Einundzwanzig

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Endlich Freitag. Endlich endlich endlich. Heute wird Papa nach New York fliegen. Mit bester Laune springe mich aus dem Bett, merke aber wenig später das es ein sehr, sehr böser Fehler war. Am liebsten würde ich laut aufschreien vor Schmerz, aber ich reiße mich zusammen da Papa wahrscheinlich noch schläft. Scheiße, verdammt, fuck murmle ich leise vor mir hin ... Es tut verdammt weh, mein Rücken, mein Kopf irgendwie alles ...

Ich nehme mir eine Boyfriendjeans aus dem Schrank und einen schwarzen, langen Pullover und gehe ins Bad.

Bevor ich in die Dusche steige schaue ich mich noch einmal im Spiegel an. Eine Platzwunde am Kopf die leicht anfängt zu heilen und von meinem Rücken wollen wir garnicht erst anfangen ... Er ist mit Striemen übersaht, einige frische sehr tiefe, einige Frische eher weniger schlimme und viele die verheilt sind. Für die Platzwunde am Kopf brauche ich unbedingt eine Ausrede, wegen meinem Rücken muss ich mich zusammenreißen und meinen linken Arm würde er nicht zu Gesicht bekommen. Alles geklärt.

Nachdem ich geduscht habe, mich fertig geschminkt habe und etwas gegessen habe werfe ich mir meine schwarze Lederjacke über da es schon leicht kalt wird und ziehe meine Schuhe an. Ich binde mir noch schnell einen Zopf und gehe raus.

Cole steht an seinem Auto und sieht wie immer verdammt gut aus. Er hat eine Jeans an, ein weißes Tshirt und ebenfalls eine schwarze Lederjacke an. Wieso muss er nur so heiß sein? Die Frage stelle ich mir immer wieder. Er ist einfach perfekt in meinem Augen.

Da er mich noch nicht bemerkt hat, schleiche ich mich an ihn ran und springe ihn auf den Rücken. Er erschreckt sich kurz, fängt sich aber schnell wieder und hält mich fest, damit ich nicht von seinem Rücken rutsche. Ich muss lachen.

"Heey, wieso so gute Laune?" fragt er lächelnd.

"Naja, was soll ich sagen? Heute ist der letzte Schultag vor den Ferien und ich bin meinen Vater ab heute eine Woche los ... Also wieso sollte ich traurig sein?" Entgegne ich ihn.

"Und außerdem verbringst du deine Ferien mit dem heißesten Typen der Welt." Sagt er und zwinkert mir zu während ich von seinem Rücken klettere.

Ich will gerade einsteigen da sagt er noch schnell. "Du siehst gut aus." Und schon werde ich rot. Hat er das gerade wirklich gesagt?

"Ja habe ich Liz." Grinst er. Was? Woher zu Hölle we- "Man sieht es dir an deinem fragenden, roten Gesicht an." Sagt er frech und steckt mir wie ein kleines Kind die Zunge raus.

"Danke." Lächle ich ihn zuckersüß und provokant an und steige ein und versuche dabei meine Verlegenheit zu verstecken.

Der Tag vergeht schnell und fast ohne Vorkommnisse, einmal wurde mir ein Bein gestellt und einmal wollte mir ein Mädchen Wasser über den Kopf schütten, aber Cole nahm ihr die Flasche aus der Hand und hat ihr das Wasser übergeschüttet. Ich habe mindestens 15 Minuten gebraucht um mich wieder einzukriegen. Ihr Gesicht war einfach legendär und wie sauer sie wurde. Cole rettet einfach immer wieder meinen Tag, ich wüsste garnicht was ich ohne ihn machen würde.

Als ich aus dem Schulgebäude komme steht Cole schon lässig an sein Auto gelehnt da, ich könnte den ganzen Tag von seinem Aussehen schwärmen ... Das ist unglaublich wie gut er aussieht.

"Na schon wieder voll in Gedanken?" Werde ich abrupt aus meinen Gedanken geholt. Ich bin voll in Cole gelaufen, na super. Die Ferien beginnen schon mal sehr schön. Peinlich peinlich peinlich ...

Ich bin wahrscheinlich gerade total rot ... Warum ist mir das eigentlich so peinlich? Er ist ein Freund von mir.

Er bemerkt wohl das es mir peinlich ist und wechselt sofort das Thema. "Was möchtest du heute machen?" Fragt er mich.

"Wenn es für dich okay wäre würde ich gern zu Lio fahren ... Mit dir ..." Ich hoffe ich nerve ihn nicht oder vielleicht hat er ja auch gar keinen Bock darauf mit einem nichtsnützigen Mädchen zu ihrem toten Bruder zu fahren.

"Gerne. Ich würde sagen ich fahre uns jetzt schnell nach Hause, ich will was essen. Wie wäre es mit Pizza? Ich bezahle. Und dann können wir gern los." Er lächelt mich an und fährt los.

"Das war anscheinend keine Frage." Grinse ich ihn an.

"Nein, sorry ... Habe es vorhin schon festgelegt." Erwidert er frech.

Nach dem Essen geht Cole kurz rüber um sich umzuziehen. In ca. 2 Stunden werde ich mit Cole an Lio's Grab stehen ... Der Gedanke an Lio zerreißt mir immer wieder auf's neue das Herz. Ich renne schnell hoch in mein Zimmer und ziehe mir eine Leggins an und gehe in Lio's Zimmer. Keiner hat sein Zimmer seit seinem Tod angerührt ... Es ist ordentlich, aber staubig. Ich werde wohl in den nächsten paar Tage mal ein wenig putzen hier.

Ich gehe zu seinen Kleiderschrank und nehme mir einen seiner Nike-Pullis heraus und ziehe ihn an. Ich habe es immer geliebt seine viel zu großen, warmen Pullover zu tragen und ich liebe es immer noch.

Um 16 Uhr sind wir auf dem kleinen Friedhof angekommen. Die Autofahrt verlief ziemlich ruhig, da ich zu viele Gedanke habe und Cole das wohl gemerkt hat und mir Zeit zum nachdenken gegeben hat. Er ist einfach so aufmerksam und ich bin so froh darüber ihn jetzt bei mir zu haben.

Er hält an und sofort steige ich aus dem Auto, am liebsten würde ich ihn bitten hier zu bleiben, aber er würde so oder so mitkommen. Ich möchte nicht das er sieht wie schwach ich bin. Ich möchte nicht das er sieht wie sehr verletzt ich innerlich bin. Gleich wird er es wahrscheinlich sehen ...

"Könntest du mich eventuell 10 Minuten allein lassen ...?" Frage ich ihn mit gebrochener Stimme. Als Antwort bekomme ich ein kurzes Nicken.

Ich betrete den Friedhof und gehe langsam auf sein Grab zu ...

Lio Summer ich streiche langsam mit meinen Fingern um die Schrift. "Hey Lio" lächle ich schwach mit Tränen in den Augen. "Wie geht es dir? Mir geht es den Umständen entsprechend gut. Das Mobbing lässt nach, nur Papa ist immer noch wie vorher ... Ich habe einen Freund gefunden, ich wette du würdest ihn mögen. " Der Gedanke, wie gut Cole und Lio sich verstehen würden bringt mich kurz zum lächeln. "Ich vermisse dich schrecklich doll ..." Sofort verändert sich meine Laune schlagartig und mir steigen weitereTränen in die Augen. "Es tut mir alles so verdammt leid."

Es fängt an zu regnen und ich lasse mich auf den Boden sinken. Ich weine laut los, es tut viel zu sehr weh. "Lio ... Hat alles überhaupt noch einen Sinn? Alle auf meiner Schule und sogar Papa behandeln mich wie Dreck. Ich habe den größten Verlust gemacht, denn ich überhaupt hätte machen können. Ich habe dich verloren, all das ist nur meine Schuld. Jeden Tag zerreißt mir der Gedanke an dir mein Herz. Der Schmerz ist unerträglich. Mein Leben ist leer und ich bin unglücklich... Nur wenn Cole bei mir ist, ist der Schmerz gelindert. Er ist der einzige Grund warum ich noch lebe, ob es sich lohnt für ihn zu leben Lio?" Ich weine lauter und lauter. Mittlerweile sind meine Sachen durchgeweicht und ich zittere am ganzen Körper, aber ich bleibe sitzen und weine einfach hemmungslos weiter.

Nach einigen Sekunden setzt sich Cole hinter mich und schlingt seine kräftigen Arme um mich. Ich halte mich an ihm fest und versuche mich zu beruhigen. Er ist wirklich der einzige Halt den ich noch habe und ob es sich lohnt für ihn zu leben werde ich herausfinden müssen.

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