Das passt ja perfekt

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Ein Blatt kitzelt mich an der Wange, während ich versuche durch die Hecke einen Blick ins Innere des Hauses zu erhaschen. Jack hat eben die Küche betreten und hält nun den provisorischen Brief in seinen Händen. Er hat ihn noch nicht geöffnet, da kramt er schon sein Handy aus der Hosentasche. Wahrscheinlich ruft er meine Mutter an; er kann sich schon denken, was geschehen ist.
Dann faltet er das Blatt Papier auseinander und beginnt zu lesen.

Hi Dad. Bitte sei nicht wütend auf mich, ich habe keine andere Wahl. Irgendwann werde ich es euch erklären, aber jetzt ist es zu früh. Die Jungs und ich stecken wirklich in Schwierigkeiten, man könnte sagen, wir baden in Scheiße. Deshalb ist es so wichtig, dass du mir vertraust. Nur dieses einzige Mal! Bitte, benachrichtigt nicht die Polizei, es würde die Situation nur schlimmer machen. Pass auf Mum und Tom auf. Gib dir wenigstens Mühe.. und sag Carrie, dass es mir leid tut, wie ich mit ihr umgegangen bin. Ich melde mich, wenn es sicherer ist!
Ich liebe euch.

Er zerknüllt den Brief mit einer Hand und schmeißt ihn quer durch die Küche. Kurze Zeit später knallt er das Handy auf den Tisch vor ihm, stützt sich mit beiden Armen darauf und brüllt so laut, dass ich es bis draußen hören kann. Heiße Tränen laufen mir über die Wange und verschleiern meine Sicht.
Jemand greift nach meiner Hand und ich lasse mich mitziehen.
"Wir müssen los, Prinzessin. Es tut mir leid", beteuert Niall und mit einem letzten Blick auf meinen Vater, kehre ich um und renne mit dem Punk die Straße runter zu den anderen.

"Können wir eine Pause machen? Mir tut alles weh und ich habe Hunger", jammert Louis und lässt sich erschöpft an der Wand eines Bootshauses nieder. Wir sind seit Stunden unterwegs, sind die meiste Zeit gelaufen oder gerannt, wenn jemand uns zu lange angesehen hat. Die Paranoia folgt uns überall mit hin und es ist nicht gerade hilfreich, wenn Liam mich weiterhin keines Blickes würdigt und sich nur ab und an mal mit Harry anlegt. Dieser schenkt mir genau so wenig Beachtung und ich frage mich, wieso. Nicht, dass es mich sonderlich interessieren würde, es ist ja auch sehr angenehm.. aber irgendwas stimmt da nicht.
"Keine schlechte Idee, ich könnte gerade auch ein ganzes Einhorn essen!", platzt es aus Niall heraus und kassiert irritierte Blicke. "Ja was? Wenn ich jetzt gesagt hätte, ich könnte ein ganzes Pferd essen, würde eh irgendwer rum meckern, dass man Pferde nicht essen sollte und das voll unnatürlich ist blah blah blah." - "Aber Einhörner sind vom Aussterben bedroht, Mann!", erwidert Zayn ernst und die Jungs lassen sich in ein total bescheuertes Gespräch verwickeln, aber das tut uns allen gut, mal nicht über ernste Dinge nachzudenken.
Nur Liam entfernt sich von uns und sammelt ein paar Stöcker. Möglichst unauffällig folge ich ihm, ich will mit ihm reden.
"Geh zurück zu den anderen, ich kann dich jetzt nicht gebrauchen!", spuckt er, als er mich bemerkt und für einen kurzen Augenblick bricht mein Herz.
"I-Ich kann dir doch aber helfen..", stottere ich und weil er nichts weiter sagt, fange ich an, Stöcke oder kleine Äste zu sammeln. Kurze Zeit später sind meine Arme überfüllt mit Holz und ich sehe nicht, wo ich hin laufe. Demzufolge ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass ich eine kleine Wurzel übersehe, welche aus dem Boden ragt, und darüber stolpere. "Pass doch auf!", fährt mich Liam an, lässt seine Stöcker fallen und greift in letzter Sekunde nach mir.
"Es tut mir leid", murmle ich, doch Liam macht weiter: "Es tut dir leid, es tut dir leid! Kannst du auch noch etwas anderes sagen? Seit wir in Deutschland sind, ist das das einzige, was aus deinem Mund kommt! Du kaufst dir den Scheiß ja wohl schon selbst nicht mehr ab! Hör verdammt noch mal auf, dich wie ein Kleinkind zu benehmen!"
"Das reicht, Payne! Lass sie los!", knurrt jemand hinter mir und erst jetzt bemerke ich, dass Liam seine Hand immer noch um meinen Oberarm geklammert hat und auch jetzt fällt mir erst der Schmerz auf, der durch meinen Arm gestoßen wird.
"Das passt ja perfekt! Der gütige Harry Styles kommt seinem Mädchen zur Hilfe! Verpiss dich einfach!", schnauzt Liam zurück und ich fühle mich immer unwohler zwischen den beiden zu stehen. Außerdem drückt Liam immer mehr zu und der Schmerz nimmt mir langsam den Atem. "Liam, du tust mir weh!", flüstere ich und augenblicklich schubst er mich grob zur Seite. Völlig überrascht stolpere ich rückwärts und lande auf dem Hintern. Mein gesammeltes Holz fällt mir auf den Schoß und ich kann einen kurzen Quietscher nicht unterdrücken.
"Du mieser Wichser!", bellt Harry, ist in drei Schritten bei Liam und verpasst ihm eine. Auch jetzt kreische ich wieder auf und meine Hände schnellen hoch und legen sich auf meinen Mund.
Liam scheint nicht so geschockt, holt ebenfalls aus und schlägt Harry mit einer irren Geschwindigkeit auf den Brustkorb, was diesen nicht nur aus dem Gleichgewicht bringt sondern ihm auch den Sauerstoff aus den Lungen presst. Diese Gelegenheit nutzt mein 'Ex-Freund' und boxt Harry genau in die Magengrube. Nach kurzem Würgen, richtet sich der Lockenschopf auf und kontert, indem er seine Faust mehrere Male auf Liams Gesicht einprasseln lässt. Man hört es laut knacken und mir wird automatisch schlecht.
Die beiden Jungen fallen auf den Boden und ich verliere den Überblick, wer gerade wen schlägt. Endlich erwache ich aus meiner Starre und stürze auf die beiden zu. Hier und da werde ich von ihren Fäusten geschliffen, aber mein Adrenalinspiegel ist so hoch, dass es mir kaum auffällt.
"STOPP!!"

Rock me » h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt