Du machst einen Fehler

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Er hört gar nicht auf mich zu küssen! Er küsst gar nicht mal schlecht!

In diesem Moment treffe ich die wohl leichtsinnigste Entscheidung meines Lebens. Ich erwidere den Kuss. Ich schlinge meine Arme um Liams Hals und ziehe ihn dichter zu mir. Wild drücke ich meine Lippen gegen seine. Ich kann spüren, wie er lächelt. Hatte er damit gerechnet? Egal. Hauptsache er hört nicht auf, mich zu küssen. Es fühlt sich so verdammt gut an! Und so falsch.

Schlussendlich bin ich die jenige, die den Kuss beendet.

"Ich.." räuspere ich mich, verstumme jedoch sofort, als ich merke, dass ich gar nicht weiß, was ich jetzt überhaupt sagen soll.

"Ich liebe dich auch, Meggie!" schmunzelt Liam und legt seine zarten Lippen wieder auf die meinen. WAS? So war das doch gar nicht gemeint und..er liebt mich? 

"Das ist schön" nuschel ich benommen von dem leidenschaftlichen Kuss und könnte mir in der nächsten Sekunden dafür eine schallende Ohrfeige verpassen. Wie dumm muss man sein?

"Komm, lass uns nach Hause gehen. Die anderen warten bestimmt schon!" sagt Liam, steht auf und hält mir galant eine Hand hin. Ich tue so, als würde ich das nicht bemerken und quäle mich stattdessen am Boch hoch. Hilft alles nichts - Liam schnappt sich meine Hand, haucht sanft einen Kuss drauf und geht los ohne meine Hand los zu lassen. Super!

Händchenhaltend kommen wir am Haus von Jack an. Tatsächlich stehen schon alle davor und halten Ausschau nach uns beziehungsweise mir. Carrie wirft mir einen verschwörerischen Blick zu nachdem sie einige Sekunden lang auf die verschränkten Finger von mir und Liam gestarrt hat. Jack blickt traurig Richtung Boden. Alle Jungs - mit Ausnahme von Harry natürlich - grinsen uns breit an und pfeifend anerkennend. Harry sieht mir direkt in die Augen. Die ganze Zeit. Ununterbrochen. Er verzieht keine Miene. Keinerlei Emotionen sind in seinem Gesicht zu erkennen und seine Augen wirken leer - nicht verletzt oder traurig leer sondern ebenfalls ohne Emotion. Nicht so tief wie sonst, nicht so dunkel wie sonst. Als wären sie nur oberflächlich. Als wären sie gezeichnet. Es macht mir irgendwie Angst. Ich hätte etwas wie Belustigung oder Wut erwartet. Aber nicht damit.

Carrie stupst Jack vorsichtig an und deutet mit dem Kinn in unsere Richtung. Sofort erhellt sein Gesicht und er kommt auf mich zugerannt, um mich augenblicklich in den Arm zu nehmen. Er riecht nach Eukalyptusbonbons. Er weint.

"Rosie es tut mir so leid! Ich habe nicht nachgedacht! Ich wollte das nicht. Du bist nur so provozierend! Ich will doch nur, dass alles wieder in Ordnung kommt!" schluchzt er. Ich weiß, dass er es ernst meint. Ich kann ihm auch verzeihen - ich muss, er ist schließlich immer noch mein Vater - aber vergessen werde ich es nicht. Das könnte ich einfach nicht!

"Schon okay..Dad" flüstere ich gequält und streiche Jack unbeholfen über den riesigen, verschwitzten Rücken. Na lecker.

Alle anderen kommen gemächlich auf uns zu, um uns in den Arm zu nehmen, mir zu sagen, wie dumm ich doch war und gefälligst nie wieder wegrennen soll und um Liam zu beglückwünschen. Soll das jetzt heißen, Liam und ich sind ein Paar? Ich meine..das will ich doch gar nicht! Oder doch? Ich will einen Freund, ja. Aber Liam ist nur ein Kumpel. Mein Beschützer wenn man so will. Und er ist Drogendealer! Ich kann doch nicht einfach was mit einem Drogendealer anfangen!

"Wir müssen reden!" knurrt mir jemand von hinten ins Ohr und in meinem Nacken stellen sich die Härchen auf. Ich habe eigentlich keine Wahl. Ich werde diesem Irren jetzt einfach folgen damit wir ALLEINE reden können. Reden. Hoffentlich bleibt es dabei!

Ich drehe mich um und folge dem brünetten Jungen wortlos. Den anderen bin ich eh keine Erklärung schuldig. Ich kann also einfach gehen.

Im Garten angekommen, sitzt Harry auf einer kleinen roten Schaukel und blickt auf seine Füße. Es ist wird schon dunkel. Vor allem hier im Garten sieht man recht wenig. Harry steht die Dunkelheit. Sie scheint ihn zu umhüllen, als wäre er ein Teil von ihr.

"Du machst einen Fehler, Meghan" Seine Stimme bebt fast unmerkbar. Er ist sauer. 

"Ich bin doch wieder hier, also ist doch alles gut!" jammer ich genervt. Aus Harrys Kehle erklingt ein tiefes, leises Gelächter.

"Das meine ich nicht. Ich meine Payne" spuckt er. Noch immer sieht er mich nicht an. 

"Hä?" frage ich und komme mir dabei so dämlich vor.

"Du gehörst mir Meghan Rose!" entgegnet Harry und sieht hoch. Direkt in meine Augen. Ich erstarre. Sie wirken schwarz. Wie seine Seele? Bei seinem Satz gefriert mir das Blut in den Adern und ich muss automatisch an die Szene auf dem Schulhof vor einigen Wochen denken. Der Knutschfleck. Langsam hebe ich meine Hand und streiche über die nun verheilte Stelle an meinem Hals. Über Harrys Gesicht huscht ein gemeines Grinsen. Nur ganz kurz.

"Ich gehöre niemandem" wispere ich unbeholfen. Harry nickt bedächtig. Er lässt seinen Blick über meinen Körper schweifen, bis er wieder bei meinen Augen ankommt.

"Du gehörst mir Meghan Rose" wiederholt er seine Aussage. Leiser, ruhiger und doch bestimmt mit viel Druck in der Stimme. Er erhebt sich von der Schaukel und kommt auf mich zu. Unfähig mich zu bewegen, starre ich ihn einfach an. Kurz bevor er mich erreicht, wendet er ein bisschen, so dass er mich im Vorbeigehen nur leicht mit der Schulter streift.

Rock me » h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt