Part 4

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Pandoras POV:

12 Jahre später

Ich wandte mich in Krämpfen auf meinem Bett. Wie ich es hasste, wenn meine Tage vor der Tür standen. Wie gern wäre ich zu meiner Mutter gegangen, doch sie gab gerade ihre Unterrichtsstunden. Nur noch ein paar Stunden, versuchte ich mir einzureden, doch es half nicht. Als ich dann auch noch ins Bad rannte und mich übergab, konnte ich nicht länger warten.

Ich schleppte mich zur Tür und lief den langen Gang entlang zu den Unterrichtsräumen meiner Mutter.

Im Vorbeigehen kamen mir einige Angestellte entgegen und ich rappelte mich zu einem Lächeln auf. »Geht es Euch gut, Hoheit?«, fragte mich eine besorgte Frau und blieb stehen, bevor sie sich verbeugte. »Bitte, Ihr müsst das nicht tun«, erklärte ich ihr. Ich vermutete, dass sie neu war. Es war bei uns nicht üblich, dass sich unser Personal vor uns verbeugte. »Verzeiht, Hoheit. Kann ich irgendetwas für Euch tun?« Dankend schüttelte ich den Kopf und lief weiter, die Hand weiterhin auf meinen Bauch gepresst.

Von allen Seiten starrten mich die Gemälde von Königen und Königinnen an. Nur waren es immer die gleichen zwei Personen. Meine Eltern. Ich hatte sie schon einmal gefragt, warum sie sich selbst an der Wand hängen hatten. In all den prächtigen Kleidern. Obwohl ich sagen musste, dass meine Eltern immer gut ausgesehen haben. Meine Mutter mit ihrem wunderschönen, langen blonden Haar und mein Vater mit seinen Locken. Sie waren wie für einander geschaffen.

Ich wurde aus meiner Bewunderung gerissen, als sich mein Unterleib wieder schmerzhaft zusammen zog. Den nächsten Gang musste ich noch schaffen, dann war ich da.

Ich klopfte zaghaft an die Tür und öffnete sie. Der Unterrichtssaal war voller Jugendlicher, die mich alle anschauten, als wäre ich ein Auto.

»Tut mir leid für die Unterbrechung, Mama, aber hast du was gegen ...«, ich ließ den Satz in der Luft hängen. Sie wusste schon was ich meinte. Hoffentlich. Es wäre mir ziemlich peinlich gewesen, wenn sie nachgefragt hätte.

Anstatt sich jedoch mir zuzuwenden, sah sie in die Reihen der Schüler vor sich. »Hat jemand einen Vorschlag, wie wir meiner Tochter helfen können?«

Die Menge blieb still. Scheinbar wagte es sich keiner, sich auch nur zu bewegen. Meine Mutter wollte schon gerade wieder zu sprechen beginnen, als sich ein Junge in einer der hintersten Reihen meldete.

»Ja, Milan?«

»Ich würde der Prinzessin einen entspannenden Kamillentee empfehlen, zusammen mit einer Wärmflasche und einem Kissen Lavendel zur Beruhigung der Nerven.«

Meine Mutter schien einen Moment zu überlegen. »Dann tu das so, wie du es für richtig hältst.«

Jeder Schüler im Raum, wirklich jeder, drehte sich zu dem Jungen und sah ihn erschrocken an.

»Eure Majestät«, murmelte dieser verzweifelt, »es ist Eure Tochter.«

»Ich weiß, dass das meine Tochter ist, Milan. Und ich setzte so viel Vertrauen in dich und hoffe, dass du ihr nur Gutes willst.«

»Natürlich, Eure Majestät!«

»Gut. Dann geht ihr beiden. Dir stehen alle Materialen im Labor zur Verfügung.«

Meine Mutter lächelte ihn aufmunternd an und er stand von seinem Stuhl auf. »Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Ihr so großes Vertrauen zu mir habt, Eure Majestät.« Dann kam er auf mich zu und deutete eine Verbeugung an. »Eure Hoheit, wenn Ihr mir bitte folgen wollt.«

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen und lächelte ihn dafür mit meinem besten Lächeln an. »Es kann losgehen.«

Er lief voraus und ich folgte ihm so schnell wie möglich. Auch wenn es ganz natürlich war, schämte ich mich für die Schmerzen die mir meine Tage bereiteten. Und jetzt wussten alle Schüler meiner Mutter Bescheid. Wie peinlich!

»Wollt Ihr Euch in Eurem Zimmer ausruhen?«, fragte er nervös und spielte an seinen Fingern herum.

»Ich bin Pandora. Hör auf mich die ganze Zeit mit Titeln zu nennen. Ich bin 17 Jahren alt.«

Ich konnte ein Grinsen auf seinem Gesicht erkennen.

»Ganz wie du es wünschst, Eure-«

Ich warf ihm einen bösen Blick zu und er verstummte. Ich versuchte zu lächeln, doch mein Gesicht verzerrte sich erneut vor Schmerz.

»Du musst mich wirklich für einen Waschlappen halten, oder?«

Milan brach in schallendes Gelächter aus. »Oh nein, keine Sorge. Ich habe selbst drei Schwestern und ich habe als einziger Junge immer das Weite gesucht, wenn ich einen Tampon im Bad habe liegen sehen.«

Jetzt musste auch ich lachen. »Ich hoffe sie waren unbenutzt.« Allein die Vorstellung ekelte mich an, obwohl ich eine Frau war. Wenn man es sich recht überlegt, ist es eigentlich schon ekelhaft, wenn etwas aus einem wieder herauskommt ...

»Meine Mutter hat ihre Tage nicht mehr. Die Glückliche!«

Verdutzt sah er mich an. »Deine Mutter wurde doch mit 18 verwandelt, wie kann sie da ihre Tage nicht mehr haben?«

»Vampire haben so etwas nicht. Sie können ja auch keine Kinder bekommen.«

Wir liefen einen Gang weiter. »Weißt du eigentlich, dass es richtig komisch ist, sich mit einem Jungen über die Periode zu unterhalten?« »Ich weiß es nicht, sag du es mir.« »Es ist komisch. Wirklich komisch«, lachte ich dann und war froh, als wir endlich mein Zimmer erreicht hatten.

»So, hier sind wir«, murmelte ich und griff nach der Türklinke. »Aber sei gewarnt, ich habe mein Zimmer nicht aufgeräumt.« Er warf mir nur ein charmantes Lächeln zu und ich erwiderte es ohne zu zögern.

»Ich bin gleich wieder da. In der Zeit kannst du ja noch dein Zimmer aufräumen.« Er zwinkerte mir zu und ich verschwand in meinem Zimmer.

Ich sah mich kurz um. So schlimm verwüstet war mein Zimmer dann auch nicht. Dennoch räumte ich die Blätter auf meinem Schreibtisch ordentlich zusammen und stellte den Stuhl ran, verfrachtete alle Stifte in mein Mäppchen und hob die Wäsche vom Boden auf.

Danach legte ich mich in mein Bett und deckte mich zu. Ich starrte an die Decke und wartete. Es wunderte mich, warum meine Mutter Milan erlaubt hatte mich zu versorgen. So etwas hatte sie noch nie getan. Sie musste wirklich großes Vertrauen in den jungen Mann haben, wenn sie mich sogar mit ihm allein ließ.

Es klopfte an der Tür und Milan trat ein. Er trat auf mein Bett zu und stellte einige Flaschen, eine Teekanne, eine Wärmflasche und ein Kissen, so groß wie meine Hand, neben meinem Bett ab.

»So, was hat denn die Patientin?«, lachte er.

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Das Bild oben zeigt ungefähr, wie Milan aussehen soll ;)

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