Kapitel 12

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Leanas PoV

Wir liefen noch weitere zwei Tage, um endlich den Rand des Waldes zu erreichen. In der ganzen Zeit hatten wir keine Weißen Wanderer gesehen. Meine Narbe kündigte sie meistens mit Schmerzen oder Kälte an, aber im Wald verspürte ich keins der beiden. Am späten Vormittag des dritten Tages erreichten wir den Rand. Vor uns lag eine große Schneeebene. Kaum einen Kilometer entfernt stand sie und sah noch majestätischen aus, als ich es erwartet hatte. Doch der Wolf blieb am Rand des Waldes stehen. Ich sah ihn an und verstand: Der Wald war sein Revier. Er würde ihn nicht verlassen. Ich war traurig. Er war ein echt guter Gefährte gewesen. Ich ging zu einem Baum und brach ein großes Stück Rinde ab. Ich erkannte diese Bäume mittlerweile. Der Wolf schaute mich voller Freude an und stürzte sich sofort wieder auf die Rinde. Ich brach mir noch ein paar kleine Stücke ab und steckte sie als Proviant ein. Dann ging ich zu dem Wolf und streichelte ihn noch einmal ausgiebig, bevor er im Wald verschwand. Doch nach ein paar Metern blieb er stehen und starrte mich an. Er würde vermutlich über mich wachen, bis ich die Mauer erreichte. Ich nickte ihm dankend zu und drehte mich dann um. Ich wollte nicht zurückschauen. Sonst würde ich vielleicht nie gehen. Und ich war so kurz vor meinem Ziel. Ich sah an der Mauer entlang. Direkt vor mir war ein großes Tor an der Mauer. Und oben brannte an einer Stelle sogar ein Feuer. Ich hatte Glück, dass es nicht bewölkt war, sonst hätte ich die obere Grenze der Mauer und somit das Feuer nicht gesehen. Ich begann zu laufen. Doch nach ein paar Metern traf es mich mit voller Wucht. Die Narbe und die Umgebung wurden mit einem Mal kälter. Sie haben mich gefunden. Auf einmal begann die Narbe zu schmerzen, wie noch nie. Es war so schlimm, dass mir Tränen über die Wange liefen, ich aufschrie und in die Knie ging. Die Tränen in meinen Augen verwischten die Sicht. Wieso war es jetzt so schlimm? Ich zwang mich aufzustehen und zu rennen. Ich wischte mir mit meiner rechte Hand die Tränen aus den Augen. Ich versuchte, den Schmerz und die Kälte zu ignorieren. Ich überlegte, ob ich mich bewaffnen sollte, aber ließ es dann. Sie würden mich nur am Laufen hindern. Ich rannte um mein Leben. Ich wagte es, mich kurz umzusehen. Hinter mir waren fünf von ihnen. Zumindest zählte ich auf die Schnelle fünf. Vielleicht waren es auch mehr. Ich versuchte, noch schneller zu rennen. Doch plötzlich, als ich vielleicht noch etwa 250 Meter von der Mauer entfernt war, traf mich ein Speer an der rechten Wade und brachte mich zu Fall. Ich schrie auf und versuchte, so schnell wie möglich, den Speer aus meinem Bein zu ziehen. Doch dieser Schmerz war noch schlimmer als der, als der Speer in mein Bein eindrang. Sofort floss das Blut. Doch ich blieb stark, stand auf, rannte weiter. Zum Glück hörte ich den Pfeil noch rechtzeitig, sodass ich ausweichen konnte. Er schlug fehl einen Meter vor mir in den Schnee ein. Aber beim zweiten Pfeil hatte ich nicht so viel Glück und er traf mich an der linken Schulter. Ich schrie wieder auf und zog den Pfeil im Rennen heraus. Ich spürte, wie das Blut langsam aus der Wunde sickerte. Die würden mich noch durchlöchert haben, noch bevor ich die Mauer erreichte. Ich schaute über meine Schulter. Die Weißen Wanderer waren inzwischen schon viel nähergekommen. Als ich mich wieder nach vorne drehte war da plötzlich eine etwa fünf Meter breite und ziemlich tiefe Schlucht. Was sollte das?! Mir wurde niemals von einer Schlucht vor der Mauer erzählt. Und gesehen hatte ich sie auch noch nicht. Ich ging ein Stück zurück und nahm Anlauf. Ich sprang an der äußersten Kante ab und flog über die Schlucht. Jedoch nicht weit genug. Ich konnte mich nur mit den Händen an der Kante der anderen Seite festhalten. Mein linker Arm schrie wegen der Narbe und der Schusswunde. Ich schaute mich um. Die Weißen Wanderer hatten mich eingeholt und standen an der anderen Seite und schrien etwas in ihrer Sprache. Ich hatte sie bisher immer nur schreien gehört. Konnten sie überhaupt normal reden? Ich fluchte und schrie, aber es half nichts. Ich drehte meinen Kopf wieder zur Wand, um mich besser auf das Festhalten zu konzentrieren. Von hinten hörte ich einen Pfeil herankommen und er traf einen Millimeter neben meinen Daumen. Ich schrie vor Schreck auf.

Winter Is Here (Game of Thrones ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt