zwei

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Das Wochenende verbringe ich wie immer in meinem Zimmer. Es gibt nichts für mich zu tun, außer Musik zu hören, alte Filme zu sehen und ab und zu etwas zu essen.

Meine Eltern kümmern sich um Deliah und das es ihr ja gut geht. Sie machen sich gar keine Gedanken, warum ihre Tochter mitten im Semester zu Besuch kommt, Hauptsache sie ist da.
Entchen, wenn man den Stoff so drauf hat wie ich, dann kann man sich auch mal eine Pause von allem gönnen. Und wo könnte man das besser als in seiner Heimatstadt?

Seit dem Quinn mit ihrer Familie neben an eingezogen ist, kann ich jedoch auch noch anderes tun. Ich schaue ständig aus dem Fenster, in der Hoffnung, Quinn nochmal zu sehen. Jeden Tag verlässt sie morgens das Haus und kommt abends mit schmutzigen Klamotten zurück. Ich frage mich, was sie macht...

Bald schon ist wieder Montag und ich bin froh, dass ich nun wieder wenigstens für den halben Tag abgelenkt bin.

Ich verlasse pünktlich um 6:39 Uhr das Haus, um 6:41 Uhr in den Bus einzusteigen. Wie so oft kommt der Bus jedoch zu spät und 6:45 Uhr stehe ich immer noch dort und warte.

In der Ferne sehe ich wie ein Mädchen auf mich zu fährt, auf ihrem Skateboard. Quinn

Sie hält knapp vor mir an. Ich kann nicht anders, als sie anzustarren. Quinn beachtet mich gar nicht, dabei staune ich nicht schlecht, als ich ihre dreckigen, nackten Füße sehe. Das Mädchen mit dem Bob steht vor mir, auf ihrem Skateboard, ohne Schuhe, eine Latzhose mit Grasflecken an und sieht dabei so unbeschreiblich schön aus.

„Was starrst du denn so?", sie dreht sich zu mir und rümpft ihre Nase. Ich blicke mich um, weil ich nicht sicher bin, ob sie mit mir redet.
„Du sitzt doch in Mathe neben mir." Es war keine Frage, sondern eine Aussage. Ich weiß nicht was ich darauf antworten soll.
„Ja."

Sie rollert mit ihrem Skateboard noch etwas weiter auf mich zu und hält mir ihre ausgestreckte Hand hin.
„Ich bin Quinn."

Etwas unsicher, was jetzt die beste Art zu handeln wäre, nehme ich ihre Hand in meine und schüttle sie.
„Quentin."

Ich will sie fragen, warum sie keine Schuhe trägt, aber ich schaffe es nicht. Bevor ich noch etwas sagen kann, kommt der Bus und öffnet seine Türen direkt vor mir. Schnell steige ich ein und setze mich auf eine völlig leere Bank, in der Hoffnung, dass Quinn sich neben mich setzt. Die Blondine läuft jedoch an mir vorbei, auf die hintersten Plätze zu.

Ich bin heute einer der Ersten, der auf seinem Stuhl in Raum 201 Platz nimmt. Jedesmal wenn die Tür aufgeht, schaue ich von meinen Mathehausaufgaben hoch, doch es ist nicht sie, die hereinkommt.

Ich habe die Hoffnung schon aufgegeben, dass sie überhaupt noch kommt. Mein Klassenlehrer, Mr. Kingston betritt den Raum und es wird still. Wieso kommt sie nicht? Sie war doch in dem Bus, der zur Schule gefahren ist.

Mit einmal schlägt die Tür auf und Quinns wuscheliges Haar erscheint im Türrahmen.
„Entschuldigung.", sagt sie schlicht, bevor sie neben mir Platz nimmt. Mr. Kingston erwidert nichts, sondern macht weiter wie zuvor.
„Gut, also kommen wir zur Kontrolle der Hausaufgaben." Der Lehrer geht herum und schaut sich die gelösten Aufgaben an. Quinn neben mir, macht nicht die leiseste Anstalt ihre Sachen auszupacken, geschweige denn die Hausaufgaben.
„Mr. Kingston",fängt sie an,"ich weiß, sie erwarten von einer ordentlichen Schülerin, dass sie immer ihre Aufgaben erledigt..." An dieser Stelle legt sie eine Kunstpause ein.
„..., aber mal ehrlich. Sehen sie mich an! Ich bin nicht ordentlich." Sie kichert und fährt sich durch die strubbligen Haare. Diese Geste habe ich schon oft bei ihr beobachtet.
Mr. Kingston ist anscheinend ziemlich überrascht von ihrer „Ausrede".
„Darüber reden wir nach dem Unterricht, Quinn."

GefühlsblindheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt