Kapitel 1

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Flink und mit anmutigen Bewegungen kletterte ich an der Außenseite des Gebäudes nach oben, das Scharfschützengewehr meines Komplizen pendelte dabei zwischen meinen Schulterblättern hin und her. Deadshot selbst war vermutlich gerade dabei, in einem schicken Anzug gekleidet, mit dem Aufzug in das oberste Stockwerk zu fahren und von dort über die Feuerleiter aufs Dach zu gelangen. Allem Anschein nach hatte man mich nur angeheuert, weil der gute Deadshot seit seiner Begegnung mit dem sogenannten Bogenschützen, nicht mehr ganz der alte war. Laut eigenen Angaben war er nicht mehr in der Lage, eine Wand nach oben zu klettern und da es wesentlich schwieriger gewesen wäre ein Scharfschützengewehr duch einen Saal voller Securities zu schmuggeln, kam ich ins Spiel. Irgendeine reiche Familie gab eine Gala und unser Zielobjekt war eingeladen. Wir kannten weder einen Namen noch die Geschichte des Mannes, wir hatten lediglich einen Umschlag mit einem Foto und Orts- und Zeitangaben erhalten. Mir sollte es recht sein: Die Bezahlung war mehr als gut. Die schwarzen Handschuhe sorgten dafür, dass ich nicht rutschte und meine Schuhe hatten spezielle Sohlen, sodass sie mir Halt boten, wo eigentlich keiner war. Behände schwang ich mich über die Dachkante und zu meinem Pech wartete der dunkelhaarige Mann bereits auf mich. Grimmig blickte er mir entgegen und das Visier, dass er an der Stelle trug, wo einmal sein Auge gewesen war, leuchtete glühend rot durch die Dunkelheit.

"Haben Sie sich unterwegs noch etwas zu Essen besorgt oder warum hat das so lange gedauert?", fuhr er mich an und riss mir praktisch sein Gewehr aus den Händen. Ich musste an mich halten, um ihm nicht mit einem simplen Handgriff das Genick zu brechen.

"Tut mir leid, ich konnte mich nicht zwischen McDonalds und BurgerKing entscheiden", fauchte ich zurück. An seinem Kiefer zuckte ein Muskel, aber er wandte sich ohne ein weiteres Wort ab und begann sich einen geeigneten Platz zu suchen, um sein Gewehr aufzulegen. Ich hatte bis jetzt nur ein paar Minuten mit ihm verbracht, aber es war bereits klar, dass er mich genauso wenig ausstehen konnte, wie ich ihn. Ich beobachtete, wie er die Windverhältnisse checkte und als hätte er gespürt, dass ich ihn anstarrte, drehte er sich mit einem genervten Schnauben zu mir um: "Wir haben noch vier Minuten, bis unser Zielobjekt seine Rede hält und bis dahin ist es Ihre Aufgabe dafür zu sorgen, dass mich hier oben niemand stört, also werden Sie ihrem Spitznamen gerecht und bleiben Sie im Schatten."

Ich verrenkte die Augen zu Schlitzen, verkniff mir aber jeden Kommentar. Stattdessen hockte ich mich zwei Meter von ihm entfernt, an die Dachkante, in den Schatten einer Erhöhnung und zog aus einer der Taschen meiner Jacke ein Fernglas. Durch die großen Panoramafenster war es beinahe zu einfach unser Ziel ausfindig zu machen und mal wieder konnte ich nur den Kopf über die reiche Oberschicht schütteln. Die Sicherheitsvorkehrungen waren gering und somit war das hier leicht verdientes Geld. Ich ließ meinen Blick über die anwesenden wichtigen Persönlichkeiten schweifen und stellte mich innerlich bereits darauf ein, sie in ein paar Minuten panisch schreiend zum Ausgang strömend zu sehen. Meine Augen huschten von Person zu Person und es kribbelte mich in den Fingern, meiner alten Tätigkeit als Dieb wieder nachzukommen, da runter zu gehen und den unvorsichtigen, aufgehübschten Damen die teuren Klunker vom Hals zu reißen. Einer der Securitiemänner schien nervös. Sein Blick zuckte unruhig hin und her, auf seiner Stirn hatte sich ein Schweißfilm gebildet und immer wieder machte seine Hand eine Bewegung in Richtung seiner Waffe. Ehe ich mir das genauer ansehen konnte, unterbrach mein Begleiter die Stille: "Er sollte eigentlich jetzt mit seiner Rede beginnen."

Als ich dem Scharfschützen das Gesicht zu wandte konnte ich sehen, dass er unschlüssig wirkte.

"Dann wird er das auch gleich tun", versuchte ich gelassen zu bleiben und stieß die Luft zwischen den Zähnen aus.

"Ich habe schon den ganzen Abend ein seltsames Gefühl", murmelte er langsam. Ich erwähnte nicht, dass es mir ähnlich ging, sondern spähte erneut durch das Fernglas. Die Stehtische waren mit weißen Decken überzogen und funkelnde Platten mit Kaviar- und Lachshäppchen darauf, standen bereit. Ich sah eine junge Frau affektiert lächeln und beobachtete, wie sie einem trainierten Anzugträger einen schmachtenden Blick zu warf, während ihr Mann oder ihr Freund ihr einen Arm um die Taille legte. Ich verdrehte die Augen. Plötzlich fielen mir viele Dinge gleichzeitig auf: Die verdächtige Ausbeulung an der Jacke eines Frackträgers, der sich gerade an der Nase kratzte, der forschende Blick eines Kellners, der mit einem silbernen Tablett voller Champagnergläser durch den Raum lief, eine Frau im Etuikleid, die sich ans Ohr griff, als würde sie ein Kommunikationsgerät bedienen und die Tatsache, dass gut die Hälfte der anwesenden Personen verkabelt war.

Arrow -Shadows- (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt