Dieses Kleid war zwar wunderschön, aber es wird mich noch umbringen. Wie konnte man nur mit so was den ganzen Tag herumlaufen? Na ja, auf jeden Fall musste ich es jetzt erstmal schaffen, in den Ballsaal zu kommen, ohne irgendwas kaputt zu machen. Dabei noch lächeln. Schön.
Dabei ignorierte ich die Blicke, die mir von den Leuten zu geworfen wurden, denn ich sollte ja so tun, als wären sie nicht da. Ich war so gesehen fast allein in diesem Gang, wenn man die Wachen nicht mitzählte. Mit bedächtigten Schritten näherte ich mich nun meinem Ziel. Kopf gerade halten, sonst könnte die Frisur ruiniert werden. Die beiden Wachen, die vor der Tür standen, musterten mich kurz und der Zeremonienmeister fragte nach meinem Namen.
"Lady Margerite of Pembroke.", sagte ich mit einem Hauch von Arroganz in meiner Stimme. Der Herr schaute auf seine Liste, nickte kurz und fragte dann: "Wo ist denn euer Gemahl?" Er sah mich mit einem prüfenden Blick an. "Ich nahm an, er sei bereits hier.", erwiderte ich in einem vorwurfsvollen Ton, schließlich kontrollierte er die Anwesenheit und sollte das doch wissen. Der Zeremonienmeister nickte den Wachen zu und sie öffneten die Flügeltüren. "Lady Margerite of Pembroke.", rief der Herr in den Saal. Super, jetzt wusste auch die letzte imaginäre Ratte in diesem Raum, wer ich war. Teil des Drehbuches? Nicht dass ich wüsste.
Nun gut, der nächste Punkt in meinem Drehbuch lautete, meinen Gemahl zu suchen und entweder mit ihm zu tanzen oder ein Gespräch anzufangen. Ungünstigerweise wusste ich nicht, wie mein Gemahl aussehen sollte, ich kannte nur seinen Namen. Also ging ich einfach weiter in den Raum hinein. Die "Out of Time" Menschen, welche Zuschauer waren die nicht zum Theaterstück gehörten, warfen mir Blicke zu, die ich ignorierte. War mein Kostüm denn so hübsch?
Nun gut, jetzt musste mein Gatte mich erstmal finden. Er wusste schließlich, wer ich war, laut genug wurde es ja angesagt.
Ich stellte mich also erstmal zu einer Gruppe sympatisch aussehender Leute, die sich angeregt über die Politik unterhielten. So wirklich konnte ich nichts zu dem Thema beitragen, jedoch interessierte es mich sehr.
Nach einer kurzen Zeit griff jemand nach meiner Hand und drehte mich zu sich um. Der blonde Mann küsste meinen Handrücken und sah mir dann in die Augen. Er lächelte schelmisch, was ihm verdammt gut stand. Der Kerl war ja so schon von Gott gesegnet worden, obwohl ich dachte, dass er in ,,Out of Time" Sachen noch besser aussehen würde. "Es ist schön euch zu sehen, Gemahlin Margerite.", sprach er mit seiner tiefen Stimme zu mir. Oh mein Gott, er spielte meinen Mann, genial. Scheinbar war es doch eine gute Idee gewesen, dass ich mich hier für beworben hatte. "Mylord of Pembroke.", sagte ich ebenfalls mit einem Lächeln. Laut dem Drehbuch hatte ich eine gute Bindung zu ihm und liebte ihn. "Warum seid ihr heute so förmlich?", fragte er mich. "Das Gleiche könnte ich euch auch fragen. Liebt ihr mich nicht mehr oder warum scheint es so, als wolltet ihr Abstand zu mir gewinnen, in dem ihr allein hierher kommt?" Ich übertrieb gleich mal ein bisschen. Konnte ja nicht schaden. Er jedoch kam schnell einen Schritt auf mich zu und hielt meine beiden Hände. "Niemals liebste Margerite. Ich liebe dich vom ganzen Herzen und könnte eine mögliche Entfernung zwischen uns nicht verkraften." Uff, okay ein simples aber effektives Liebesgeständnis. Kurz war ich baff. Nun küsste er mich auf die Stirn. "Aber Leif, du weißt, dass sich das hier nicht schickt.", flüsterte ich mit leicht geröteten Gesicht und gesenkten Blick. "Mir ist egal was die Leute denken. Es sollte nicht unschicklich sein, seiner Frau zu zeigen, dass man sie liebt." Anschließend fügte er noch hinzu: "Wollen wir tanzen?"
Der Mann war der Hammer, warum konnte mir so jemand nicht im richtigen Leben begegnen?
Da ich nun extra Tanzstunden für diesen Charakter genommen hatte, bejahte ich seine Anfrage. Er führte mich auf die Tanzfläche und wir tanzten wie kein anderes Paar und lachten gemeinsam. Die Chemie schien, wie man so schön sagte, zwischen uns zu stimmen. Irgendwann sahen uns nicht nur die ,,Out of Time" Menschen zu, sondern auch alle anderen. Als das Lied endete, klatschten und jubelten sie uns zu. Mit gesenkten Blick und einem Knicks, wie es sich gehörte, bedankte ich mich bei allen und sah mit einem glücklichen Lächeln zu Leif. "Du hast wundervoll getanzt.", teilte er mir mit. "Du warst auch nicht schlecht.", gab ich das Kompliment zurück. Er kam auf mich zu und wollte etwas sagen, als in dem Augenblick lautstark die Ankunft des Königs bekannt gegeben wurde. Auf einmal wurde es totenstill, bis auf etwas Gelächter von Jugendlichen, und jeder versank in einen tiefen Knicks oder in eine Verbeugung. Er gab uns zu verstehen, als er in etwa die Mitte des Saales erreichte, dass wir doch weiter machen sollten. Es wurde also weiter getanzt und allgemein gefeiert. Nun begann der interessante Teil dieses Schauspieles.
Leif, dessen richtigen Namen ich nicht kannte, und ich tanzten wieder, wobei ich viel Spaß hatte. Als die letzten Töne eines weiteren Liedes gespielt waren, gab es von allen Seiten Applaus für die Musiker. Da ertönte die Stimme des Königs hinter mir. "Ihr tanzt wunderbar, Lady Margerite.", sprach er zu mir in einem freundlichen Tonfall. "Ich danke euch Majestät.", sagte ich, während ich in einen Knicks sank. "Oh lasst das doch, es gibt andere Menschen, die es nötiger hätten, Respekt zu zeigen." Während diesen Worten glitt sein Blick in die Richtung von Leif, welcher immer noch in seiner Verbeugung ausharrte. Ich war verwirrt. "Was genau meint ihr damit?", fragte ich den König. "Nun ich denke genau das, was ich sagte. Manche Menschen zeigen keinen Respekt gegenüber ihren Mitmenschen, sogar ihren Freunden." Er machte eine Pause, fuhr jedoch fort, als er meinen weiterhin fragenden Ausdruck sah. "Ich gebe euch ein Beispiel: ein verheirateter Mann teilt das Bett mit einer anderen Frau als seiner eigenen. In diesem Fall ist es doch respektlos seiner Ehefrau gegenüber. Da stimmt ihr mir sicherlich zu oder nicht Mylord of Pembroke?" Ein Funken Bösartigkeit blitzte kurz in den Augen des Königs auf, während er Leif mit einer knappen Geste zu verstehen gab, sich zu erheben. Da war wohl jemand voll und ganz in seinem Element. "Ihr...", Leif räusperte sich kurz, "habt vollkommen Recht mein König.", brachte er dann heraus. "Oder verhält sich der Mann sich selbst gegenüber respektlos? Schließlich ist Ehebruch ein Zeichen dafür, das er sich jegliche Ehre selbst nimmt.", sprach der König weiter.
Das alles brachte mich durcheinander, denn ich wusste nicht genau, wohin das führen sollte. Durch mein Drehbuch wusste ich schon, dass ein emotionales Ereignis statt finden würde, doch musste ich noch die richtigen Gefühlsausdrücke finden, je nach dem für welche Situation.
"Was genau wollt ihr damit andeuten?", fragte ich den König mit leicht zittrigen Unterton und versuchte es zu vermeiden, Leif anzuschauen. "Die Interpretation überlasse ich ganz euch. Ich will euch lediglich mitteilen, dass ihr besseres verdient." Mit einem bösen Lächeln in Leifs Richtung fügte er noch hinzu: "Oh, das hatte gerade gar nichts mit meinem vorherigen Vortrag über Respekt zu tun." Er nahm meine Hand und küsste sie. Mit einem einfühlsamen Lächeln sprach er: " Wenn ihr jemanden braucht, mit dem er reden wollt, könnt ihr jeder Zeit zu mir kommen." Und damit ging er.
Wie zur Säule erstarrt, stand ich da. Leif rührte sich zunächst ebenfalls nicht, wahrscheinlich war er von den letzten Worten des Königs schockiert. Doch dann legte er mir seine Hand auf die Schulter, welche ich jedoch abschüttelte. "Margerite bitte, du musst mir zuhören...", fing er an, kam aber nicht weiter, da ich ihm wütend unterbrach. "Nein! Ich muss gar nichts. Du hast mich betrogen. So das jeder es mitbekommen hat, nur ich nicht." Er wollte mich wieder berühren, doch ich wich zurück. "Fass mich nicht an. Das ist ekelhaft, mit diesen Händen... Mit wem? Kenne ich sie auch noch? Ach weißt du was, sag es mir nicht, ich will es nicht wissen. Geh doch zu ihr, sie scheint ja besser zu sein als ich." Zum Ende zeigte ich meine schauspielerischen Leistungen. Meine Stimme verlor an Kraft und ich schien den Tränen nahe. Ich wollte hier weg. Also ging ich schnellen Schrittes zum Ausgang.
"Margerite. Margerite! Warte doch! Hör mir zu!" Er holte mich ein, doch in diesem Augenblick drehte ich mich zu ihm und schlug ihn ins Gesicht. Mir war egal, ob uns nun alle zu sahen, um so besser für meine Rolle. Kurz schien er erschrocken, fing sich aber schnell wieder. Seine Reaktion überraschte und überforderte mich komplett. Denn er küsste mich. Es lag so viel Verzweiflung in diesem einen Kuss, dass ich fast dachte, es wäre nicht gespielt. Doch meine Figur überzeugte das nicht. Ich stieß ihn sanft weg. "Würdest du mich lieben, hättest du nie eine andere angefasst." Eine einzelne Träne lief zur meine Wange. Meine Rolle war perfekt.
DU LIEST GERADE
Kurzgeschichten
Short StoryIn diesem Buch werde ich Kurzgeschichten jeglicher Art veröffentlichen. Darunter zählen traurige, mittelalterliche, fröhliche Geschichten oder einfach nur von mir ausgedachter Unsinn, der es nicht zu einem ganzen Buch schaffen würde, jedoch auch zu...