V Richtig und falsch

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Zehn Minuten später klingelte es und Greg stand vor meiner Tür. Er wirkte noch recht verschlafen. Seine Augen waren ziemlich klein und seine grauen Haare standen in alle Richtungen ab. Ein Vorteil, wenn man nicht schlief, die Haare sitzen immer perfekt.

„Was ist passiert?", fragte er und sah mich abschätzend an. Ich wusste, dass er mir nicht vertraute, aber ich hatte ihm nie einen Grund gegeben, um mich nicht zu mögen. Der Gedanke, was passieren würde, wenn er erfahren würde, was ich in der Vergangenheit getan hatte, ließ mich schaudern. Ich konnte mir vorstellen, dass dann alles vorbei sein würde.

„Das ist passiert.", ich ging mit ihm in die Küche und gab ihm das Paket. Greg zog die Augenbrauen hoch. Er schien zu überlegen, ob ich ihn mitten in der Nacht geweckt hatte um ihm ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk zu geben. Kurz dachte ich über ein spöttisches Lächeln nach, aber die Situation war nicht lustig und ich wollte nicht, dass er etwas falsch interpretierte.

Als er den Deckel anhob, konnte ich alleine an seiner Gesichtsfarbe erkennen, wie schnell ihm klar war, dass es sich nicht um ein Geschenk handelte. Er nahm den Deckel ab und sah dann abwechselnd zu mir und zurück zur Hand.

„Ist die echt?" Was für eine dumme Frage.

„Natürlich, glaubst du, ich hole dich hier her, weil ich dir eine Plastikhand zeigen will?", ich sah ihn durchdringend an.

Er schüttelte den Kopf, dann zog er den Ausweis heraus und begann zu lesen. Einen Moment, einen viel zu langen Moment sagte er gar nichts, starrte nur bleich auf das Stück Plastik, dann fing er sich wieder. Sein Atem ging wieder ruhiger, sein Gesicht nahm wieder eine normale Farbe an, dann begann er mit dem Fragenstellen.

„Wie kommt sie in deinen Besitz?" Ich war versucht zu sagen, mir wäre der Spitzel lästig geworden und ich hätte ihm deshalb einfach die Hand abgehackt, aber ich schwieg.

„Sie lag in meinem Postfach, genauso schön verpackt, wie du sie jetzt gesehen hast.", sagte ich, die erste Lüge.

„Weißt du, wer so etwas tun könnte?", er sah mich direkt an, jetzt bloß keinen Fehler machen.

Ich schüttelte leicht nervös den Kopf, er schien es als ein Zeichen des Schocks zu interpretieren, denn er legte mir eine Hand auf die Schulter, ich wurde wirklich ruhiger. Gewöhnlich mochte ich es nicht, wenn mich jemand so berührte, weil ich es nicht kannte und mich niemand jemals getröstet hatte.

„Okay, ich nehme die Hand mit, bring sie aufs Yard und gebe eine Fahndung nach dem Mann raus. Versuch dich zu beruhigen und schlaf ein wenig, okay?" Ich nickte nur, en wenig Ruhe, nach diesem Tag war mir ganz recht, vielleicht würde ich sogar schlafen, aber ich war noch nicht sicher.

Ich weiß nicht, was Greg mit der Hand getan hat, aber der Fall wurde fallengelassen und Greg hat ihn nicht mehr erwähnt.

Ich hatte nicht geschlafen. Sobald ich im Bett lag, hatte mein Hirn verzweifelt nach einer Lösung gesucht. Ich war nicht zur Ruhe gekommen, und erst als die Sonne langsam über den Himmel kroch und ich aufstehen konnte, fand ich meine innere Ruhe wieder.

„Morgen", sagte ich zu Molly, die bereits im Labor war.

Sie machte sich gar nicht erst die Mühe, mich anzusehen. Ich wusste noch nie, warum sie mich nicht ausstehen konnte, vielleicht weil ich Moriatry gekannt hatte, weil ich wusste, wer Jim ist, weil ich wusste, dass sie Sherlock hilft zu fliehen.

Es war das einzig Richtige, das man tun konnte, aber als Sherlock wieder zurückkam, war ich als Einzige nicht überrascht. Niemand hatte etwas gewusst, aber ich hatte es nicht richtig glauben wollen und an meinen eigenen Abschiedsbrief gedacht. Ich war niemals tot gewesen, ich war fast drei Jahre in Italien gewesen und doch waren meine Eltern daran zerbrochen.

The IcequeenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt