Who's the dead Bunny?

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0 – Franny’s Prolog

Kennst du das, wenn du dich einfach Zuhause fühlst? Wenn du dich an einem Ort sicher und geborgen fühlst?

Ich nicht. Ich habe es nie gekannt.

Ah... ich sollte wirklich aufhören, in meinen Gedanken mit mir selbst zu Reden, sonst haben sie wirklich noch recht, das ich verrückt bin. Carry meint ja immer, ich solle ihnen gar nicht erst einen Grund geben, weiter zu machen, doch was nützt das?

Ich stehe rum – sie beleidigen mich.

Ich nehme am Unterricht teil – sie bewerfen mich.

Warum das ganze? Was habe ich ihnen denn getan?! Sam schreit die ganze Zeit rum und knutscht mit jedem rum, sie wird vergöttert... sehe ich einen Jungen in meiner Klasse auch nur an, werde ich sofort als Schlampe beschimpft, das ist nicht fair!

Aber wer kann in dieser Welt schon Fairnes verlangen? In einer Welt, wo kleine Kinder ihre Eltern verlieren, wo Kriege selbst die unbeteiligsten Zivilisten trifft, und wo selbst die unschuldigsten Leute noch am Boden getreten und bespuckt werden.

Ich bin es ja immerhin schon gewohnt... „Granny Franny“, „Gruseltante“, „No-life-Ugly“, schon seit dem Kindergarten geben sie mir solche Namen und niemand wollte was mit mir zu tun haben. Kann ich denn was für mein Aussehen? Nur weil meine Familie kein Geld hat, stecken sie mich immer in ihre Klamotten, selbst heute noch sind sie zu groß. Früher hatte ich dazu immer krauses Haar, Mama hatte ja nie Zeit sie mir zu kämmen, sodass ich am ersten Tag im Kindergarten wie ein Penner rein kam. Natürlich hat mich jeder ausgelacht... Kinder können grausam sein.

Ich trau mich mittlerweile nicht mehr raus zugehen, denn ich bin jetzt in der 9. Klasse auf einer Gesamtschule. Ich hätte eigentlich in eine reine Gymnasiastenklasse kommen sollen, doch ich habe nie so ein Glück, das habe ich mir eigentlich schon gedacht.

Jetzt sitze ich also nach dem 4. Schulwechsel in einer komplett gemischten Klasse und es hat sich mal wieder nichts geändert. Als hätte ich etwas anderes erwartet...

Meine neue Klasse besteht hauptsächlich aus Mädchen und ist etwas kleiner als meine vorherige – dieses Mal nur 21 Menschen. Die meisten sind das Jahr zuvor sitzen geblieben, sagte mir meine neue Lehrerin, Frau Staakens, was mir nicht grade Mut machte. Zu Recht.

Die ersten Tage vergingen noch ganz gut, niemand hat mich ins Visier genommen, bis auf ein paar der typischen Sprüche war alles ganz okay verlaufen.

Nach einer Woche aber kam die Frage, vor der ich mich am meisten gefürchtet hatte...

„He Neue, sach ma, is das Hemd vom Spermüll?“, ich schüttelte nur leicht den Kopf, ich habe gelernt, das es besser ist, nicht mit Worten auf diese Frage zu antworten, das hätte es noch schlimmer gemacht. Ich hab mich einfach weiter auf mein Blatt konzentriert und kleine Zeichnungen an den Rand gekritzelt, in der Hoffnung, das Mädchen mit der frechen Stimme würde gleich verschwinden. Sie jedoch blieb natürlich und hatte mittlerweile einige andere hinter sich. Als sie die Frage wiederholte und ich abermals nicht aufblicken wollte, stattdessen nur den Kopfschüttelte, zog sie mir meinen Block, auf dem ich grade Zeichnete, weg. Ehe ich reagieren konnte hielt sie den Block bei sich und sah auf meine, zugegebener maßen nicht grade normalen, Zeichnungen. „’n Hasen? Wie alt biste, Neue? 12?!“, sie lachte, und das eindeutig über mich. Die paar anderen hinter ihr lachten ebenfalls, um sie nicht allein dastehen zu lassen, Solidarität gehörte ja immerhin zur Klassenmoral, und in ihren Augen gehörte ich ganz eindeutig nicht in diese Klasse.

Als ihr lachen dann etwas weniger wurde, knallte sie den Block gereizt auf meinen Tisch und stützte sich mit den Händen auf der Kante ab. „Willste mich verarschen, oder was? Kleine No-Names wie du haben hier nichts zu sagen... und schau mich gefälligst an wenn ich mit dir rede du Hure!“. Ihre Worte brachten mich zum zusammenzucken, mehr jedoch nicht.

Ich sah nun einfach schweigend auf den Tisch und musste mich stark zusammenreißen, nicht anzufangen zu weinen. Es hat wieder begonnen, obwohl ich nichts getan habe.

Anscheinend ist es ein ungeschriebenes Vergehen, wenn man viel nachdenkt und nicht sehr viel redet. Über all die Jahre glaube ich ja, dass es einfach ein Schutzmechanismus der Menschen ist, jemand Stillen fertig zu machen. Wenn man jemanden nicht einschätzen kann, ist es unbekannt, und alles Unbekannte ist eine potenzielle Gefahr, denke ich.

Jedenfalls kam ich mittlerweile damit klar, Außenseiter zu sein. Ich war eh lieber allein, so konnte ich nachdenken und musste mich nicht um soziale Kontakte kümmern, wenn es nicht noch die Schule gäbe...

Ich hasse die Schule. Ich hasse absolut jede Schule dieses verdammten Landes! Das ist auch einer der vielen Gründe, warum ich oft einfach nicht hingehe. Meine Eltern bemerken es eh nie wenn ich weg bin, und wenn die Lehrer anrufen, geht auch keiner von ihnen ran, ich muss daher keine Angst davor haben. Manchmal sitze ich dann stundenlang an einem abgelegenen Teil des Bahnhofes und denke mir Geschichten aus, die ich dann in meinem Kopf verfolge. Das ist ein dürftiger Ersatz für Fernsehen und Internet, aber besser als nichts.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 21, 2013 ⏰

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