》Kapitel 6 《

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"Du kämpfst nicht nur hinterhältig, du betrittst auch noch unerlaubt Shops. Was ist das für ein Benehmen?", fragte Uta halb im Spaß, halb, weil er durch die Reaktion des Eindringlings ihre genaue Position ausfindig machen wollte.

"Alte Angewohnheiten." Die helle Stimme kam vom anderen Ende des Raumes, doch bevor Uta reagieren konnte, wurde er von gleißendem Licht geblendet.

Sie saß auf einem der Hocker, auf denen er sonst seine Masken präsentierte.

Aus den Augenwinkeln sah Uta, dass sie die Maske, die zuvor auf dem Hocker gestanden hatte, sorgfältig auf einen Schrank gestellt hatte. Ein winziges Detail, das ihn vielleicht hätte lächeln lassen, würde er seine Emotionen offener zeigen.

Die Ghoula trug den schwarzen Umhang, den sie schon bei ihrer ersten Begegnung getragen hatte. Ihr Gesicht lag durch die Kapuze im Schatten.

Unschlüssig stand der Besitzer des Mask Studios noch immer im Eingang.

"Eine Maske würde dir besser stehen als diese Kapuze, falls es dir darum geht, unerkannt zu bleiben."

Entschlossen, dieses Katz und Maus Spiel nicht mehr mit zuspielen, schlenderte Uta an seinen ausgestellten Masken vorbei, entschied aber, dass keine von ihnen zu der Ghoula passte, die nun bemüht war, ihre Verwunderung über seinen Themenwechsel nicht zu zeigen.

Das war nicht die Reaktion, die sie von ihm erwartet hatte. Obwohl, was hatte sie überhaupt erwartet?
Dass er sich auf sie stürzt, sie bekämpft wie beim letzten Mal? In seinem Studio? Damals ging es um ihr Revier, dass er ihr streitig machen wollte, daher hatte sie wohl angenommen, er würde hier ähnlich reagieren.

Die junge Ghoula wurde so nicht aus ihrem Gegenüber schlau.

"Ist das nicht eher untypisch für einen Ghoul? Ein Maskenshop?"

Uta nahm sein Skizzenbuch in die Hand und setzte sich auf einen Hocker ihr gegenüber, dennoch ein Stück weiter weg.

"Darf ich dein Gesicht sehen?", fragte er.

Sie zögerte, dann hob sie die Kapuze mit beiden Händen an und setzte sie ab.

Wie beim ersten Mal, staunte Uta über ihre Schönheit.

Ihre langen dunklen Haare trug sie offen, in ihren ebenfalls dunklen Augen lag Misstrauen und Verwirrung, die sie durch ihr selbstbewusstes Auftreten zu verbergen suchte. Aber auch ein bisschen Vertrauen glaubte Uta zu erkennen.

"Du bist sehr schön, macht es dir was aus, wenn ich einen Entwurf zeichne?"

Was war nur mit ihm los? Uta hatte noch nie jemandem ein Kompliment gemacht, geschweige denn einer Frau!

Auch sie schien dadurch verunsichert. Die Ghoula öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann wieder, und schüttelte nur leicht den Kopf.

Mit schnellen Bleistiftsstrichen malte Uta die Umrisse ihres Gesichts, stockte dann aber. Ohne Informationen über die Person, für die er eine Maske machen wollte, konnte er nichts entwerfen.

Er sah hoch, doch sie saß nicht mehr auf dem Hocker. Sie sah sich, den Rücken ihm zugewandt, die an der Wand hängenden Masken an, blätterte dann seine Entwürfe durch.

"Die sind echt gut. Wie lange hast du das Studio schon?"

"Ein paar Jahre.", entgegnete Uta nur, verbesserte dann einige Ränder seiner Skizze.

"Wie heißt du, Maskenmacher?"

"Uta."

Sie lachte leise und strich dabei über den Saum einer schwarzen Maske. "Das erklärt einiges."

Als Uta nun aufsah, trafen sich ihre Blicke. "Was meinst du?"

"Uta bedeutet im Chinesischen so viel wie 'Tattoo', von denen hast du ja reichlich wenige.", sie lächelte kurz.

"Hm.", sagte Uta nur, in Gedanken verloren. Darüber hatte er sich nie Gedanken gemacht. Er kannte seinen Namen, aber ob er eine tiefere Bedeutung - oder überhaupt eine - hatte, war für ihn nie von Interesse gewesen.

"Und deiner, 12. Bezirk?"

Sie schwieg und erstarrte in ihrer Bewegung. Langsam legte sie eine Skizze zurück auf den Tisch neben ihr.

"Ich habe viele. Und keinen."

Ashai | UtaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt