Kapitel 79

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Kapitel 79

Die Königin legte einen dramatischen und tränenreichen Abgang aus der großen Halle dahin.

Auch sie war eine gute Schauspielerin.

Als sie alleine war, beruhigte sie sich wieder und lief schnell den Flur entlang, bis sie draußen war. Ihre Kutsche wartete bereits auf sie und sie trat schnell ein und schloss die Tür hinter ihr. Fünf andere Männer, die wussten, dass Corin nicht von einem Mörder entführt worden war, sondern sozusagen von der Königin waren dort - besser gesagt vier, denn einer begleitete Mirabella und Niall.

Es waren die Wächter, denen sie am meisten vertraute, und ihren Befehlen folgten, ohne zuerst den König zu fragen. Viele dachten, dass sie eine ruhige Königin war, und damit beschäftigt war, ihre Tochter großzuziehen, und den Palast in Ordnung zu halten, doch still hielt sie die Zügel in der Hand. Ihr Mann dachte zu sehr mit seinem Herzen und auch wenn sie selbst das auch tat, dachte sie dann doch rationaler. Die Wut des Königs hatte sie schon oft an ihre Grenzen gebracht, und es war nur nichts Schlimmes passiert, da die Königin es wieder in Ordnung gebracht hatte.

Also nahm sie es auch dieses Mal wieder in die Hand. Als sie Mirabellas Zimmer verlassen hatte, hatte sie Wellington damit beauftragt, auf ihre Tochter aufzupassen, da sie wusste, dass das Mädchen ihm komplett vertraute. Zwei andere hatte sie damit beauftragt, Corin aus dem Schloss zu bringen, ehe sie jemand finden konnte.

Der vierte hatte die Kutsche holen sollen.

Und der fünfte? Der sollte Lord Tomlinson finden.

„Matthews.", rief sie aus dem Fenster. „Schon etwas von Viktor gehört?"

„Nein, eure Majestät.", antwortete Matthews und ritt weiter. „Aber das Mädchen wurde erfolgreich geholt."

Die Königin lehnte sich zurück und nickte. Sie wollte unbedingt mit Corin reden und sie quälen. Was dann geschehen würde, wusste sie nicht. Eigentlich war sie eine gerechte Herrscherin, doch nicht, wenn es um ihre Tochter ging. Corin war eine Gefahr (auch wenn sie noch nicht alle Details kannte), aber die Königin wusste, dass es Konsequenzen geben würde.

Vor einem kleinen Gebäude im Dorf kam die Kutsche zum stehen. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und die Menschen schliefen noch. Die einzigen Zeichen von Leben waren Ratten und ein Betrunkener, der an einer Mauer schlief. Die Königin trat hinaus und Matthews lief neben ihr her.

Ohne ein Wort öffnete sie die Tür und trat in den dunklen Raum. Ein alter Geruch nach Bier lag in der Luft, da das Gebäude zuvor eine Kneipe gewesen war. Mondlicht schien durch ein Seitenfenster und das einzige Geräusch, das zu hören war, waren die unterdrückten Flüche des Mädchens, das in der Ecke saß.

„Eure Majestät.", grüßten die beiden Wächter. Die Königin nickte und schickte sie dann fort. Sie verneigten sich und gingen, stellten sich vor die Tür. Sie hatten weniger als eine Stunde bis Sonnenaufgang und wenn die Königin wieder zurück im Schloss sein wollte, ehe jemand bemerkt hatte, dass sie gegangen war, musste sie sich beeilen.

In dem Moment, in dem die Tür zufiel, lief die Königin durch den Raum, kniete sich hin und entfernte das Tuch aus Corins Mund.

„Du hast weniger als eine Minute, um dich zu verteidigen.", sagte sie und stand wieder auf.

Corin blickte sie böse an und sagte nichts. Das Mondlicht schien auf ihr blasses Gesicht und ihr weißes Haar und betonte die dunklen Flecken auf ihren nackten Armen. Die Wächter hatten sie nicht sanft mitgenommen.

Doch die Königin empfand kein Mitleid.

„Wenn du denkst, dass ich Witze mache Corin, dann liegst du falsch.", fügte sie hinzu. „Es geht um die Sicherheit meiner Tochter und die meines Königreiches."

Frozen HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt