VIER

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Connors Muskeln spannten sich an. Der kleine Moment, indem er sich auf mich konzentriert hatte, anstatt auf seinen bevorstehenden Ritt, hatten ihn wertvolle Haltungspunkte gekostet.
Der Bulle sprang nach hinten und nach vorn, nach links und rechts, doch Connor hielt sich gut. Sein rechter Arm hielt das Geschirr fest in der Hand, während er die andere in der Luft hielt und sein anfängliches Ungleichgewicht schnell korrigierte.
Als das Signal ertönte, sprang er erleichtert ab und trabte zum äußeren Rand der Manege, so dass die Rodeoclowns genug Platz hatten, den Bullen wieder rein zu treiben. Als er unsere Bank erreichte, klatschten und lobten wir Connor, doch er schien ziemlich aus der Puste. Als ich ihm einen besorgten Blick zu warf, erwiderte er es mit einem leichten Lächeln.
"Da sieht man mal wieder, Konzentration ist das A und O in diesem Sport. Trotzdem bändigte Connor Brewster Don mit Leichtigkeit! Kleine Abzüge für die Haltung, aber immer noch solide 7,1 Punkte! Damit rutscht er auf Platz 5 der Rangliste!", krakelte der Ansager. Seine Stimme war bestimmt heiser, nach dem heutigen Tag.
Die Menge klatschte und jubelte, Platz 5 war nicht schlecht wenn man bedachte, dass die zehn besten der Rangliste zum Finale zugelassen waren. Allerdings war das hier erst der erste Wettkampf, an dem nur 20 Reiter teilnahmen, folglich mussten diese 20 auch die ersten 20 Plätze der Rangliste einnehmen, zumindest bis zum nächsten Wettkampf.
Insgesamt hatten sich 100 Reiter für die Landesmeisterschaft qualifiziert. Immer 20 von ihnen traten gegeneinander in einem Wettkampf an. Jeder Teilnehmer hatte 5 Ritte zu absolvieren, was 25 Wettkämpfe insgesamt machte.
Wurde ein Reiter abgeworfen, so bedeutete dies nicht das automatische Aus für eben diesen, allerdings bekam er für diesen Ritt null Punkte, was jemanden ziemlich weit in der Rangliste nach hinten werfen konnte.
Zum Glück brauchte sich Connor heute darum keine Sorgen zu machen. Er verließ den Platz, nicht ohne gebührendem Applaus.
Ohne Zeit zu verlieren, sagte der Ansager den nächsten und letzten Teilnehmer für heute an. Er stand zittrig auf, sein Gesicht war leichenblass. Ban tobte unter ihm, als er sich ihm näherte und auf seinem Rücken platzierte.
Das Signal ertönte, der Bulle sprang raus und nach wenigen Augenblicken flog der Reiter in hohem Bogen von dem Tier. Als er aufkam, verzog er das Gesicht, doch er hatte Glück gehabt, so dass er aufstehen konnte. Allerdings blieb ihm die Ruhe nicht lange gewährt, denn schon scharrte Ban mit den Füßen und rannte, wie von der Tarantel gestochen, auf den armen Schlucker zu. Als dieser das wilde Tier kommen sah, rannte er, nicht minder panisch, aus der Arena. Schnell sprangen die Rodeoclowns auf und zogen Bans Aufmerksamkeit auf sich. Man konnte förmlich spüren wie die Menge aufatmete, als Ban wieder in dem engen Käfig eingeschlossen war.
"Nun, wer hätte es gedacht. Johnny Blossom, wurde leider vom allmächtigen Ban besiegt, 0 Punkte. Allerdings kann sich Ban freuen denn dies ist sein 88. Sieg in Folge!", schrie der Ansager.
Als sich die Menge wieder beruhigt hatte, wurden alle Reiter wieder in die Arena gerufen. Den ersten fünf wurde ein Preisgeld überreicht, die anderen gingen leider leer aus. Man musste wirklich sehr begabt in diesem Beruf sein, um wirklich Geld damit verdienen zu können. Wenn nicht irgendeine Firma einen Werbedeal anbot, musste man darauf hoffen, dass man bei jedem Wettkampf unter die ersten fünf kam.
Als den Siegern ihre Preise überreicht worden und sie mit genügend Applaus überschüttet worden, fing der Ansager wieder an zu sprechen.
"Ich hoffe ihr hattet Spaß, aber leider sind die Wettkämpfe für heute vorbei. Aber das muss nichts an unserem Spaß ändern! In ein paar Stunden geht es weiter mit der After-Show-Party um unsere geliebten Bull-Rider gebührend zu ehren!", brüllte er rum.
Damit war der Wettkampf beendet. Die Menschen fingen an ihre Sachen zusammen zu packen, und auf die Ausgänge zu zu strömen, so dass für uns, die mittendrin saßen, ein Herauskommen so gut wie unmöglich war. Wir warteten ein paar Minuten, bis die meisten die Arena verlaßen hatten, doch als wir uns grade auf den Weg machen wollten, tippte mich plötzlich jemand an der Schulter an. Schreckhaft wie ich war, zog ich überrascht die Luft ein.
"Connor!", rief ich erleichtert auf, als ich mich umdrehte. Ich umarmte ihn mit solch einem Schwung, dass er mich hochheben musste, um nicht selber umzufallen. Als sich seine starken Arme um meinen Körper schlungen, explodierte förmlich mein Körper und tausend Glückshormone bahnten sich ihren Weg bis zu meinen Fingerspitzen. Mein Gesicht lag in seiner Halsbeuge, so dass ich, als ich die Luft einzog, seinen leicht herben Geruch wahrnahm, der leicht nach frisch gemähtem Gras roch.
Er hielt mich ein paar Sekunden genauso, bis uns die Situation um uns herum wieder bewusst wurde und ich ihn von mir weg drückte.
"Herzlichen Glückwunsch!", jubelte jetzt auch Charlie die sich ihm ebenso um den Hals warf, allerdings umarmte er sie nur relativ halbherzig.
"Hast du ganz passabel hingekriegt, man.", lobte Will und schlug mit ihm ein. Nach und nach beglückwünschte auch der Rest der Truppe Connor zu seinem erfolgreichen Einstieg in die Landesmeisterschaft, bevor wir langsam Richtung Ausgang trabten.
Draußen erfrischte uns ein leichter Windstoß, doch immer noch prallte die Sonne gnadenlos auf die Erde.
Wir lachten, als wir zurück zu unseren Autos gingen und uns auf die Ladefläche von Connors rotem Truck hockten.
"Wie schlagen wir jetzt noch die Zeit um, bis die Party losgeht?", fragte ich neugierig.
"Naja, ich werde sicher bei den Aufbauarbeiten benötigt, ihr könnt ja in irgendeine Bar fahren. Habt aber nicht zu viel Spaß ohne mich!", scherzte Connor bevor er mir einen vielsagenden Blick zuwarf.
"Ach was, wir können dir auch helfen. Schließlich wollen wir auch mitfeiern, da können wir auch was dazu beitragen!", erwiderte Charlie abwinkend.
"Nein, nein, lass das mal lieber mich machen. Schließlich ist es sowieso nur hin und her Geschleppe und ich bezweifle, dass ihr das bei dieser Hitze machen wollt. Außerdem würden manche von euch ja nicht mal einen Bierkasten hochbekommen.", zwinkerte er Charlie, Viv und mir zu.
"Das werden wir dann sehen, wenn ich dich mit einem Bierkasten bewerfe!", lachte ich während ich ihm durch die Haare wuschelte.
Als er lachte, blitzen seine strahlend weißen Zähne auf und meine Knie wurden schon wieder weich. Zum Glück saß ich.
"Ich hab aber trotzdem nicht so Lust in eine Bar zugehen. Es ist grade mal 5 Uhr- und strahlend schöner Sonnenschein!", sagte Cody lächelnd.
"Ich glaube, ich habe auf der Hinfahrt einen See gesehen. Vielleicht finden wir den ja wieder!", rief Mason. Wir stimmten ihn alle zu und kurze Zeit später saßen wir schon, zusammengepfercht in Masons Auto. Ich saß auf Charlies Schoß und Viv auf Wills auf der Rückbank, während es sich Cody und Mason auf der Vorderbank gemütlich machten. Auf der kurzen Fahrt, die leider über einen Feldweg ging, wurden ich und Viv ziemlich oft gegen die Autodecke geschleudert, was die anderen anscheinend köstlich amüsierte.
Als wir allerdings auf eine kleine Wiese fuhren und ausstiegen, sah ich, dass sich die Mühen gelohnt hatten.
Der See erstreckte sich über eine kleine Lichtung, die durch Bäume von der naheliegenden Straße abgeschirmt wurde. Das Sonnenlicht spiegelte sich auf der Wasseroberfläche. Ein kleiner Steg führte etwas ins Innere des Sees, da die Ufer mit Schilf bewachsen waren.
Sobald wir ausgestiegen waren, lief Cody auf das Wasser zu. Während er rann, entledigte er sich von Schuhen, Hose und T-Shirt und sprang, nur von einer Boxershorts bekleidet ins Wasser. Lachend liefen wir ihm hinterher.
Als er wieder auftauchte, schüttelte er seinen Kopf, so dass das Wasser nur so spritzte. Mason folgte ihm als erstes, als er neben ihm im Wasser landete, drückte Cody Mason spielerisch runter, doch dieser tauchte nach kurzer Zeit wieder auf und spritzte ihn mit Wasser voll.
Endlich hatte auch ich mich von meinen Klamotten befreit, so dass ich nur noch in meiner Unterwäsche da stand. Allerdings störte mich das nicht das kleinste bisschen, da ich Mason und Cody schon mein ganzes Leben lang kannte und Will sowieso nur Augen für seine Viv hatte.
Als ich, mit Anlauf, ins Wasser sprang, sah ich aus dem Augenwinkel, dass Charlie die einzige war, die sich nicht ausgezogen hatte.
Nach dem ich wieder aufgetaucht war, strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und schwamm zurück zum Steg, wo ich meine Arme ablegte.
"Na los, Charlie, du bist doch sonst nicht so verklemmt.", sagte ich während ich mit dem Kopf auf dem See deutete.
"Hätte mir einer vielleicht vorher gesagt, dass wir heute schwimmen gehen würden, hätte ich vielleicht wasserfeste Schminke aufgetragen und könnte jetzt auch mitmachen. Da dem leider nicht so ist, müsst ihr wohl heute auf mich verzichten.", schnaubte sie eingeschnappt.
In diesem Moment schlungen sich zwei lange Arme um ihren Körper, hoben sie hoch und trugen sie zum Wasser. Unter lautem Kreischen warf Will sie ins kühle Nass, während wir anderen uns fast kaputt lachten.
Allerdings hatte Charlie recht, als sie auftauchte, war ihre Schminke komplett verlaufen. Wütend und triefend hob sie sich aus dem Wasser und setzte sich ans Ufer, während wir anderen weiter im Wasser herum tollten. Dass Will und Viv irgendwann zusammen im Dickicht verschwunden, machte ihre Laune auch nicht grade besser.
So verging eine ganze Weile, und da jeder von uns sein Handy im Auto liegen gelassen hatte, wussten wir auch nicht wie viel Zeit vergangen war.
Irgendwann wurden wir von einem Knattern aufgeschreckt, dass zu einem roten Truck gehörte, der gerade auf die Lichtung fuhr und genau neben Masons Auto parkte. Die Tür sprang auf und Connor stieg aus, der anfing zu lachen als uns sah.
"Wusst' ich's doch, dass ihr noch hier seid. Die Party hat vor einer Stunde begonnen und ich dachte, ich schau lieber mal nach euch, nicht dass ihr noch die ganze Nacht hier versauert.", lachte er als auf uns zu ging.
"Echt, ist es schon so spät?", fragte Mason verwundert, während er sich aus dem See zog und nach seinen Klamotten schnappte. Auch ich schwamm wieder zurück zum Steg.
Charlie schnaubte.
"Ich sag euch schon die ganze Zeit ihr sollt langsam aus dem Wasser kommen, aber nein, auf mich hört ihr mal wieder nicht.", erwiderte sie aufgebracht, während sie sich aufrappelte.
"Was ist denn mit dir passiert.", gluckste Connor als er Charlies Gesicht sah. Charlie warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
Endlich hatte auch ich das Ufer erreicht und als ich gerade meine Hand auf den Steg setzten wollte, sah ich wie zwei Cowboystiefel vor mich traten. Verwirrt blickte ich nach oben.
"Brauchst du Hilfe?", raunte Connor mir verführerisch zu, während er mir seine große, starke Hand hin hielt. Dankend nahm ich sie und mit Leichtigkeit, zog er mich aus dem Wasser. Mit seiner anderen Hand hielt er meine Taille fest, so dass ich sicher auf dem Steg halt fand.
Er lächelte mich an, bevor sein Blick an meinem Körper herunter glitt. Lachend stoß ich ihn weg, denn obwohl er mich bei weitem nicht das erste Mal in Unterwäsche sah, saugte er sich jedesmal an dem Anblick fest, als wolle er jeden einzelnen Moment festhalten.
Als ich nach meiner Kleidung grabschte, schien Connor sich wieder gefangen zu haben.
"Wo sind eigentlich Will und Viv?", fragte er während er in die Runde blickte.
Ich kicherte.
"Die willst du gerade nicht stören.", sagte ich, während ich mich an ihm vorbei schob.
"Halt die Klappe, Baker.", schimpfte plötzlich jemand ironisch. Als wir uns umdrehten, sahen wir grade Will und Viv auf uns zu schlendern.
"Na, dann steht uns ja jetzt nichts mehr im Wege!", rief Cody während wir uns auf den Weg zu den Autos machten.
"LET'S GET READY TO PARTY!", schrie er lachend und wir alle stimmten ein.

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Little AlabamaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt