2. Kapitel - Brücke

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Das Wasser ist wunderschön. Die seichten Wellen, welche sich langsam ausbreiten, dieses schöne Dunkelblau, wie von einer übernatürlichen Kraft erdacht und erschaffen. Ich ließ einen Stein hinunter fallen. Er verursachte von hier oben kaum wahrnehmbar Wellen, wüsste man nicht das dort welche waren.
Genauso verhält es sich mit dem Leben. Wüsste niemand das man lebt, was durch die eigene Mutter schon verhindert wird, würde man quasi nicht existieren. Zumindest für die Welt nicht. Verstehst du was ich meine?
Man lebt, wenn man Freunde hat, mit denen man den größten Mist anstellen kann und dabei viel Spaß hat.
Andere Leben, wenn sie auf viele Partys gehen, sich betrinken und Drogen nehmen.
Wieder andere leben und lieben das Risiko und den damit verbundenen Adrenalinkick.
Ich gehöre zu diesen Menschen.
Wahrscheinlich sollte jetzt der Augenblick kommen, in dem ich sage, dass das der Grund ist warum ich auf dieser Brücke sitze, auf das Wasser schaue und dabei die Füße baumeln lasse. Jedoch ist das nicht so. Zumindest nicht direkt. Ich sitze schon hier, weil ich das Risiko liebe, jedoch hasse ich es in diesem Augenblick.
Ich hasse mich weil ich es liebte und eigentlich im Gründe immer noch liebe. Doch genau das wurde mir zum Verhängnis.
Es war vorher klar, dass Risiko kein anderes Wort für "ungefährlich" ist. Jedoch war das immer das aufregende für mich. Dieses Gefühl das eigene Leben in der Hand zu halten und zu fühlen wie es von der eigenen Stärke abhängt. Diesmal war es jedoch nicht mein Leben was auf dem Spiel gestanden hatte. Und ich hatte dieses Leben, was nicht mir gehörte, einfach so riskiert ohne zu fragen oder darüber nach zu denken. Die Strafe dafür hatte ich bekommen, doch empfand ich das nicht als genug. Ich wollte meine Liebe zum Risiko los werden.
Ich wollte sie töten.
Deshalb saß ich hier.
Hier auf dieser Brücke, Welche kaum befahren war, da es früh am Morgen war.
Ich sah noch einmal wie die Sonne sich von orange zu gelb verwandelte und wie sie sich vom Horizont trennte. Genau wie ich mich von meiner Liebe trennen wollte. Ich atmete tief durch, spürte das Leben in mir und wie mein Herz vor Aufregung wild pochte. Am liebsten würde ich es mir aus der Brust reißen. Den Blick weiterhin auf den Horizont gerichtet, stand ich auf. Ich merkte das ich leicht zitterte, ob wegen der Kälte oder Aufregung konnte ich nicht sagen. Doh ich straffte mich und verursachte es zu unterbinden. Der Wind fuhr leicht um meine Arme als ich diese seitlich ausstreckte und spielte mit meinen Haaren. Ich lächelte und dachte dass es kein schöneres Gefühl geben kann, als den Wind und das Wasser um sich zu haben, wenn man sich von der wundervoll geschaffenen Welt verabschiedet.
"Ich habe dich nicht verdient. Ich bin ein Fehler hier. Für dich liebe Welt, bin ich ein Risiko zu viel eingegangen. Die Strafe war nicht gerecht. Sie gleicht meine Schuld nicht aus. Deshalb bestimme ich eine neue Strafe für mich." Ich schloss, immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen, meine Augen.

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