Kapitel 5

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Als wir in Gertenbach ankommen, frage ich Justin:
»Wollen wir uns so in einer Stunde hier wieder treffen? Du kannst aber auch kurz mit zu mir kommen, dann kann ich dir schonmal ein bisschen zeigen.«
»Ich glaube es ist besser wenn ich erstmal mit zu dir komme. Ich weiß ja nicht mal so ganz wo ich wohne. Sonst hat Paul mich immer mitgenommen. Das ist einer meiner Mitbewohner. Ich hatte aber heute Ausfall.« sagte er und lächelt.
Er hat ein noch hübscheres Gesicht wenn er lächelt...
Ich lächle zurück und sage:
»Okay. Ist nicht weit von hier.«
Wir gehen die Straße entlang und biegen zwei Mal ab. Dann stehen wir vor meiner Haustür. Ich schließe die Tür auf.

»Da wären wir. Komm rein.«
»Wo soll ich Schuhe und Jacke hinstellen?«
»Lass die Schuhe an. Die Jacke kannst du hier über den Stuhl hängen. Ist ein bisschen unordentlich, ich habe nicht aufgeräumt. Möchtest du was trinken oder hast du Hunger? Ich kann was holen.«
»Ja, Wasser bitte. Ne muss nicht sein.«
Ist ja nicht so, dass sein Magen knurrt...
»Okay. Geh du schonmal in mein Zimmer, ich bring dir das Wasser gleich.«
»Wo is'n das?«
»Die Treppe hoch und dann die zweite Tür auf der rechten Seite.«
»Mal schauen ob ich es finde...«
Jetzt grinst er schon wieder. Er sieht dann so gut aus…
Ich höre, wie er die Treppe hochgeht. Dann nehme ich zwei Gläser, eine Flasche Wasser, ein paar Kekse und gehe damit hoch.
Als ich ins Zimmer komme, steht er vor meiner Bilderwand.
»Du hast viele Bilder.« bemerkt er mit einer komischen Miene.
»Was denn. Ich mache gerne Bilder mit meinen Freunden.«
»Ich habe keine Freunde...«
»Natürlich,«,lache ich,»hier ist dein Wasser.«
»Danke. Kann ich mich auf dein Sofa setzen?«
»Oh, ja klar. Ich räume nur kurz meine Klamotten weg.«
Ich nehme den Wäschehaufen und schmeiße ihn auf mein Bett.
»Du hast da was verloren.« sagt er, und zeigt grinsend auf einen schwarzen BH mit Spitzenbesatz.
Peinlich!!! Ich werde rot und nehme ihn schnell weg.
»Soll ich den Fernseher anmachen, damit wir uns ein bisschen aufwärmen können, bevor wir wieder rausgehen?«
»Hört sich gut an.«
Ich setzte mich neben ihn auf die Couch und gehe auf amazon prime.
»Was möchtest du denn gucken?«
»Ach, keine Ahnung. Mach an was du möchtest.«
»Lillifee?«
»Tabbaluga?«
»Teletabbis?«
»Bob der Baumeister?«
Wir gucken uns an und fangen an zu lachen.
»Dann mache ich uns jetzt den ersten Film an, der auf dem Bildschirm erscheint, okay?«
»Bin gespannt was es wird.«
Es lädt, und es erscheint:
»Freunde mit Gewissen Vorzügen?!?«
»Oh Gott, der Film ist so schlecht.«
»Ist so!«
»Lass uns Tammy gucken. Der soll lustig sein.«
»Okay. Ich kenn den auch noch nicht.«
Ich suche Tammy und mache den Film an.
Die ersten zwanzig Minuten ist er lustig, danach nicht mehr so. Ich mache etwas leiser, als Justin anfängt zu reden:
»Wollen wir vielleicht los? Der Film ist genauso schlecht.«
»Gerne!«
Ich mache aus und wir gehen in den Flur, um uns anzuziehen.
»Soll ich dir erstmal was vom Wald zeigen? Der ist im Winter ziemlich schön.«
»Ja, okay.«

Wir gehen schweigend den Weg entlang. Manchmal sage ich irgendetwas wie: Da ist der Bäcker. Dann reden wir für eine halbe Minute und gehen weiter. Jetzt ist es 17:38 und es wird langsam dunkel. Vorhin haben wir viel geredet; davon merkt man jetzt nichts mehr.
Wir kommen an die Bank am Waldrand.
»Hier ist mein Lieblingsplatz. Man wird hier nicht gesehen, und alles ist so verträumt, wie in einem Märchen. Hier vergisst man alles um sich herum. Alle Probleme...«
Oh man, was laber ich nur...
»Also ich meine jetzt nicht so was...«
Justin unterbricht mich.
»Hey, ist schon okay. Ich verstehe was du meinst.«
Dann beugt er sich zu mir runter und ich spüre seine weichen Lippen auf meinen. Ich öffne meinen Mund und spüre seinen minzigen Atem.
Dann seine warme Zunge.
Ich lege eine Hand in seinen Nacken und fahre durch die fluffigsten Haare der Welt. Er legt eine Hand um meine Hüfte. Wir küssen uns nur, denken an nichts, nur an die Lippen des Anderen.
Wir lösen uns voneinander. Er hat verwuschelte Haare, glasige Augen, gerötete Wangen und geschwollene Lippen.
Ich sehe warscheinlich nicht gerade besser aus. Aber auch so sieht er wunderschön aus. Er sieht mich an.
»Das war schön.« sage ich.
»Finde ich auch. Wir können es wiederholen, wenn du willst.«
Als Antwort beuge ich mich zu ihm vor. Und fange an ihn zu küssen.
Er drückt mich an sich, und ich kann nicht mehr klar denken.
Wir lösen uns wieder voneinander.
»Wollen wir zu dir nach Hause?« fragt er mich.
»Gerne.«
Wir nehmen uns an den Händen und gehen zurück zu mir...

"Helen, alles okay mit dir? Du wirkst so abwesend."
"Äh ja. Alles okay"
Dieser Kuss war ein verdammter Tagtraum?!?

So, und wieder das Ende eines Kapitels.

Klischees- wie ich sie hasse!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt