Indebted

Dreizehn

"Danke Cole ..." Sage ich weinend zu ihm. Inzwischen sind wir losgefahren, er fährt viel zu schnell und krallt sich krampfhaft in das Lenkrad.

"Cole? Fahr bitte langsamer." Irgendwie macht es mir Angst das er so schnell fährt, doch es scheint ihn nicht zu jucken was ich sage. "Cole!"

"Dieser Pisser..." Flüstert er leise. Und im nächsten Moment dreht er mitten auf der Straße einfach um und fährt zurück.

"Was hast du vor?" Jetzt sehe ich garnicht mehr durch, wieso fährt er zurück?

"Was wohl?!" Brüllt er durchs Auto. "Ich werde zurückfahren und diesem Bastard ins Krankenhaus befördern! Das hätte ich damals schon mit diesem alten schmierigen Sack machen sollen!"

Ich verschwende einen kurzen Gedanken an die Situation von damals mit dem Mann, wieso werde ich nur so sehr vom Pech verfolgt? Er spannt seinen Kiefer an und seine Wangenknochen werden stärker sichtbar. Liz, hör auf zu schwärmen verdammt! "Was nein! Hör auf bitte!"

"Liz, bitte halt deinen Mund. Er wollte dich vergewaltigen! Ich mach ihn fertig. Allein wenn die Bilder wieder in meinen Kopf kommen. Ich könnte ausrasten." Er steigert sich noch weiter in die ganze Situation. Wieso tut er das alles? Kann es sein das ich ihm eventuell doch wichtig bin und er das alles nicht nur aus Mitleid macht?

"Cole bitte bleib stehen!" Flehe ich ihn schon beinahe an. Doch er fährt einfach weiter. "Bitte Cole ..." Wieder spüre ich Tränen in meinen Augen. Eine Vollbremsung folgt ...

"Dann lenk mich verdammt nochmal ab Liz!" Sagt er streng zu mir und schaut mir in die Augen. Es sind so viele Emotionen in ihnen. Hass, Wut und ein Hauch Liebe.

Ablenken ... Ablenken ... Wie soll ich ihn den jetzt ablenken? "Ich habe Hunger ... Können wir was essen gehen?" Es ist nur eine Ausrede, eigentlich habe ich gar kein Hunger.

20 Minuten später finden wir uns in einer kleinen Pizzeria, er bestellt eine Schinkenpizza und ich eine kleine Salamipizza. Geredet haben wir bis jetzt kaum und angeschaut hat er mich auch nicht wirklich. Dann hebt er langsam sein Kopf und betrachtet meinen Oberkörper und bleibt an meinen Armen hängen. Ich tue es ihm gleich und dann sehe ich warum er so starrt. Ich habe ein Tshirt an!! Scheiße. Erst mehr merke ich nicht das ich im BH vor ihm sitze und dann das er freie Sicht auf meine Narben hat. Jeder kann meine Narben sehen, aber das war nicht das einzige was zum Vorschein kommt ... Meine Handgelenke sind blau, er hat so fest zugedrückt das es blau wurde ... Noch einmal denke ich an das ganze Szenario und dann sammeln sich Tränen in meinen Augen. Cole kommt zu mir rum, hebt mich hoch, setzt sich hin und setzt mich dann auf seinen Schoß. Er umarmt mich fest, es tut so gut. Ich lege meinen Kopf an seine Brust und lasse seinen Duft auf mich wirken. Er riecht so verdammt gut ... Die ganze Situation beruhigt mich. Er beruhigt mich.

"Erzählst du mir was alles passiert ist bevor ich gekommen bin?" Kommt es mit sanfter Stimme aus seinem Mund.

Will ich das denn? Er hat mir geholfen ... Er sollte es wissen ... "Ich wollte auf die Toilette und dann war er da und ..." Ich mache eine kurze Pause und schluchze. Eine große Hand legt sich auf meinen Kopf und streichelt mir über die Haare. "Dann stand er da und hat mich an sich gezogen, ich habe geschrien, aber keiner hörte mich ... Er sagte ich vögel mich sowieso durch die Stadt ... Cole das stimmt nicht!" Sehe ich ihn verzweifelt an.

"Ich weiß Liz... Ich weiß." Er klingt so verständnisvoll

"Dann zog er meinen Pullover aus und fing an mich anzufassen ... Überall. Immer wieder küsste er mich und als er versucht hat meine Hose aufzumachen kamst du ... Zum Glück ..." Jetzt weine ich einfach los, zum Glück ist die Pizzeria nicht voll und wir sitzen allein in einer Ecke. Ich spüre das Cole's Körper sich während meiner Erzählung anspannt und er am liebsten sofort zu Ryan gehen würde. Aber er sagt nichts und legt seine starken Arme wieder um meinen zierlichen Körper. Es tut so gut ...

Nach 5 Minuten kommt wieder die Kellnerin von vorhin und bringt uns unsere Pizza. Ich klettere von seine Schoß und gehe auf meinen Platz. Eigentlich habe ich gar keinen Hunger, aber ich esse trotzdem weil es einfach so verdammt gut riecht.

Nach einigen Minuten schweigen fragt er mit etwas Unsicherheit und Verzweiflung in der Stimme. "Liz? Kann ich dich um etwas bitten?"

Ich schaue ihn nur an und zeige ihm so das er anfangen soll zu reden.

"Bitte tuh dir nicht wieder selbst weh. Egal wie scheiße irgendwer zu dir ist Liz ... Bitte. Rede mit deinem Vater oder so." Setzt er fort.

Mit meinen Vater HA-HA-HA. Okay, ich bin wahrscheinlich grade rot wie eine Tomate ... Mir ist es wirklich ziemlich unangenehm mit ihm über sowas zu reden ... "Mache ich nicht. Versprochen." Ich ringe mir ein Lächeln ab. Es scheint ihm zu reichen, denn er widmet sich wieder seiner Pizza.

Doch bevor er überhaupt weiter essen kann nehme ich allen Mut zusammen und frage ihn was ich schon seit ein paar Tagen wissen möchte. "Wieso bist du so verdammt nett zu mir? Ich meine es wäre doch viel leichter sich den anderen anzuschließen."

Er beißt von seinem Stück Pizza an und legt ein zufriedenes Lächeln auf, als hätte er die ganze Zeit nur auf diese Frage gewartet hätte ... "Wenn ich mich den anderen anschließen würde, wäre ich ich ja genau so ein Vollpfosten. Außerdem kann ich es nicht sehen wie Frauen verletzt werde oder sich sogar selbst verletzen."

Der letzte Teil hört sich aus seinem Mund an wie ein Vorwurf. Vorhin war er noch so lieb ... Und jetzt wirkt er kalt. Irgendwie enttäuscht mich seine Antwort .. Liz du Trottel ... Hast du jetzt gedacht er gesteht dir deine Liebe? Nein ... Aber so etwas wie 'ich mag dich halt.' hätte mir schon gereicht ...

Ich gebe ein leicht enttäuschtes und emotionsloses "okay" von mir und fange an zu essen.

Keiner sagt etwas ... Mittlerweile sind unsere Teller leer und er hat für uns beide bezahlt. Ehrlich gesagt bin ich froh das er bezahlt hat ... Ich hab nämlich nur noch einen Notfall 20er da Papa mir kein Geld mehr gibt. Er sagt ich soll es als Bestrafung sehen ... Ist ja nicht so als ob mein komplettes Leben mittlerweile eine ganze Strafe ist.

"Danke für's bezahlen ..." Sage ich etwas schüchtern. Damals war ich ein so normales Mädchen ... Ich war selbstbewusst, aber nicht arrogant. Schüchtern kam in meinem Wortschatz nicht einmal vor und Traurigkeit sowieso nicht. Ich war immer glücklich und hatte ein Lächeln auf dem Gesicht. Jetzt habe ich keinen Grund mehr zu lächeln ... Mein Bruder, der meist geliebte Mensch in meinem Leben ist wegen mir tot ... Und mein Vater behandelt mich wie ein Stück nutzlose Scheiße. Ich merke das meine Augen feucht werden, nein. Nicht hier ... Nicht vor ihn. Ich kann nicht ständig vor ihm heulen, ein wenig Stolz habe ich auch noch. Obwohl ... Habe ich den denn? Mein Vater erniedrigt mich rund um die Uhr ... Habe ich da wirklich noch Stolz?

"Hallo Liz?!" Eine so wunderschöne Stimme holt mich aus meinen Gedanken. Cole's. "Hörst du mir überhaupt zu?" Sagt er etwas genervt.

Oh nein, locker denkt er jetzt ich bin eine Bekloppte. "Tut mir leid ... Was hast du gesagt?"

Er betrachtet mich kurz bevor er antwortet, okay. Er denkt ich bin bescheuert. "Ich habe gefragt ob ich dich mit nach Hause nehmen soll?"

Ich nicke und zusammen gehen wir still, Seite an Seite zu seinem Auto. Ich steige ein und mir kommt ein Kokosgeruch entgegen, er mischte sich ein wenig mit dem Deo oder Parfüm von Cole. Es riecht einfach so verdammt gut.

Sofort schnalle ich mich an und kurz darauf fährt er auch schon los.

"Könntest du noch kurz mit rein kommen? Ich habe meiner Mum erzählt das ich mit dir unterwegs bin und sie will unbedingt kurz mit dir sprechen." Sagt er während er weiter auf die leere Straße schaut. Es war 17 Uhr, komisch das die Straße dann so verdammt leer ist.

"Ehm ... Ja klar." Antworte ich schnell um ihn nicht noch auf die Nerven zu gehen, nach der Aktion heute. Die Aktion heute ... Ryan. Wieso hat er das getan? Ich war immer wie eine kleine Schwester für ihn ... Was ist nur passiert? Warum wollte er sich so an mir rächen ... Ich war nicht einmal mehr Jungfrau, falls er die Absicht hatte mir die zu nehmen ... aber das kann nicht sein. Er hat dem Typ mit dem ich damals mein erstes Mal hatte sogar fast eine gedrückt, weil er mich danach stehen lassen hat. Von meinem Bruder fange ich garnicht erst an! Der ist komplett ausgerastet.

Ich spüre Ryan's Hände überall an meinem Körper. Es ist so schrecklich, sofort versteife ich mich und mir schießen Tränen in die Augen. Reiß dich zusammen Liz! Nicht vor Cole. Nicht schon wieder ...