. Nach über fünf Versuchen gebe ich es auf. Ich setze mich auf mein Bett und schaue auf mein Display. Eine Nachricht von Eric. Beim öffnen fällt mir auf, das er noch in derselben Minute geantwortet hat, als ich ihm geschrieben hatte. Ich komme zu dir. Ein leichtes kribbeln steigt in meinem Bauch auf. Aber aus irgendeinem Grund vermischt es sich mit einem Hauch von Wut. Wieso behandelt er mich wie sein Kind? Ich komme gut allein zurecht.

Nach nur zehn Minuten, klopft es an der Tür. Noch bevor ich antworten kann, kommt er herein geplatzt. „Hey, da bin ich", sein keuchen verrät mir, dass er die letzen Meter gerannt sein muss. Etwas irritiert von dem keuchen sage ich „Also gut, Ich wollte gerade meine Sachen für morgen packen..." und deute dabei auf meine Tasche und den Stapel verstreuter Bücher daneben. „Warte ich pack sie ein für dich" und ehe ich mich versehen kann, stürmt er auf die Bücher zu und stopft sie in die Tasche. Jetzt reicht es mir langsam, er tut so, als würde ich nichts alleine hinbekommen. „Danke und jetzt geh" sage ich mit gesenkter Stimme. Eric fährt herum und das einzige was ich höre ist ein flüstern, „Wie bitte?". War ich zu hart zu ihm? -Nein, der Typ macht das nur aus Mitleid- beantwortet meine innere Stimme meine Unsicherheit. „Du sollst gehen. Du behandelst mich, als würde ich ohne dich nicht überleben. Scheiße, ich kenn dich ja noch nicht mal!" , ich schreie nun fast. Mit seiner Reaktion, rechne ich jedoch überhaupt nicht. „Fuck! Weißt du was?! Das alles war Cat's Idee. Sie wollte das ich auf dich Acht gebe, weil sie nicht kann, weil sie ständig auf Partys ist. Und genau Das , werde ich ab sofort auch tun. Mach's gut Alexa!". In mir brodelt es, aber ich weiß, dass es bei ihm nicht anders sein wird. Irgendwie möchte ich noch etwas sagen, aber das einzige was mir einfällt ist „Alexandra!". Mit meinen letzten Worten knallt die Tür zu und das Zimmer wird von Stille erfüllt. Den restlichen Tag verkrieche ich mich unter meiner Bettdecke und lese noch einmal den Chatverlauf zwischen Eric und mir. Unglaublich, er ist wunderschön und ich weiß nicht was es ist, aber ich will mit ihm nochmal Zeit verbringen. Auch wenn ich ihn anmeckere, weil er mich wie ein Kind behandelt.

Ich habe in meiner alten Schule nicht viele Jungs gemocht, weil sie alle nicht wirklich hübsch waren. Trotzdem war ich in der dritten mit einem Marc zusammen und in der achten mit einem Jason. Es war nie was ernstes, aber dadurch habe ich mich immer etwas besonderer als die anderen gefühlt. Was Eric wohl gerade macht? Ich beschließe ihm zu schreiben und danach zu schlafen, damit ich morgen etwas eher aufstehen kann wenn die Duschen noch nicht alle besetzt sind. Das mit eben tut mir Leid. Bist du noch sauer?. Ich hoffe sehr, dass er wie heute Mittag gleich zurück schreibt, aber das tut er nicht. Ich stelle mein Handy auf stumm und während ich versuche einzuschlafen, kullern mir Tränen über die Wangen.


Before LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt