Teil 18

92 7 0
                                    

Man ist glücklich verheiratet, wenn man lieber heimkommt als fortgeht und weiß, wo sein zu Hause ist.

„Elena Deveraux, vor den hier versammelten Zeugen nehme ich dich an als meine Frau. Ich verspreche dir die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens.", ertönte die Stimme des Erzengels über die ganze Welt. Für einen kurzen Moment herrschte absolute Stille in der lebendigen Stadt New York, dann brauste der Jubel auf. Schier endlose Minuten war nichts als das Klatschen der Menge zu hören.

„Küss mich Erzengel!", wünschte sich Elena in Gedanken, als sie sich der Menge zuwandten. „Wie du befielst", kam die Antwort und keinen Augenblick später eroberten heiße Lippen ihren Mund. Die Leute vor ihnen jubelten noch lauter, wobei dieses einzigartige Szenario nur von dem Licht des Vollmondes beleuchtet wurde. An ihrem Finger trug sie keinen Ring, doch die Zeremonie war anscheinend noch nicht vorbei.

Die Erzengel, die sich bisher eher im Hintergrund gehalten hatten, traten nun geschlossen hervor. Oder wich die Menge zurück? Das konnte Elena gar nicht so richtig sagen. Raphael löste sich von ihr, sah ihr fest in die Augen und entfernte sich dann von ihr. „was hast du vor?", fragte sie ihren Ehemann besorgt und wollte ihn gelichzeitig wieder zu sich ziehen. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ihr inneres Frühwarnsystem schlug wie wild an. „Mach dir keine Sorgen. Es wird mir nichts passieren", kam die Antwort. Doch Elena wollte ihm in diesem Punkt nicht glauben. Sie wollte schon zu ihm laufen, da umfingen sie zwei starke Arme. Als sie sich umdrehte, erblickte sie Illium. „Ihm wird nichts passieren", versicherte er ihr, sah dabei aber auch nicht sonderlich überzeugt aus. „Warum habe ich das Gefühl, dass jeder über das Bescheid weiß, was hier gleich passiert, nur ich nicht?", fragte Elena genervt. „Weil es so ist", gestand ihr das Glockenblümchen. Ein trockenes Lachen entrang sich der Kehle der Jägerin. „Illium...was ist hier los?", fragte sie noch einmal in einem trügerisch sanften Tonfall. „Jetzt hab doch ein wenig Geduld. Es geht doch auch schon los", bemühte er sich, Elena im Zaum zu halten.

Und tatsächlich, als sie wieder zu ihrem Ehemann hinüberschaute, sah sie ihn nur noch wenige Meter vor den anderen Erzengeln stehen. Dimitri kam mit einer schwarzen Box zu ihm, die unweigerlich aus Marmor zu bestehen schien. Verziert war sie mit hochkarätigem Gold. „Was ist in...", begann Elena zu fragen, da sie das Schlimmste ahnte, doch Dimitris zu Tun erstickte ihre Frage. Er öffnete die Box und brachte einen wunderschönen Dolch zum Vorschein. Sein Griff bestand aus purem Gold, wobei ihn große Stücke des teuersten Edelsteines, dem Oppenheimer Blue, zierten. Die Klinge war keineswegs aus Metall, sondern ein einziger geschliffener Diamant schimmerte der Menge entgegen. Es gab viele ohs und ahs, doch schnell war wieder Ruhe eingekehrt. Man wollte auf keinen Fall irgendetwas verpassen. „Sire", gab Dimitri ganz formell die Klinge seinem Herrn, der diese mit dem Schaft nach vorne seiner Mutter reichte.

Diese nahm den Dolch dankend an und bedeutete ihrem Sohn vor ihr nieder zu knien. Dies tat der Erzengel von New York auch, doch davor zog er sein weißes leinengestärktes Hemd aus. „Was?", fragte Elena, aber dieses Mal geschah das leise, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen. Auch sie hatte mittlerweile begriffen, dass dies ein wichtiger Akt des Bundes war, den sie mit dem Erzengel von New York eingehen wollte.

„Wie ist der Name deiner Frau?", fragte Caliane mit klarer Stimme. „Elenora", antwortete Raphael eben so fest. Dann beugte sich Caliane über den Rücken ihres Sohnes, bis sie am Nacken angekommen war. Erst begriff Elena nicht, was sie dort tat, doch dann sah sie die blutige Wahrheit. Schon wollte sie sich auf die Uralte stürzen, doch Illium hielt sie eisern fest. „Tu es nicht", flüsterte der Freund ihr immer wieder zu, „Raphael beweist damit seine Stärke." „Wem beweist er hier was?", brauste Elena auf, „mir muss er nichts beweisen" „Ich weiß", besänftigte der blaugeflügelte Engel seine Freundin, „aber er hat es sich ausgesucht. Die genauen Gründe kennt keiner"

EngelsflügelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt