Gedanken

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"Zu oft, wenn ich alleine bin, einen einzigen Song auf Dauerschleife höre und die Wand betrachte, wie sie mich kalt anstarrt und mich zu erdrücken droht, dann beginne ich zu denken. Über sehr vieles, aber mein Hauptthema ist gewöhnlich meine Zukunft. Wie sie aussehen wird. Wie ich sie gestalten will. Mit wem ich sie gestalten will.
...oder ob ich sie überhaupt erleben will.
Ich habe so Angst vor dem, was kommen wird.
Wenn ich einmal arbeiten sollte, wie soll dann mein Alltag aussehen? Woraus soll er bestehen?
Daraus, morgens um 07:00 aufzustehen, zu essen, bis 17:00 zu arbeiten, einzukaufen, Essen zu kochen, mich dann um eine eventuelle Familie kümmern und dann schlafen zu gehen, um am nächsten Morgen wieder um 07:00 aufzustehen, zu essen, bis 17:00 zu arbeiten, einzukaufen, Essen zu kochen, mich dann um eine eventuelle Familie und dann schlafen zu gehen und das soll sich dann außer an Wochenenden jeden Tag wiederholen, bis ich in Rente gehe?
Und wenn ich in Rente sein werde, was mache ich dann? Den ganzen Tag vor mich hinvegetieren, bis ich irgendwann nicht mal mehr eigenständig essen und scheißen kann und dann noch auf andere Menschen angewiesen bin, die mir nur zusehen, wie ich allmählich verfalle?

Wieso haben Menschen solche Angst vor dem Tod; dem ewigen Nichts? Kann es denn so viel schlimmer werden als sein Leben in ebengenannter Form zu fristen?
Aber wie verbringt man sein Leben richtig?
Der Antwort dieser Frage liegt die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens zugrunde.

Ich merke soeben, dass es gar nicht auf meine Mitmenschen ankommt, wie ich das Leben sehe, sondern einfach auf die Fragen, die ich mir selbst stelle und auf die ich keine Antwort finden kann und auch sonst niemand, den ich irgendwann einmal gefragt habe.
Ich gehe an meinen eigenen Fragen zugrunde und werde auf der Suche nach deren Antworten jämmerlich krepieren, auf dass die nächste Generation von diesen Gedanken gequält wird.
Diese findet auch keine Antworten, geht daran kaputt, bis die nächste Generation nachrutscht.
So war es schon immer und so wird es vermutlich auch immer bleiben.

Manchmal habe ich auch den Eindruck, dass nur ich über derartige Themen nachdenkt und auch auf dieses Ergebnis kommt. Und so frage ich mich immer wieder aufs Neue:
Stimmt mit mir etwas nicht oder mit dieser Welt?

Wenn ich andere Menschen ansehe, scheinen sie alle glücklich zu sein; auch wenn ich weiß, dass sehr viele von ihnen es nicht sind. Aber sind sie so gut darin, ihre Fassade aufrecht zu erhalten? Oder bin ich nur zu blind, die Wahrheit zu sehen bis es zu spät ist? Oder wurde uns beigebracht, unsere Gedanken und Gefühle für uns zu behalten; in einer Welt, in der wir nur funktionieren müssen.

Man setzt uns künstliches Essen vor, präsentiert uns niveauloses Fernsehen, gibt uns hirnlose Bücher, unterbreitet uns Musik mit sinnlosen Texten und beschäftigt uns so weit, dass wir gar nicht mehr nachdenken über das, was eigentlich vorgeht.
Und die Menschen, die darüber nachdenken, werden als krank oder gestört abgestempelt, weil ihr Denken nicht der Norm entspricht.
So hält man sich die Bevölkerung handzahm. Man beschäftigt sie, lastet sie vollends aus, sodass sie das ganze System, die Ordnung und die Norm nicht hinterfragen.

Keiner scheint sich darüber zu empören, dass erwartet wird, dass wir unser Leben ganz dem Konsum widmen sollen.
Keiner scheint zu sehen, dass wir uns unser eigenes Grab schaufeln.
Keiner scheint darüber aufgebracht zu sein, dass wir gezwungen sind, zu existieren anstatt zu leben."

Weird ThoughtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt