Kapitel 34

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Am Abend legt sich Misaki das erste Mal seit Wochen früh, ohne Schulbücher ins Bett und nimmt sich vor heute ihren wohlverdienten Schlaf nachzuholen. Sie hatte vorgesorgt und Takumi klar gemacht, dass sie für heute ihre Ruhe will und ihr Handy aus geschaltet. Doch kaum hat das Mädchen ihre Augen geschlossen, hört sie ein leises Pochen aus Richtung ihres Fensters. Misakis dreht sich als Reaktion auf die andere Seite, ohne sich weiter an dem Geräusch zu stören. Erst als immer mehr Kieselsteinchen gegen das Zimmerfenster flogen, richtete sie sich auf und tapste schlaftrunken auf den Lärm zu. Sie reißt das fenster auf und will schon brüllen, dass Takumi jemand anderen nerven soll, doch plötzlich stockt sie, noch während sie Luft zum Schreien holt. Unten auf der Straße steht nicht ihr Freund Takumi Usui.  "Hinata Shintani!" Der braunhaarige Junge wird rot und lacht verlegen. "Na Misaki? Bist du überrascht? Wir haben uns in den letzten Wochen kaum gesehen und weißt du nicht mehr wie schön das war, als wir als Kinder jede freie Minute miteinander verbracht haben? Wieso tun wir das nicht mehr, lass uns gleich anfangen das wieder anzufangen!", brabbelt der junggebliebene Erwachsene los. Misaki schließt die Augen und zählt im Kopf langsam bis zehn. Abschlagen kann das Mädchen ihrem besten Freund aus Kindertagen diese Bitte nicht. Nicht zuletzt, weil sie den Armen schon des öfteren ausgenutzt hatte, wenn es darum geht Takumi eifersüchtig zu machen, obwohl das eigentlich gegen Misakis Werte spricht. Mit einem Seufzen gibt sie sich geschlagen und erklärt sich bereit in einer Minute raus zu kommen. Vor der Haustür wird sie von Hinata mit einem schiefen Lächeln begrüßt. 

Die beiden alten Freunde laufen durch die Straßen der Stadt. Schweigend. Sie genießen es einfach nur wie früher beieinander zu sein. Das innige Gefühl zwischen ihr und dem Jungen sind mit den Jahren stärker geworden. Misaki spürt, dass die beiden mehr verbindet, als nur die Freundschaft, die sich über die Jahre gebildet hat. Dieses Gefühl ist gewichen und hat Platz gemacht für etwas intimeres. Nicht nur Misaki scheint das aufgefallen zu sein. Auch Hinata, der in Misaki immer schon mehr gesehen hat, als eine bloße beste Freundin bemerkt die Veränderung. "Tut mir übrigens Leid, wenn ich dich erschreckt habe. Ich hab dich nur anders nicht errechen können und dachte, dass das vielleicht romantischer ist, als zu klingeln." , verlegen kratzt der Junge sich am Kopf, der sich schon wieder rot gefärbt hat. Misaki seufzt: "Ach Hinata. Du weißt, dass sich viel verändert hat. Und es wird sich noch viel mehr verändern. Wir sind keine Kinder mehr. In ein paar Wochen ist das Schuljahr vorbei. Und alle Wege werde sich trennen. Ich weiß, dass du das nicht willst. Aber auch wir werden uns dann weniger sehen." Betrübt blicken die jungen Erwachsenen auf den Boden. Doch diese Stimmung hält nicht lange, da der positiv eingestellte Hinata die Zeit genießen will und Misaki aufgeregt an die Hand nimmt und mit zieht. Zuerst will das Mädchen protestieren, doch dann sieht sie was das Ziel ist. Der alte Spielplatz. Misaki muss lächeln, tausende Erinnerungen schießen ihr durch den Kopf und ihr geht es tatsächlich gleich viel besser, obwohl sie dennoch sehr wehmütig wird.

Bis spät in die Nacht sitzen die Zwei auf den Schaukeln, wiegen sich hin und her, schwelgen in alten Erinnerungen oder Schweigen gemeinsam. Nur schwer können sich die beiden vom Spielplatz und damit von ihrer Kindheit trennen. Aber beide wissen,dass es nun Zeit ist Abschied zu nehmen. So kommt es, dass die Beiden sich langsam auf den Weg zu Misaki nach Hause machen, da Hinata es sich nicht nehmen lassen konnte sie noch bis vor die Haustür zu bringen. Misaki hatte nur die Augen verdreht, aber zugestimmt, da sie insgeheim doch froh war Hinata noch länger bei sich haben zu können. Vor der Tür blickt  Misaki nochmal über die Schulter, um sich von ihrem Sandkastenfreund zu verabschieden, doch der zieht Misaki in seine Arme. Nach kurzer zeit entspannt sich das Mädchen und genießt die Wärme, die von ihm ausgeht. Die beiden lösen sich lächelnd. Doch dann wird Hinatas Miene hart. Von einem Moment auf den anderen liegt Misaki wieder in seinen Armen und wird stürmisch von ihm geküsst. Vor lauter Schreck tut sie erstmal nichts, bis sie realisiert, was da gerade vor sich geht. Schnell löst sie sich und wirbelt entgeistert herum, bereit zur Flucht ins Haus. Da steht er, keine drei Meter von ihr und Hinata entfernt. Seine Gesichtszüge sind wie versteinert. Nur in seinen Augen kann man unbändige Trauer sehen. "Takumi", flüstert Misaki entgeistert. Seine zu Fäusten geballten Hände zucken in die Richtung Hinatas, der schelmisch grinst. Jetzt wird Misaki einiges klar. Der Kuss von Hinata galt gar nicht ihr. Er war nur für Takumi bestimmt, als eine Art von Warnung. Hinata hatte Misaki noch nicht aufgegeben. Er hatte gerade erst angefangen zu kämpfen und ab jetzt läuft das Spiel nach seinen Regeln. 

Mit einem letzten gequälten Blick verschwand Takumi in die Dunkelheit, ebenso lautlos wie er gekommen war. Und auch Hinata lief lächeln in die entgegengesetzte Richtung davon. Jetzt stand Misaki allein da. sie begriff nicht was gerade passiert war. Wie konnte es sein, dass das Leben ihr die gerade gewonnenen Glücksgefühle sofort wieder nahm. Gerade war alles perfekt, doch nun sitzt Misaki allein in der Dunkelheit und verfällt zum ersten Mal in einen Nervenzusammenbruch.

Kaichou wa maid samaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt