》Kapitel 19《

816 46 10
                                    

,,Yomo, sagst du?"

,,Yomo und Itori."

Kuraiko schwieg. Das Licht der Laternen erhellte die Straßen und Autos rauschten an der Hauptstraße entlang.

Ab und zu begegneten sie Menschen, die einen nächtlichen Spaziergang machten. Ihr Geruch verfolgte Kuraiko noch lange, ständig drehte sie den Kopf, um den Passanten nachzusehen.

,,Kuraiko.", mahnte Uta leise und sie nickte.

Aber Kuraiko hatte nicht nur nach den Menschen gesehen. Sie hoffte inständig nach einem Fluchtweg, hoffte auf irgendwas, das den bevorstehenden Besuch verhindern könnte.

Uta hatte sich entschieden, Yomo und Itori Kuraiko vorzustellen. Vielleicht würden sie sich ja verstehen, schließlich waren die beiden nicht der schlechteste Umgang. Vor allem aber waren sie ein Teil von Utas Leben und... Da Kuraiko nun auch ein Teil seines Lebens war, war das doch nur naheliegend.

Er hatte nicht viel nachdenken können, seit die junge Ghoula bei ihm eingezogen war. Wobei es ihm schien, als würde sie immer einen Mindestabstand von mehreren Kilometern zu ihm halten. Während er in seiner Wohnung über dem Maskenladen lebte, hatte sie noch nie einen Fuß auf die Treppe gesetzt.

Tagsüber war sie im Laden, nachts wusste er selbst nicht, wo er sie finden könnte. Anfangs hatte er befürchtet, sie würde nicht zurück kommen, aber als er verschlafen den Laden betreten hatte, hatte sie dort gestanden, am Tresen gelehnt, die Arme verkreuzt, und mit ihren dunklen Augen zu ihm gesehen. Und so war es seitdem immer gewesen.

Bis vor ein paar Tagen. Uta war aufgestanden, hatte sich wie immer einen Kaffee gemacht, ein Auge in die Luft geworfen und mit dem Mund gefangen und war die Treppe hinunter gegangen. Und sie saß einfach da.

Das dunkle Haar zur Seite gelegt, damit es sie nicht hinderte. Ihre glänzenden Augen wanderten immer wieder über die Notizen der letzten Woche. Als Uta sich näherte hielt sie ihm ohne aufzusehen ein Blatt Papier hin.

Es war eine fertige Skizze einer Maske, über die Uta sich schon Tage lang den Kopf zerbrochen hatte. Und jetzt war sie einfach da. So perfekt.

Und er meinte nicht nur die Skizze.

Der Ghoul sah zu Kuraiko, die gedankenverloren neben ihm ging.

Ihre Augen funkelten alle paar Meter, wenn sich das Licht der Laternen in ihnen widerspiegelten. Ihre Haare umrandeten ihr blasses Gesicht und-

Uta schüttelte den Kopf, was ihm einen kurzen Seitenblick von Kuraiko einbrachte, die die Augenbrauen fragend hochgezog. Er lächelte nur zaghaft und wandte sich ab.

Ashai. Seit sie bei ihm war, hatten sie nicht ein Wort darüber verloren. Uta hatte entschieden, dass es nichts bedeuten, oder zumindest ihre Beziehung nicht beeinträchtigen  sollte. Schließlich kannten sie sich fast nicht.

Sie hatten wahrscheinlich beide Angst bekommen, als sie das Wort Ashai gehört hatten. "Für einander bestimmt" hatte zu hohe Erwartungen kreiert, die nur Unwohlsein bereiteten. Kein Wunder, dass Kuraiko ständig weggelaufen war.

Für jetzt wollte Uta sie einfach kennenlernen und sie um sich haben.

,,Hier.", sagte er, als sie an eine Kreuzung gekommen waren. Er deutete in die Straße hinein. ,,Da vorne ist eine Gasse, durch die man zu Itoris Bar kommt."

Kuraiko nickte und ging dann weiter, Uta folgte ihr.

Vorsichtig legte sich eine Hand um ihr Handgelenk und zog sie in die Gasse, an der sie beinahe vorbei gelaufen wäre. Als seine Hand verschwand, fühlte Kuraiko sie noch immer auf ihrem Arm liegen. Unauffällig strich sie mit ihrer freien Hand über die Stelle, schüttelte dann aber den Kopf.
Sie hatte jetzt andere Probleme.

Uta klopfte und wurde überschwänglich in eine Umarmung gezogen, als sich die Tür öffnete. Eine Ghoula mit roten Haaren lachte nun Kuraiko entgegen und breitete die Arme aus.

Während Kuraiko einen Schritt nach hinten wich, legte Uta eine Hand auf Itoris Arm, um sie an der geplanten Umarmung zu hindern. Er warf ihr einen kurzen Blick zu und sie zog die Arme zurück.

,,Ich bin Itori.", sagte sie etwas peinlich berührt. ,,Kommt doch rein."

Sie trat aus dem Weg und ging weiter in den Raum, bis die schließlich um die Ecke verschwand.

Uta schloss die Tür hinter Kuraiko und sah zu ihr. Ohne Worte bedankte sie sich mit ihrem Blick bei ihm. Er fragte, ob alles in Ordnung sei und sie nickte.

Zögerlich nahm Uta ihr schließlich den Mantel ab und hing ihn zusammen mit seinem an den hölzernen Garderobenständer in der Ecke.

Er wollte Kuraiko aufmuntern und Mut zusprechen, aber wusste nicht, wie er es hätte tun sollen. Ihm fehlten schlichtweg die Worte.

Die Ghoula atmete stattdessen tief durch und ging an Uta vorbei.

In dem kleinen Sitzbereich der Bar beugte sich Itori gerade über einen Tisch und unterhielt sich mit einer weiteren Person, dessen Gesicht sie verdeckte.

Die Person hatte ihren grauen Mantel noch nicht abgelegt und umfasste bereits ein Glas mit roter Flüssigkeit.

Uta ergriff das Wort.

,,Yomo."

Itori richtete sich auf.

Graue, kalte Augen trafen auf dunkle.

,,Das hier ist.."

,,..Katsumi."

Ashai | UtaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt