Kapitel 2

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Leanas PoV

Plötzlich hatte ich das Gefühl, als würde die Temperatur der Luft, die mich umgab, um einige Grade absinken. Sofort sah ich zu meiner Mutter, die durch das Rauchloch unseres Zeltes schaute. Sie sah erschrocken aus. Ihr Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. Ich begann zu zittern. Dann schaute meine Mutter zu mir und legte ihren Finger auf ihre Lippen, sodass ich leise war und deutete mit ihrem Finger, ich solle ihr folgen. Ich lief hinter ihr her. Wir betraten das abgetrennte Teil des Zeltes, in dem meine Eltern schliefen. Meine Mutter bewegte sich lautlos wie ein Wildtier auf Beutejagt. Das hatte sie beim Jagen gelernt. Ich folgte ihr so leise wie möglich und blieb so bald wie möglich stehen, um keine Geräusche zu machen. Sie ging in die hintere Ecke des Zimmers, wo eine kleine Kiste stand. Sie hatte mir, seit ich sie das erste Mal nach der Kiste gefragt hatte, gesagt, ich solle sie niemals öffnen. Und jetzt öffnete sie sie. Ich platzte fast vor Neugier. Plötzlich ertönten von Außerhalb des Zeltes entsetzliche Schreie. Ich guckte zusammen und schaute erschrocken auf und meine Mutter unterbrach ihre Suche für einen Moment und schaute auch auf und verharrte einen Moment. Doch dann begann sie wieder zu suchen, dieses Mal noch hastiger. Offensichtlich fand sie es schließlich. Sie kam zu mir und drückte mir eine Scherbe aus Glas in die Hand. „Was ist das? Mom? Was ist hier los?", flüsterte ich und brach in Tränen aus. Ich hatte das Gefühl, dass die Tränen zu Eis gefroren. „Nicht weinen.", tröstete meine Mutter mich und nahm mich kurz in den Arm und drückte mich ganz fest. Es würde das letzte Mal sein. „Das hier ist Drachenglas. Benutze es nur im äußersten Notfall.", erklärte sie mir leise. Von draußen waren immer noch Schreie zu hören. „Was ist los?", fragte ich und drohte, gleich wieder anfangen zu weinen. „Sie sind hier. Lauf weg und verstecke dich.", befahl sie mir, „Und komm nicht wieder zurück.". Auch sie war mittlerweile den Tränen nahe. Ich hatte sie noch nie weinen gesehen. Für mich war sie immer die Tapferste Frau gewesen, die es gab. „Jetzt lauf!", rief sie und scheuchte mich weg. Ich wollte nicht gehen. Ich konnte sie doch nicht so einfach zurücklassen. Sie war schließlich meine Mutter. Ich brauchte sie. Was sollte ich ohne sie machen? Ich war verloren ohne sie. Ich schaute sie flehend an. Sie scheuchte mich jedoch wie ein lästiges Tier weg. Schließlich folgte ich ihrer Anweisung und verließ das Zelt nach hinten. Dort war nur der Fels des Berges, an dem wir gerade Rast machten. Ich schlich mich hinten an der Zeltwand entlang mit der Glasscherbe in der Hand. Damals wusste ich noch nicht, was für eine tödliche Waffe ich in der Hand hielt. Doch ich würde es noch früh genug herausfinden. Dann versteckte ich mich hinter ein paar gestapelten Fässern, die in einer kleinen Einbuchtung im Berg lagen. Von dort aus hatte ich einen guten Überblick über das Geschehen. Die Sonne sendete ihre letzten Strahlen gerade auf die Erde. Hier würde mich keiner finden. Meine Mutter hatte zwar gesagt, dass ich weglaufen sollte, doch meine Neugier war größere und ich musste herausfinden, war dort los war. Ich hasste es manchmal, dass ich so neugierig war. Sobald ich es mir einigermaßen bequem gemacht hatte, versuchte ich herauszufinden, was passierte. Ich sah große Kreaturen mit weißer Haut und teilweise stachen Dornen aus Eis aus ihren Körpern heraus. Sie trugen alle unterschiedliche Waffen und schlachteten wortwörtlich mein Volk ab. Ich wollte etwas tun, doch die Kreaturen waren viel größer als ich, deutlich in der Überzahl und ich hatte nur eine Glasscherbe als Waffe. Also betrachtete ich weiter das Geschehen. Dann sah ich plötzlich meine Mutter aus dem Zelt heraustreten. Sie hatte ebenfalls so eine Scherbe wie ich in der Hand. Und außerdem den Bogen meines Vaters. Ich wollte sie warnen, sie fragen, was sie dort machte. Sie würde sterben. Ich wollte schreien. Sie retten. Sie nahm einen Pfeil und schoss auf eine der Kreaturen, die darauf zu Staub zerfiel. Alle drehten sich zu ihr um und starrten sie an. Sie nahm immer wieder einen Pfeil und schoss auf die Kreaturen, die zu Staub zerfielen. Doch sie stand alleine auf dem Schlachtfeld, ohne Deckung. Ich wusste, dass ihre Pfeile niemals ausreichen würden, um alle zu töten. Es waren zu viele. Der Rest des Dorfes war still. Nur vereinzelt waren noch Schreie zu hören, die aber schnell wieder verstummen. Ich hörte nur die Pfeile, die durch die Luft flogen. Ich wunderte mich, warum keiner der Kreaturen sich gegen die wehrte und kämpfte. Sie würden sie mit einem Schlag töten können. Doch sie standen nur um sie herum und sahen zu, wie einer nach dem anderen sich vor ihren Augen auflösten. Ich wollte sie noch warnen, doch es war schon zu spät. Singer der Kreaturen schlich sich von hinten an sie heran. Die Kreatur stach mit einem Dolch auf sie ein. Mit der letzten verbleibenden Kraft stach sie ihre Glasscherbe in die Hand der Kreatur, die aufschrie und sie losließ. Während die Kreatur zerfiel, stürzte meine Mutter zu Boden und blieb dort regungslos liegen.

Winter Is Here (Game of Thrones ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt