13

7 2 1
                                    


Ich und Ezra hatten meine Trennung mit Lara, Hanna und Seb gefeiert. Ich hatte uns in eine Bar gebracht und wir tranken ordentlich und tanzten. Wir waren alle betrunken gewesen. Gott ich wusste nicht das imaginärer Alkohol so einen Kater verursachen kann. Bei dieser Erkenntnis musste ich über mich selbst lachen. Das war echt schlecht, denn durch das Lachen wurden die Schmerzen immer schlimmer. Ich bin echt so dumm. Aber na ja, wenn Lara und Hanna auf einen einreden, gibt es keine Chance auf ein Nein.

Mit zerzausten, hochstehenden Haaren und fetten Augenringen schlurfte ich ihn die Küche. Ich machte Kaffe, sehr sehr starken Kaffe, und suchte nach einer Aspirin-Tablette. Danach schlurfte ich zurück in mein Bett und schaute mir meine Liste an. Es warnen zwar noch nicht alle Punkte abgearbeitet, aber das war mir eigentlich egal. Ich beschloss, dass es Zeit war. Ich wollte im Moment nichts lieber als bei Ezra sein und das für immer. Die Vorstellung von ihm getrennt zu werden und ihn ein zweites Mal sterben zu lassen, nur weil wir zu faul waren und lieber feierten als zu lesen, ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Konnte ich wirklich so egoistisch sein? Das fragte ich mich jetzt zum hundertsten Mal und zum hundertsten Mal war meine Antwort nein. Bloß müsste ich es erklären. Ich setzte mich an den Schreibtisch und holte meinen Block. Ich müsste meinen Eltern eine Erklärung aufschreiben und eigentlich müsste es doch gar nicht so schwer sein. Doch, es ist schwer. Ich konnte ja schlecht die Wahrheit sagen. Das würde niemand glauben. Als ich das zweite Blatt mit Herzen und anderen kleinen Zeichen voll gekritzelt hatte fiel mir etwas ein. Ich schrieb und schrieb, strich ich alles wieder durch und schrieb es neu. Das machte ich dreimal. Am ende hatte ich einen handschriftlichen Text über das Leben und die Liebe geschrieben. Man vielleicht hätte ich Dichterin werden sollen. Nicht so voreilig Penelope, so gut ist das ganze auch wieder nicht, erinnerte mich meine Vernunft. Mal wieder musste ich über meine falsche Selbsteinschätzungen lachen. Ich brachte ziemlich lang bis mir etwas einigermaßen gutes und glaubwürdiges einfiel. Ich hatte gegooglt und fand nur so ätzende, traurige Briefe von depressiven Kindern voller Selbstzweifel und Hass. Auch wenn das alles sehr schlimm war wenn sich ein junger Mensch so sehr hasste oder so schlimme Probleme hat, das er kein anderen Ausweg findet als sich das Leben zu nehmen. Ich weiß, das ich eigentlich nichts sagen sollte, denn ich hatte dasselbe vor. Obwohl es doch was anderes war, irgendwie. Ach ich war verwirt. Ich hörte auf darüber nach zu denken und fing wieder an zu schreiben. Ich konnte zwar die Depression aus meinem Kopf verbannen, aber Ezra nicht. Ich fragte mich was er wohl sagen würde und ob alles so bleiben würde, wie es jetzt ist. Ich hoffte es. Ich hoffte das unsere Beziehung so bleibt. Ich hoffte das ich einfach glücklich sein kann. Ich schrieb:


„Liebe Mama, liebe Oma, lieber Luca und liebste Skylar,

wenn ihr diesen Brief lest bin ich nicht mehr da. Macht euch nicht zu viele Gedanken um das warum und das wieso. Es gibt wichtige Gründ, die ich euch allerdings nicht erzählen kann, außerdem würdet ihr es nicht glauben. Bitte seid nicht zu traurig über meinen Tod. Ich hatte das beste Leben gehabt, das ich mir hätte wünschen können. Ich bin immer ein glückliches Kind gewesen und bin es auch geblieben. Ich hatte alles was sich ein Mädchen hätte wünschen können. Alles, von Barbies bis zu Schuhen. Und ich hatte wirklich die besten Freunde in euch gefunden Sky und Luca. Bitte bleibt wie ihr seid, denn ihr seid perfekt. Luca, dir wünsch ich ein besseres Mädchen als ich es war, das all deine Wünsche erfüllt und dich nie verletzt. Wenn du sie gefunden hast, gib ihr all deine Liebe und halt sie ganz doll fest.

Skylar Schatz, du weißt was ich dir wünschen will. Du konntest schon immer meine Gedanken lesen. Das macht dich so unglaublich. Auch wenn du jetzt wahrscheinlich total traurig bist, wird es vorbei gehen. Ach so und sag Ty, dass wenn er dir das Herz bricht werde ich zu seinem persönlichen Poltergeist. Ich hab euch alle so lieb. Macht euch bitte keine Sorgen, dass ihr etwas falsch gemacht habt. Ich werde ab jetzt im Himmel weiter leben und auf euch achten. Der Himmel ist der schönste Ort, den es gibt. Ich freu mich schon euch alle dort wieder zu sehen. Doch bitte tut mir einen letzten Gefallen. Ich will keine Trauerreden, keinen Chor und keine Tränen. Wenn ihr weint, weint vor Glück, denn das Leben ist schön. Ich will, dass ihr feiert. Ich will, dass ihr euren schönsten Kleider anzieht und ganz laut singt. Ich werde sogar mitsingen, versprochen. Bitte vergesst mich nicht.

Ich liebe euch und werde euch immer im Herzen tragen, denn ihr seid wahre Familie.

Mit ganz viel Liebe, Penelope <3

Meinen letzten Tag verbrachte ich mit Luca und Skylar. Ich wollte mich richtig von ihnen verabschieden. Das hatten sie verdient. Ich rief sie an, erst Sky dann Luca, und wir verabredeten uns fürs Kino. Wir trafen uns in der Innenstadt um noch etwas zu essen bevor unser Film anfing. Skylar schlug den Chinesen an der Ecke vor, den sie so mochte. „Mhh lasst uns lieber zum Italiener gehen.", schlag Luca vor. „Ja, du meinst diesen süßen Laden um den Block, in dem wir unser erstes Date hatten?", fragte ich ihn und er nickte lächelnd: „Das du das noch weißt.", es freute ihn eindeutig. „Als würde ich das vergessen.", ich grinste ihn an. Mittlerweile waren wir am Ziel und saßen auf unseren Plätzen. Skylar war verwirrt, da ich ihr erzählt hatte, dass wir uns getrennt haben. „Leute was hab ich verpasst? Warum flirtet ihr wenn ihr euch getrennt habt?", fragte sie und musterte uns. „Ähh wir flirten doch gar nicht.", verteidigte ich uns und Luca pflichtete mir bei: „Ja genau, wir erinnern uns nur an etwas in unserer gemeinsamen Vergangenheit.", lachte er. „Aja", Skylar glaubte uns nicht recht und musterte uns mit wissendem Blick. Ich schüttelte nur lachend den Kopf. Der Kellner brachte uns unsere Pizza und wir aßen alles auf. Dann beeilten wir uns um noch rechtzeitig zu kommen um den Anfang nicht zu verpassen. Es war ein lustiger Film. Genau das brauchte ich heute Abend. Und ich musste mich ordentlich von ihnen verabschieden und ihnen noch mal sagen wie lieb ich sie hab. Sonst könnte ich nicht gehen. Nach dem Film gingen wir zu Luca. Er hatte das größte Zimmer von uns allen. Dort diskutierten wir über den Film, die Schauspieler, die Musik und die Kinotoiletten. Irgendwann platzte ich in die eifrige Unterhaltung über irgendeinen Mike der neu an der Schule war und anscheinend gesagt hatte der Film war scheiße und sagte: „Wisst ihr eigentlich wie glücklich ich bin euch zu haben?"

Die zwei wirkten verwirrt und schauten mich fragend an. Ich wusste, dass das kommen würde, schließlich waren sie meine besten Freunde seit ich laufen konnte. „Ja ich weiß ihr fragt euch jetzt was bei mit falsch ist, aber ich hatte gerade das Gefühl ich hätte euch das noch nie gesagt und es wird höchste Zeit bevor es zu spät ist.", erklärte ich und hätte mich am liebsten selbst geohrfeigt. Warum muss ich immer Andeutungen machen, wenn ich doch genau wusste, dass das ein gefundenes Fressen für meine Spürnase von Freundin war. Ich musste mir jetzt echt was einfallen lassen. Und zwar schnell, denn sie hatte es schon gemerkt. „Wie meinst du das 'bevor es zu spät ist'?", hackte sie nach. Ich war leicht nervös, denn ich wollte nicht, dass sie wusste was ich vorhatte. Sie würde es mir ausreden wollen. Es war meine Entscheidung mir das Leben zu nehmen und das ging eigentlich niemand etwas an. „Ähh... Na ja, wer weiß ob wir nachher einen Unfall mit dem Bus haben und sterben oder du mich oder ihn oder ich euch morgen auf den tot hasse. Also sag ich es solange ich es noch kann.", zog ich mir aus der Nase. Skylar schaute mich noch mal durchdringend und prüfend an, doch als ich ihrem Blick stand hielt nickte sie und lächelte. Noch mal Glück gehabt. Nach meiner einigermaßen geschickten Ausrede nahmen wir unsere normale Unterhaltung wieder auf. So gegen 12 verabschiedete ich mich von meinen Besten mit einer dicken Umarmung und einem Kuss für beide.

Zuhause legte ich mich nach dem Zähne putzen auf mein Bett und streckte mich erst mal. Ich lies den Tag revue passieren, um möglichst jede Erinnerung an die zwei zu behalten. Sie waren echt so lieb zu mir und es überraschte mich, dass man mit seinem Ex so gut befreundet sein kann. Nach einer Zeit schaltete ich meinen Wecker ein. Ich wollte vor Mum und Oma aufstehen, damit sie mich nicht aufhalten konnten wenn ich mich auf das Dach des vierstöckigen Hauses schlich. Es war ein Flachdach, also würde das gut gehen und ich würde nicht fallen bevor ich es wollte. Ich hoffte, dass es nicht ganz so hoch aussehen würde. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch gemischt mit Aufregung schlief ich ein. Ich schlief unruhig, wachte aber nicht auf. Als mein Wecker mich wieder zurück ins hier und jetzt riss fühlte ich mich noch müder als gestern Abend. 

Mein Ganz Persönlicher EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt